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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Sessel nieder, so daß sie ungestört mit ihm sprechen konnte.
    »Hast du schon von einer Gruppe amerikanischer Privatagenten gehört«, murmelte sie in seinen verschwitzten Haarschopf, »die sich Risk Limited nennt?«

7
    Tibet
    Oktober
    Zuerst war es die Stille, die an Danielle Warrens Nerven zerrte. Achtzehn Stunden allein, achtzehn Stunden, in denen sie in der reglosen Luft der Steinzelle unter dem Potala Palast auf ein Geräusch gewartet hatte.
    Jetzt machte sie das laute, durchdringende Krachen des Motors, fünf Zentimeter von Danis Ohr entfernt, verrückt. Das hätte es jedenfalls können, wenn sie es zugelassen hätte.
    Wenigstens bin ich nicht allein, dachte Dani.
    Andererseits war sie sich nicht sicher, ob die neue Gesellschaft eine echte Verbesserung darstellte. Ganz gewiß gäbe es ohne Shane Crowe, der halb unter ihr lag, mehr Platz in der Kiste.
    Schon seit dem Morgengrauen klemmten sie in der Schmugglerkiste, die unter dem Vordersitz des Jiefang Geländelasters versteckt war. Ihre Unterbringung besaß etwa die Größe eines Sargs.
    Das Versteck war nicht zum Schmuggeln von Menschen gedacht. Es offerierte keinerlei Bequemlichkeit, wenn man mal von dem matratzenähnlichen Effekt absah, den Shanes Körper ihr bot.
    Schöne Matratze, dachte Dani. Kaum eine Spur weicher als Stahl. In ihrer Position spürte sie nämlich jeden Zentimeter von Shane Crowes Luxuskörper.
    Na ja, nicht jeden Zentimeter, dachte Dani trocken.
    Der Humor, mit dem sie die ganze Situation betrachtete, erstaunte sie einerseits, andererseits entsetzte er sie. Seit Stunden befanden sie sich nun schon in dieser erzwungenen Intimität.
    Nicht, daß das Arrangement etwas Persönliches an sich gehabt hätte. Es war halt die einzige Weise, in der sie beide in diesem »Geheimfach« hatten Platz finden können.
    Noch gestern wäre Dani nicht im Traum eingefallen, stundenlang mit einem großen Fremden in einer Sardinenbüchse eingequetscht zu sein, nicht Luft holen zu können, ohne ihn an ihren
    Brüsten zu spüren und praktisch jeden seiner Atemzüge zu inhalieren. Der Gedanke an eine solch erzwungene Zweisamkeit hätte ihr kalte Schauder über den Rücken gejagt.
    Aber gestern hätte sie sich eine ganze Menge Dinge noch nicht vorstellen können, zum Beispiel, wie vor den eigenen Augen ein Mann erschossen wird.
    Nun, aus Erfahrung wird man klug, sagte sie sich. Wenigstens bin ich noch am Leben, um Erfahrungen zu sammeln. Der arme Feng hat diese Chance nicht mehr.
    Und ohne Shane wäre ich jetzt ebenfalls tot.
    Der Gedanke, daß sie dem großen Fremden ihr Leben verdankte, gefiel Dani keineswegs. Noch unbehaglicher machte sie jedoch, daß sie tief in ihrem Innern das Gefühl von Shanes Nähe, von seinem herben männlichen Duft genoß.
    Vielleicht liegt es ja bloß daran, daß Shane besser riecht als der Auspuff, argumentierte sie. Und viel besser als das scheußliche Kraut, das der Fahrer raucht.
    Dann fragte sie sich, was Shane wohl dachte und ob er ihren Geruch bemerkte.
    Der Gedanke beunruhigte Dani, aber sie verfolgte ihn dennoch. Alles, bloß nicht an die Abgase denken und an ihre Übelkeit und die Angst, die hinter ihrem Galgenhumor lauerte ...
    Das ist ein Abenteuer, hielt sie sich zum hundertsten Mal vor. Deshalb bin ich ja in die Ferne und nicht in einem verstaubten Museum hocken geblieben. Ich wünschte mir Abenteuer statt eines Schreibtisches an einer Uni.
    Aber so ein Schlamassel nun auch wieder nicht!
    Der Laster rumpelte in ein ungewöhnlich großes Schlagloch. Dani bumste hart an die Metalldecke und dann zurück auf Shane.
    Zuerst war der Lärm sogar noch schlimmer für Dani gewesen, . als mit einem Fremdling in einem Metallsarg untergebracht zu sein. Aber nach fünf Stunden registrierten ihre Ohren den Krach nicht mehr.
    Ihre Empfindungen gegenüber Shane änderten sich indessen eher auf subtile Weise. Seine Stärke machte sie nicht mehr nervös. Die Tatsache, daß er ihr das Leben gerettet hatte und ebenso ent-
    schlossen wie sie zu sein schien, ihre körperliche Intimität zu ignorieren, beruhigte Dani auf einer elementaren Ebene, die sie nicht beschreiben konnte.
    Was immer Shane Crowe auch sein mochte, er war kein sexueller Brutalo wie ihr Ex-Gatte.
    Die Straße zog sich endlos hinauf ins Himalajagebirge. Das Motorengeräusch tat zwar nicht mehr weh, aber es nervte fürchterlich. Das Getriebe krachte, große Auspuffwolken stiegen auf und vermischten sich mit dem Tabakrauch in der Fahrerkabine über Danis und Shanes

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