Seidenmagd
kein Wort!«, schrie Henrike. »Das war doch dein Traum – zu dem feinen Monsieur von der Leyen, der so gut riecht und so freundlich ist. Hast du dich von ihm begrabschen lassen?«
»Rike!« Catharina war entsetzt. »Wie kannst du so etwas sagen?«
»Mach mir doch nichts vor. Du bist doch verliebt in ihn.« Henrike hatte sich umgedreht, wischte sich die Tränen von den Wangen und starrte ihre Schwester böse an.
»N ... nein. Ich bewundere ihn vielleicht ... aber ich kann nichts dafür.« Catharina setzte sich auf die Bettkante, senkte den Kopf. »Es ist wirklich nicht meine Schuld, und ich wollte das auch nicht. Ich will es immer noch nicht. Ich werde gleich versuchen, noch einmal mit Mutter zu sprechen.« Sie schluckte.
»Ich glaube nicht, dass Mutter ihre Meinung ändert. Du hast doch gehört, was sie gesagt hat.«
»Ich möchte die Stelle gar nicht. Aber du möchtest Beiköchin bei den Flohs werden. Das ist eine großartige Chance für dich. Auch die Flohs haben viele Kontakte, schließlich ist er Bürgermeister. Du kannst doch auch Aufträge für Mutter vermitteln.«
Henrike ließ sich in das Kissen zurückfallen und schloss die Augen. »Das interessiert Mutter aber nicht. Sie möchte engeren Kontakt zu den von der Leyen«, sagte sie leise.
»Auf meine Kosten.« Catharina vergrub das Gesicht in den Händen. »Ich kann das nicht. Und das werde ich ihr auch sagen.«
»Was kannst du nicht?«
»Zu den von der Leyen ziehen und dort wohnen. Und reisen. Ich will nicht reisen. Potsdam, Berlin, London – das macht mir Angst.«
»Ich könnte grün vor Neid werden«, flüsterte Henrike und schlug die Hand vor den Mund. »Du darfst reisen, wahrscheinlich an tollen Festen teilnehmen, Dinge essen, die wir noch nicht mal mit Namen kennen.«
»Wir können gerne tauschen.« Catharina schnaubte. »Ich würde liebend gerne hierbleiben und weiterhin Mutter den Haushalt führen.«
»O Käthe!« Wieder füllten sich Henrikes Augen mit Tränen. »Wieso nur? Wieso ist sie so ungerecht? Das ist gemein.«
»Ich weiß nicht, ob ihr klar ist, wie gerne du Beiköchin werden willst.« Catharina stand auf, strich ihr Kleid glatt und kontrollierte den Sitz ihrer Haube. »Ich werde mit ihr sprechen.«
Sie nahm allen Mut zusammen und ging die Stiege hinab. Ihre Mutter saß in der Stube am Kamin. Ausnahmsweise hatte sie kein Flickzeug oder Nähwerk zur Hand.
»Maman?«
»Mein Kind.« Esther lächelte, sie sah aus, wie eine Katze, die Sahne genascht hatte. »Komm, setzt dich zu mir und nimm dir auch ein Glas Wein.«
Unschlüssig verharrte Catharina einen Moment, dann gabsie sich einen Ruck, nahm ein Glas aus dem Regal und schenkte sich ein. Es war nur noch ein kleiner Rest Rotwein in dem Krug. Sie setzte sich ihrer Mutter gegenüber in den Sessel, in dem vorhin Frieder von der Leyen gesessen hatte.
»Ich möchte mit dir reden«, begann sie leise.
»Das kann ich mir denken. Ich habe mir eine Woche ausgebeten, bevor du deinen Dienst antrittst. Das gibt uns Zeit, deine Garderobe in Ordnung zu bringen, dir eine Reisetruhe anfertigen zu lassen und einiges mehr.«
»Maman ...« Catharina kaute auf ihrer Lippe. »Ich möchte nicht ...«
»Mach dir keine Sorgen. Monsieur hat mir einen Vorschuss auf dein Gehalt gegeben, davon können wir alles bezahlen, und wenn wir gut haushalten, bleibt sogar noch etwas übrig. Er zahlt mir dein Gehalt, und ich werde dir in Zukunft ein kleines Handgeld geben, falls du Auslagen hast.«
»Bitte?« Catharina sah ihre Mutter entgeistert an. »Das hört sich so an, als hättest du mich feilgeboten.« Zuvor war sie schockiert und wie gelähmt gewesen, doch nun machte sich Wut in ihr breit. Wie glühende Kohlen schien es in ihrem Magen zu lodern.
»Du bist unmündig, was hast du erwartet?« Ihre Mutter nippte am Wein. »Aber die Bedingungen für dich sind hervorragend, du hast keinen Grund dich zu beschweren.«
»Ich möchte nicht Kammermädchen bei Monsieur werden!«
»Pardon?«
»Ich möchte das alles nicht. Ich will hierbleiben, hier leben und dir den Haushalt führen. Ich möchte Bücher über Heilkräuter und Heilkunst lesen, wollte die Hebamme fragen, ob sie mir einiges beibringen kann. Das sind Dinge, die ich machenmöchte. Ich möchte nicht reisen und ... und ... dienen.« Sie senkte den Kopf.
»Pardon? Du bist eine Frau und kannst geschickt mit Nadel und Faden umgehen. Das ist eine großartige Gelegenheit für dich, um deinem Schicksal zu entgehen.«
»Meinem Schicksal, Maman?«
»Nun,
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