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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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herum und öffnete ihren Schlag. Sein Wolljacket stand bis zur Hüfte offen. Als sie auf das Gebäude zuschritten, fuhr ein Windstoß über sie hinweg. Einen Augenblick lang konnte Dani deutlich das Schulterhalfter seiner Pistole erkennen.
    Noch einmal fragte sich Dani, ob sie das Recht hatte, Tomohide Noda in eine potentiell gefährliche Situation wie diese zu bringen.
    Aber es war zu spät, es sich anders zu überlegen. Shane hielt bereits die Tür zum Foyer für sie auf. Mit einem stummen Stoßgebet trat Dani ein.
    »Laß uns zuerst den Hauptausstellungsraum ansehen«, sagte sie laut und vernehmlich.
    »Wie du willst, Schatz!«
    Dani neigte sich näher zu Shane.
    »Vergiß nicht«, flüsterte sie, »Tom erweist mir mit diesem Treffen einen persönlichen Gefallen. Niemand bezahlt ihn dafür, daß er seinen Hals riskiert.«
    Shane fragte sich im stillen, wie persönlich dieser Gefallen wohl sein mochte; aber er verkniff es sich, diesen Gedanken laut zu äußern.
    »Ein guter Freund?« fragte er statt dessen mit neutraler Stimme.
    »Er ist Kulturattache an der japanischen Botschaft. Ich kenne ihn schon seit mehreren Jahren.«
    Shanes dunkle Augen glitten über die langen Reihen von Schaukästen im Hauptausstellungsraum. In jedem Kasten befand sich eine kostbar bestickte Seidenrobe mit zahlreichen Untergewändern, die fächerförmig dem Auge des Besuchers dargeboten wurden. Die Farben waren in der Tat spektakulär. Die Qualität der Arbeiten überstieg bei weitem bloße Handwerkskunst; hier handelte es sich um wahre Kunstwerke.
    »Hat er diese Kimonoausstellung arrangiert?« fragte Shane.
    »Ja. Es ist die hervorragendste Sammlung zeitgenössischer Seidenstoffe, die die Japaner je aus ihrem Land hinausgelassen haben.«
    »Ich bin beeindruckt.«
    »Vergiß nicht«, bat Dani nochmals mit leiser, drängender Stimme, »Tom hat eine Menge zu verlieren, wenn so ein Tycoon wie Koyama glaubt, er unterstützte Risk Limited.«
    Anstatt zu antworten, atmete er einfach nur den frischen Duft von Danis Haar ein.
    »Die Ausstellung liefert Tom einen plausiblen Vorwand, um von der Botschaft wegzukommen und sich mit uns zu treffen«, fuhr sie fort, »also gib dich wirklich interessiert.«
    »Wie sieht eure Beziehung genau aus?«
    »Ist das eine persönliche oder eine professionelle Frage?«
    »In Japan gibt es da keinen Unterschied«, belehrte Shane sie. »Diplomaten haben ihre eigenen Ansichten. Glaubt Tom, es wäre was für ihn oder seine Regierung drin, wenn er uns hilft?«
    »Tom ist in San Francisco aufgewachsen und damit ebenso Amerikaner wie Japaner.«
    Shane neigte den Kopf und strich mit dem Mund über Danis glänzendes Haar.
    »Überlege, was du ihm sagst«, hauchte er ihr ins Ohr. »Dieselbe Regierung, die das Gehalt deines Freundes bezahlt, macht Kotau vor Koyama. Kann sein, daß der gute alte Tom seine Nüsse bereits im Knacker hat.«
    »In der Seele ist er ein Künstler - kein Diplomat, der sich für Machtspiele interessiert.«
    »Wenn ein Künstler nicht über den Luxus des Schutzes durch die Bürger verfügt, dann muß er sich an den Schachzügen der
    Macht beteiligen«, erläuterte Shane. »Und an dieser Nahtstelle kommen Leute wie du und ich ins Spiel. Wir repräsentieren einen Teil dieses Schutzes.«
    Dani brach in ein beinahe hilfloses Lachen aus.
    »Wie seltsam du bist, Shane Crowe«, flüsterte sie. »Du siehst deine Stärke wirklich nur als Schutzschild.«
    »Sie ist dazu da, Schlupfwinkel zu schaffen.«
    »Einige Männer sehen ihre Stärke als Waffe, nicht als Verteidigungsausrüstung oder Werkzeug.«
    Bevor Shane darauf etwas sagen konnte, hörte er Schritte hinter sich. Rasch fuhr er herum und trat zwischen Dani und jeden, der ihr möglicherweise Schaden zufügen wollte.

»Es ist Tom«, sagte Dani leise.
    Shane rückte beiseite.
    Der japanische Attache sprang mit der Agilität eines Turners die Steinstufen herauf. Tomohide Noda war einssiebzig groß und ungewöhnlich wohlproportioniert.
    »Danielle, es ist schon so lange her«, sagte er und streckte die Arme aus.
    Er ergriff Dani bei den Schultern und zog sie für einen Augenblick an sich. Sie antwortete ihm mit einer kurzen Umarmung.
    Shane stieß einen stummen Erleichterungsseufzer aus. Die Körpersprache der beiden verriet ihm, daß sie einander mochten und respektierten, aber nicht intim waren.
    »Bist du endlich gekommen, um dir die Ausstellung anzusehen?« fragte Noda.
    »Ich schaue jede Woche einmal vorbei, seit sie eröffnet wurde, aber Shane kennt

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