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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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konzentrierte sich die Meute auf einen Senator, der kräftig über die Übel der hohen Steuern schimpfte und gleichzeitig verlangte, mehr für die Armen dieses Landes zu tun.
    Falls den Reportern ein Widerspruch in den Aussagen des Redners auffiel, so muckste sich jedenfalls keiner.
    »Gehen Sie mit Shane«, sagte Gillespie. »Wir kommen gleich nach.«
    Auf Gillespies Wink nahm Shane Danis Arm. Dann pflügte er sich wie ein Eisbrecher durch die Menschenmenge, Dani immer im Schlepptau. Die diskrete Kraft, mit der er ihren Arm festhielt, weckte beinahe sehnsüchtige Erinnerungen an Tibet. Sie mußte an Shanes beherrschte Stärke und an die Art denken, in der er sich zwischen ihr und jeder möglichen Gefahr aufgebaut hatte. Doch obwohl sie das Gefühl, beschützt zu sein, genoß, irritierte es sie auch. Wir sind in Washington D.C., nicht im wilden tibetischen Bergland, dachte Dani ärgerlich. Ist wohl kaum wahrscheinlich, daß man in den Korridoren des Senatsgebäudes über mich herfällt ... Als Shane die Drehtür zur Straße erreichte, ließ er Dani los und trat hinaus. Sie folgte ihm. Schon einen Augenblick später stand sie in der kalten Nachmittagsluft und atmete den Geruch verbrannter Herbstblätter ein. Shane stand wartend auf dem Gehsteig. Die rechte Hand hatte er nach ihr ausgestreckt, doch sein Blick glitt aufmerksam die Straße hinunter. Irgendwo zwischen Anhörungsraum und Drehtür hatte er sein dunkles Jackett aufgeknöpft. Dani erhaschte einen Blick auf eine mattschwarze Pistole, die an einem Holster an Shanes Gürtel hing. Einen schwindelerregenden Moment lang glaubte sich Dani nach Tibet zurückversetzt. Die kühle Luft wurde mit einem Mal bitterkalt, und der Rauch stammte nicht von Blättern, sondern von Tausenden kleiner Kochfeuer.
    »Dani?«
    Sie blinzelte und sah, daß Shane dicht vor sie getreten war.
    »Was ist?« fragte er drängend. »Haben Sie jemanden, den Sie aus Tibet kennen, gesehen?«
    »Nicht jemanden. Etwas.«
    »Was denn?«
    »Ihre Pistole. Einen Augenblick lang glaubte ich, wieder in Lhasa zu sein.«
    Ihr Ritter entspannte sich fast unmerklich.
    »Sie haben die Botschafterin gehört«, sagte er. »Lhasa ist ein Vorort von Washington. Die Welt wird mit jedem Tag kleiner.«
    »Falls Sie mir damit Angst einjagen wollen, dann mühen Sie sich vergeblich«, winkte Dani ab. »Ich lebe in Adams Morgan, zusammen mit der Hälfte der Washingtoner Taxifahrer und sämtlichen ausländischen Terroristen im District Columbia.«
    Shane riß die Augen auf und lachte schallend. Dann zog er ein überraschtes Gesicht, als ob ihn seine eigene Reaktion komisch anmutete ... und darüber hinaus unpassend.
    Mit einem täuschend gleichgültigen Ausdruck blickte er sich in alle Richtungen um und berührte Dani dann an der Schulter.
    Sie fiel auf seine nachlässige Art nicht herein. Diesen klaren, aufmerksamen Augen entging kein einziges Detail.
    »Hier entlang«, sagte Shane.
    Er führte Dani zu einer schwarzen Limousine, die nicht weit am Straßenrand parkte. Shane mochte zwar höflich und zuvorkommend sein, doch Dani bemerkte deutlich, daß sich seine linke Hand nie sehr weit von dem Pistolenhalfter an seinem Gürtel entfernte. Während er die Tür öffnete und ihr in die weichen, roten Polster half, ließ seine Wachsamkeit Straßenverkehr und Gehsteig keine Sekunde aus den Augen.
    Ein Gefühl des Unbehagens legte sich wie ein unsichtbarer Schleier über Dani. Shane war hier in Washington ebenso auf der Hut und gefährlich wie in der Nacht, in der er sie auf ein Dach in Lhasa gezogen und dann in eine dunkle Gasse hinuntergelassen hatte.
    Sein Knie stieß an ihres, als er auf einen der gegenüberliegenden Notsitze glitt. Die kurze Berührung erinnerte sie daran, daß ihr Rock zwar modisch, aber auch ziemlich kurz war. Wenn sie saß, reichte er ihr gerade mal bis zur Mitte der Oberschenkel.
    Shane bemerkte es ebenfalls.
    Ihre Blicke trafen sich sekundenlang. Er schenkte ihr ein kleines, offenes Lächeln, worüber sie sich wunderte. Sie fand es ebenso verstörend wie die Tatsache, daß Shane bewaffnet war.
    »Kein Wunder, daß Sie sich aus dem Kloster verdrückt haben«, murmelte Dani.
    Shanes Blick glitt noch einmal über Danis elegante, schlanke Beine, bevor er zu ihr aufsah.
    »Das war nicht der Grund«, stritt Shane ab, »aber keine Angst, Sie sind noch ein Weilchen vor mir sicher.«
    Dani öffnete den Mund, doch nichts wollte herauskommen.
    »Ich habe Sie gewarnt«, sagte Shane. »Wissen Sie noch? Sie schulden

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