Seidenfpade
Finger bekäme, was nun natürlich viel schwieriger war. Bis dahin mußte er sich mit dem bescheiden, was er hatte.
Katja.
»Du sprichst von Kontrolle«, sagte er kalt. »Der Wodka nimmt dir aber alles aus der Hand.«
»Keineswegs!«
»Doch. Ich habe es in der russischen Armee erlebt, die Launen und plötzlichen Stimmungsumschwünge, die Rasereien. Wodka schadet dir.«
»Guttun oder schaden. Das sind Worte, Ilja, Laute ohne Bedeutung. Die Welt ist so oder so schlecht. Willst du das etwa bestreiten?«
»Wodka kann sie auch nicht bessern.«
»Nein. Er macht sie einfach nur erträglicher.«
Er bewegte sich so schnell, daß Katja die Hand, die ihr die Flasche entriß, überhaupt nicht sah. Sein Arm schlang sich um ihre Rippen und riß sie so brutal an sich, daß ihre Schulterblätter gegen seine Brust krachten und sie gepeinigt nach Luft rang.
»Es ist amüsant, Katja Pilenkowa über Gut und Böse reden zu hören«, meinte er.
Sie wurde stocksteif. Dann wehrte sie sich ein paar Sekunden lang gegen seine grobe Umarmung, doch vergebens.
Es war immer vergebens.
»Ich mache mir keine Illusionen«, sagte Katja tonlos. »Nur Männer wie du können sich Illusionen leisten.«
»Männer wie ich? Was für Typen sind das?«
»Grausam. Blitzschnell. Stark. Böse.«
Kasatonin lachte. »Der ideale Partner für eine schöne Schlange, nicht wahr?«
»Gib mir den Wodka!«
»Nein.«
Katja wehrte sich heftiger.
Kasatonin lachte und wurde spielend mit ihr fertig. Das war vertrautes sexuelles Territorium für ihn: Zuerst das Heranpirschen an die Beute, dann packt man das sich wehrende Bündel, was das Gefühl der eigenen Männlichkeit unweigerlich erhöht.
Ohne Vorwarnung senkte Katja ihre Zähne in den harten Muskel von Kasatonins Unterarm.
Darauf war er nicht gefaßt. Katja hatte ihn nicht mehr zum
Bluten gebracht seit ihrer ersten gemeinsamen Nacht. Er befand sich in dem Irrtum, es ihr gründlich abgewöhnt zu haben.
Offenbar brauchte sie eine zweite Lektion.
Kasatonin stieß die Wodkaflasche in den Eimer zurück und schlang den rechten Arm um Katjas Hals. Mühelos riß er ihren Kopf zurück und drückte ihr die Kehle ab.
Erst dann hob er den linken Arm hoch und sah sich die Wunde an. Leuchtend rot quoll das Blut aus dem Biß.
»Du dreckiges Luder«, knurrte Kasatonin. »Sieh, was du angerichtet hast!«
Ihre Antwort bestand aus einem erstickten Würgen. Sie versuchte mit aller Kraft, ihren Hals aus seinem Griff zu befreien.
Kasatonin hob Katja mit dem einen Arm am Hals hoch, so daß ihre Zehen ein paar Zentimeter über dem Teppich baumelten. Sie schlug wild mit Armen und Beinen um sich. Nach etwa einer Minute erlahmte ihre Gegenwehr und hörte schließlich ganz auf. Sie stieß einen eigenartigen Laut aus. Ihre Augen verdrehten sich, und sie erschlaffte.
Kasatonin wartete noch ein paar Sekunden, dann lockerte er seinen Griff und hielt sie fest, so daß sie nicht zu Boden fiel. Keuchend schnappte sie nach Luft.
»Du hast mich zum Bluten gebracht«, zischte er ihr ins Ohr. »Soll ich dich auch zum Bluten bringen?«
Katja war zu sehr damit beschäftigt, nach Atem zu ringen, um antworten zu können. Keuchend und würgend saugte sie Luft in ihre gierigen Lungen.
Ganz leicht verstärkte Kasatonin seinen Griff wieder.
»Soll ich dich auch zum Bluten bringen?« wiederholte er mit öliger Stimme.
Katja schwamm am Rande der Bewußtlosigkeit. Es war ein seltsam schönes Gefühl, und sie klammerte sich daran, wie sie sich an den Schwindel klammerte, den ihr die richtige Anzahl von Drinks schenkte: tot, ohne richtig tot zu sein, ein Gefühl, gerade noch so lebendig, die Gegenwart wahrzunehmen.
»Hast du eine Ahnung, wie langsam eine menschliche Bißwunde heilt?« giftete er jetzt.
Da Katja nicht sprechen konnte, schüttelte sie lediglich den Kopf.
»Lange, schöne Schlange! Und es bleiben immer Narben zurück. Erinnerst du dich noch an diejenigen, die ich dir zugefügt habe?«
Katja erbebte.
»Wo soll ich dich beißen?« fragte Kasatonin.
Mit seiner groben Pranke fuhr er in den Ausschnitt ihres Negliges. Er umkrallte ihre Brust mehr schmerzhaft als zärtlich.
»Hier?« fragte er. »Möchtest du, daß ich dich hier beiße?«
Sie erstarrte unter Kasatonins schwieliger Hand. Der kehlige Laut, der ihr entfuhr, hatte nichts mehr mit ihrem verzweifelten Luftschnappen von vorhin zu tun.
Er hätte unmöglich sagen können, ob dies ein Schmerzenslaut war oder ein lustvolles Keuchen oder beides zusammen. Deshalb erregte
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