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Seidenfpade

Titel: Seidenfpade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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wirkte am Ende jedoch nur formell.
    »Folgen«, ordnete Dhamsa an. »Wir essen.«
    Der Lama führte sie in ein komfortables, westlich eingerichtetes Speisezimmer. Seine schlauen schwarzen Augen überwachten die Sitzordnung der Gäste und mehrerer Mitglieder seines Gefolges an einem langen Tisch.
    Dani sah, daß es traditionelles tibetisches Essen gab - Kichererbsen, frisch gebackenes Fladenbrot und einen dicken fetten Eintopf. Sie zog die aromatischen Düfte tief ein und runzelte leicht die Stirn.
    Etwas fehlte.
    »Rind statt Yak«, flüsterte Shane.
    »Ach ja, stimmt!«
    »Aber der Tee wird mit Yakbutter zubereitet.«
    »Wenigstens etwas.«
    Shane blickte sie überrascht an.
    »In Tibet habe ich Geschmack daran gefunden«, gestand Dani.
    »Ich auch. Gillie hält mich für verrückt. Die Botschafterin ebenso.«
    »Nun, dann bleibt um so mehr für uns allein«, sagte Dani und leckte sich erwartungsvoll die Lippen.
    Shane lachte leise.
    Während das Mahl seinen Fortgang nahm, taute Dhamsa allmählich auf. Ganz besonders gefiel ihm Danis Freude an den einfachen Speisen und ihre unübersehbare Vertrautheit mit den kleinen Ritualen, die mit Handhabung und Zusichnehmen eines jeden Gerichts verbunden waren.
    Schließlich wandte der Lama seine Aufmerksamkeit Cassandra zu, die zu seiner Rechten saß.
    »Meine Seide?« fragte er. »Wo ist sie?«
    Ihr jahrelanges diplomatisches Training machte es Cassandra möglich, ihre Überraschung über seine ungewöhnliche, fast unhöfliche Direktheit zu verbergen.
    »Wir sind noch dabei, mehrere Spuren zu verfolgen«, leitete sie ein.
    Dhamsa suchte zögernd nach Worten.
    Cassandra hätte ihm vorschlagen können, Shane als Dolmetscher zu benutzen, doch sie entschied sich dagegen. Es war ihre dezente Art, dem Lama zu zeigen, daß sie es nicht mochte, wie ein ungehorsamer Jünger an die Seite selbst eines göttlichen Befehlshabers zitiert zu werden.
    »Dr. Danielle Warren ist uns ebenfalls behilflich«, ergänzte sie und wies mit einem Nicken auf Dani.
    »Eine Frau?« fragte der Lama.
    »Diese Dame«, sagte Cassandra ein wenig irritiert, »kommt von der archäologischen Fakultät der amerikanischen Universität. Dr. Warren ist eine Expertin auf dem Gebiet antiker Textilien.«
    Durchdringende schwarze Augen musterten Dani eine Weile.
    »Eine Gelehrte«, sagte der Lama. »Geehrt ich bin!«
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Eure Heiligkeit«, beteuerte Dani und verneigte sich leicht. »Obwohl ich schon viel von Ihrem Orden gehört habe, hätte ich nie erwartet, ihn im Farmland von Virginia zu finden.«
    »Uns Sie kennen?« fragte der Lama.
    Dani fühlte den sanften Druck von Shanes Fuß an dem ihren. Sie nahm es als Warnung, so wenig wie möglich auszuplaudern.
    »Ich habe viele Sommer an der Seidenstraße verbracht«, sagte sie. »Die Azurmönche werden von den Stämmen hoch verehrt.«
    »Seidenstraße«, wiederholte Dhamsa. »Die Straße des Wissens. Dort unser Orden war geboren. Der Geist, er ... ich ...»
    Der Lama stieß einen frustrierten Laut aus.
    Ruhig sagte Shane: »Prasam Dhamsa wandelte einst über die Seidenstraße, um dem Weg des Buddhismus von Indien bis nach China zu folgen. Der zeitlose Geist des Gautama Buddha offenbarte sich ihm in der endlosen Stille des Landes.«
    »Ja, mein Sohn«, nickte der Tibeter stürmisch. »Viele Ja! Wieder eines Tages, ich wandeln die Straße des Wissens, wenn ...«
    Dann seufzte er und lächelte traurig. »Komplex die Welt ist. Jetzt hier mein Platz.«
    Der Mönch zu Prasams Linken blickte zum ersten Mal von seinem unberührten Teller auf.
    »Willkommen im westlichen Heim der Azurmönche«, sagte er in ausgezeichnetem Englisch zu Dani.
    Er war jung genug, um Dhamsas Enkel sein zu können. Dani hatte bereits bemerkt, daß sein Gewand nicht aus Baumwolle war wie das des alten Lamas, sondern aus feiner, himmelblauer Seide.
    »Offenbar ist Ihr Sachverstand jetzt doppelt nötig«, fügte er hinzu.
    »Wie meinen Sie das?« fragte Dani vorsichtig.
    »Der einzige Europäer, der unser Land verstand, wurde mit Schmach aus Tibet ausgewiesen. Stimmt das nicht, Mr. Crowe?«
    Shane kaute sehr sorgfältig, dann trank er mehrere Schlucke Yaktee, bevor er Anstalten machte, dem Mönch zu antworten.
    In Amerika gehörte es zum guten Ton, bei einem Gespräch das Kauen zu unterbrechen. Bei den Stammesvölkern von Tibet demonstrierte man damit seine Gleichgültigkeit. Shane wußte das. Dani ebenso.
    Und der junge Mönch auch. Shane hatte ihm, ohne ein Wort zu

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