Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
Augenbrauen hoch.
»Ja, vermeintlich. Es waren wohl nur Äste, die verbrannt wurden.«
»Ah, okay. Und der Tote?«
»Der ist tot – Ursache ungeklärt. Das Fax von der Leichenschau müsste schon da sein.«
»Wo ist Sabine? Immer noch in Duisburg?«
»Nein, da war sie nie. Sie war gestern Nacht noch hier. Und jetzt ist sie verschwunden.« Volker kratzte sich am Kopf.
»Wie bitte? Wo ist sie denn hin?«
»Das wissen wir nicht. Sie ist nicht nach Hause gekommen, bei ihren Eltern ist sie auch nicht«, setzte Volker ihn ins Bild. »Der rote Golf ist auch nicht da. Den hatte Uta zuletzt, und sie können wir nicht erreichen.«
»Uta war auch hier?«, fragte Ermter jetzt vollends verwirrt.
»Nein, aber sie hatte zuletzt den Golf, und vielleicht hat sie ihn mit nach Hause genommen. Falls nicht, hat Sabine den Golf.«
»Wo ist Oliver?«
»Sabine hat gestern Nacht noch mit einer Zeugin gesprochen. Sie war bei ihr, obwohl ich nicht verstehe, warum sie alleine und mitten in der Nacht dorthin gefahren ist.«
»Zeugin von einem Mordfall, der vielleicht gar keiner ist?« Guido Ermter seufzte und steckte sich zwei rote Gummibärchen in den Mund. »Wo könnte Sabine sonst noch sein?«
»Keine Ahnung. Oliver hat schon alles abtelefoniert.«
»Gibt es schon eine Akte?«, fragte Ermter.
»Nein.«
Ermter schüttelte den Kopf. »Ich mache mir Sorgen. Sabine ist zuverlässig, sie verschwindet nicht einfach so.«
Volker Müller stand auf. »Ja. Ich koche Kaffee.«
»Wenigstens das hat Beständigkeit hier«, murmelte Guido Ermter, »auch wenn er grässlich schmeckt.«
Der Polizeichef ging in sein Büro. Er nahm das Schreiben aus dem Faxgerät und überflog es. Dann nahm er das Telefon und wählte.
»Ermter hier. Uta, wir haben versucht, dich zu erreichen.«
»Es ist Samstag, und ich habe frei!« Wie immer schwang ein ungehaltener Unterton in ihrer Stimme mit.
»Hast du gestern den roten Golf genommen?«
»Was?«
»Uta, bitte beantworte einfach nur meine Frage.«
»Ja, habe ich. Ich hab’s doch auch eingetragen.«
»Hast du ihn auch wieder zurückgebracht?« Ermter nahm eine Handvoll Gummibären aus seiner Jackentasche und sortierte sie auf dem Schreibtisch.
»Natürlich.« Uta holte hörbar Luft. »Er steht auf der Oststraße. Da war noch ein Parkplatz, und ich hatte keine Lust, ums Gebäude herum zu fahren. Der Schlüssel hängt am Bord.«
Ermter stand auf und schaute aus dem Fenster. »Wo genau auf der Oststraße?«
»Gleich am Anfang.«
»Dort steht kein roter Golf.«
»Na, dann hat jemand anderes ihn genommen.« Uta schnaubte.
»Bist du heute zu Hause?«
»Das weiß ich noch nicht, ich habe schließlich frei.«
»Ja, aber es könnte sein, dass wir dich brauchen.« Ermter rieb sich über die Augen.
»Ich nehme mein Handy mit, falls ich weggehe. Aber ruft mich nur im Notfall an.«
Guido Ermter biss die Backenzähne zusammen. »Natürlich.«
Uta war eine gute Kommissarin, aber im zwischenmenschlichen Bereich hatte sie einige Defizite.
Anders als Sabine, sagte er sich.
VIER
Hauptkommissar Jürgen Fischer strich sich mit der flachen Hand über die raspelkurzen Haare. Sie hatten die Farbe von Eisenspänen und schienen zu knistern.
Auf seiner Mailbox war eine Nachricht von Oliver. Er wollte gerade dessen Nummer wählen, als plötzlich Bass und Schlagzeug durch das Haus wummerten.
»I’m gonna fight them off«, jaulte eine Stimme. »A seven nation army couldn’t hold me back.«
Die Kaffeetassen, die Fischer gerade hingestellt hatte, hüpften über die Tischplatte.
»Oh nein!«, schrie Martina.
Staatsanwältin Martina Becker war seit einigen Jahren mit Fischer liiert, im letzten Jahr waren sie zusammengezogen. Das kleine Haus in der Nähe des Elfrather Sees hatten sie gemeinsam eingerichtet, und sie fühlten sich sehr wohl dort. Doch vor zwei Wochen war Florian, Jürgens Sohn, bei ihnen eingezogen. Jürgens Exfrau war nur wenige Monate zuvor von dem Verrückten, der auch den Hauptkommissar verletzt hatte, ermordet worden, und Florian hatte das mit ansehen müssen. Der Neunzehnjährige hatte einige Zeit in der Psychiatrie verbracht, um das Geschehene aufzuarbeiten. Er hatte die Schule abgebrochen und war von Münster nach Krefeld zu seinem Vater gezogen.
»Er muss sich auch an Regeln halten«, sagte Martina.
Jürgen nickte und stieg die Treppe nach oben. Sie hatten Florian den großen Raum unter dem Dach überlassen, hatten es ihm dort nett eingerichtet.
Fischer klopfte an die Tür, doch die Musik
Weitere Kostenlose Bücher