Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
gekonnt Spuren vernichtet. Wer würde so etwas tun?«
»Die Mafia«, sagte Mehmet.
Alle lachten.
»Ganz sicher. Die Mafia in Krefeld? Ich bitte dich. Nein, das muss andere Gründe haben«, entschied Ermter. »Uta, frag doch noch mal die Kollegen bei der Sitte. Vielleicht war er doch in der homosexuellen Szene tätig. Vielleicht hat er Callboys Unterschlupf geboten oder war bei einem Schleuserring, und zu unserem Pech war der letzte Kandidat sehr reinlich und pingelig.«
»Du meinst, irgend so ein Idiot hatte einen Putzfimmel?« Volker schnaubte.
»Man hat schon Pferde kotzen sehen. Möglich ist alles, und bisher haben wir eigentlich nichts.« Ermter schaute in die Akten. »Wir brauchen seine Bankdaten, seine Handydaten, seine finanziellen Unterlagen, seine Freunde, seine Feinde, alles. Nichts davon werden wir vor Montagmorgen erfahren. Ich habe den richterlichen Beschluss zur Einsicht in seine persönlichen Daten angefordert.«
»Was können wir noch tun?«, fragte Uta und gähnte lauthals.
»Nicht viel.« Ermter strich die Gummibärchenbande zusammen und tat sie zurück in die Tüte. »Wir treffen uns morgen um neun wieder hier, falls nicht irgendetwas passiert. Bitte bleibt in Rufbereitschaft.«
Stühle wurden zurückgeschoben, die Kollegen redeten leise miteinander, Unruhe breitete sich aus.
Ermter und Fischer sahen sich an. Beide blieben sitzen, die Hände an die Stuhllehnen gekrallt.
»Sabine??«, brüllte Oliver Backhausen. Er war durch die Unruhe geweckt worden. »Sabine? Wo bist du? Bist du hier?«
Desorientiert rannte er in den Flur.
»Und jetzt?«, fragte Ermter leise und lockerte seinen Schlips. »Was machen wir mit ihm?«
»Ich nehme ihn mit zu mir.« Fischer stand auf.
»Bist du dir sicher, Jürgen?«
»Nein, aber haben wir eine Wahl?« Fischer stopfte sich das Hemd in die Hose und ging in den Flur. »Mich kennt er.« Er hielt Oliver an der Schulter fest. »Komm, wir gehen nach Hause.«
»Habt ihr Sabine gefunden?«
»Nein. Aber wir suchen nach ihr. Du kommst jetzt mit mir. Wir suchen nach ihr, und wir werden sie finden, ganz sicher.« Er verstärkte den Druck auf die Schulter seines Kollegen. »Komm, bitte, Oliver.«
»Sie ist tot, oder?«
»Nein. Komm jetzt, wir gehen.«
Hauptkommissar Jürgen Fischer atmete tief durch. Zu Hause erwarteten ihn ein labiler Jugendlicher und eine unglückliche Frau. Oliver mitzunehmen war wahrscheinlich keine wirklich gesunde Entscheidung, doch wohin hätte er ihn schicken sollen?
ACHT
Jürgen hatte keine Gelegenheit gefunden, Martina vorab zu informieren. Er war sich aber sicher, dass sie mit seiner Entscheidung einverstanden sein würde.
Im Haus war es seltsam leise, keine Musik wummerte, kein Bass dröhnte, noch nicht einmal Fernsehgeräusche waren zu hören. Es duftete jedoch köstlich nach Brathähnchen, und Martinas Wagen stand vor der Garage.
»Hallo? Jemand zu Hause?«, rief er. Es gab keine Antwort.
»Mein Besuch ist bestimmt ungelegen«, sagte Oliver bekümmert.
»Blödsinn, mach dir keine Gedanken.« Fischer warf einen Blick in die Küche – dort brutzelte tatsächlich ein Hähnchen im Ofen. Er ging weiter, doch das Wohnzimmer lag verlassen da. Die Terrassentür war geöffnet.
»Martina?«
Seine Lebensgefährtin saß auf der Terrasse, hatte die Augen geschlossen und den Kopf in den Nacken gelegt, in der Hand hielt sie ein Glas Rotwein.
Nun öffnete sie die Augen und schaute ihn an. »Hallo, Jürgen.« Sie lächelte schwach. »Feierabend?«
»Ja, wir kommen im Moment nicht weiter.«
»Was ein Driet. Es ist so furchtbar. Ich versuche die ganze Zeit, den Brandgeruch aus der Nase zu bekommen. Die Vorstellung, dass es Sabine …«
In diesem Moment trat Oliver neben Jürgen.
»Was ist mit Sabine?«
»Oh!« Martina stand auf, stellte das Rotweinglas auf den Tisch und ging auf Oliver zu. »Es tut mir so leid.« Sie nahm ihn in den Arm.
»Was tut dir leid?«, fragte er und schob sie auf Armlänge zurück.
»Die Leiche …« Verwirrt blickte Martina zu Jürgen. Dieser verzog das Gesicht.
»Die Leiche? Jürgen hat mir versichert, dass es nicht Sabine sein kann. Weder Haarfarbe noch Größe würde übereinstimmen.« Olivers Stimme wurde wieder hektisch.
»Man weiß noch nichts Genaues, aber alles deutet darauf hin, dass es nicht Sabine ist«, versuchte Fischer, ihn zu beruhigen. Er warf Martina einen schnellen Blick zu, und sie nickte.
»Du hast mich missverstanden. Ich glaube auch nicht, dass die Tote Sabine ist, aber da es von ihr
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