Seidenstadtblues - Niederrhein Krimi
lächelte.
»Weißt du, wir sind im Prinzip eine gute Truppe, es fluppt. Jeder hat so seine Eigenheiten, aber wir ergänzen uns, und mir scheint, du wirst gut dazu passen. Aber …« Jetzt stockte er, nahm das Pils entgegen, das der Kellner brachte. Er rieb das Kondenswasser vom Glas und schaute es an, als wäre es eine Kristallkugel. »Du hast Kinder«, sagte er schließlich. »Ich habe auch eine Tochter. Sie ist neunzehn. Julia.« Er hob den Blick und sah Ayla an. »Wie vereinbarst du Beruf und Familie?«
»Ich habe zwei Kinder. Der Älteste ist sechs und wird im Sommer hier zur Schule gehen, das Mädchen ist vier. Sie ist im Kindergarten.«
Ermter nickte und wartete auf die Beantwortung seiner Frage. »Und?«, fragte er schließlich.
»Und?«
Ayla sah ihn überrascht an.
»Wie machst du das mit den Kindern? Ich will nicht unsensibel erscheinen. Es interessiert mich.«
»Hast du Angst, ich könnte den Dienst nicht einhalten?«
»Nein.«
Ayla sah ihn an, und Ermter zuckte innerlich zusammen.
»Vielleicht ein wenig«, gab er dann zu. »Das KK 11 hat manchmal die üblichen Bürozeiten, aber wenn wir akute Fälle auf dem Tisch haben, dann ist Feierabend ein Fremdwort. Das ist für Mütter schwierig.«
»Du hast recht.« Ayla lachte erneut, laut und befreiend. »Meine Mutter ist da und kümmert sich um die Kinder. Und meine Schwägerin, die Frau meines Bruders, wohnt im Haus nebenan und hat auch zwei Kinder in dem Alter. Die vier verstehen sich gut. Sie ist Deutsche – wir haben also eine Art deutsche Großfamilie und finden es prima. Deshalb war ich auch so froh, als ich die Stelle in Krefeld bekam. Die Arbeitszeiten mögen immer noch schwierig sein, mir bleibt aber die Fahrt über die A57 nach Köln erspart.«
»Das ist wirklich eine Ersparnis.«
»Ja.« Nachdenklich drehte Ayla das Glas in den Händen. »Oliver ist alleinerziehender Vater?«
»Nein. Finn, sein Sohn, lebt bei der Mutter. Oliver versucht, ihn so oft es geht zu sehen. Ist aber nicht oft.«
»Und Jens Scheelen, der ekelige Typ aus der Abdeckerei, ist Olivers Schwager?«
Ermter nickte.
»Die Welt ist manchmal ein Dorf, aber an zu viele Zufälle mag ich einfach nicht glauben. Was hat der Kerl mit dem Fall zu tun?« Ayla zog die Augenbrauen hoch. In diesem Moment servierte der Kellner das Essen.
Die Blutwurst und die heißen Kartoffeln hatten Ermters Bauch auf angenehme Weise gefüllt. Er war immer noch erschöpft, aber nicht mehr hungrig. Er wusste, dass eine lange Nacht vor ihnen lag.
Im Besprechungszimmer stank es nach Asphalt. Immer noch wurde die Straßendecke auf dem Ostwall erneuert. »Warum schließt niemand das Fenster?«, beschwerte er sich.
»Weil wir dann auch ersticken«, gab Uta zurück. »Es sind dreiundzwanzig Grad draußen, obwohl wir Anfang April haben. Das Wetter spielt verrückt. Aber Mehmet organisiert gerade Ventilatoren.«
»Und ich habe Essen besorgt.« Stolz legte Markus eine Fuhre Döner auf den Resopaltisch.
Der Geruch von Knoblauch vermischte sich mit dem von frischem Asphalt, und Ermter stöhnte auf. Ich könnte kotzen, dachte er.
»Okay, jeder nimmt sich sein Körbchen. Gibt es etwas Neues?« Guido ließ sich auf den Stuhl sinken. Jetzt eine Zigarette, durchfuhr es ihn. Er nahm die Packung Gummibärchen aus der Tasche, schüttete sie auf den Tisch.
»Ja, ich habe etwas.« Markus stand auf, legte den Döner beiseite und wischte sich den Mund ab. »Es gibt eine Verbindung zwischen Jens Scheelen und Peter Goeken. Möglicherweise jedenfalls«, fügte er leiser hinzu. »Ich bin dabei, das zu recherchieren.«
»Was?« Ermter setzte sich auf. »Wo?«
»Scheelen arbeitet schon Jahre in diesem Betrieb, der Abdeckerei. Sie hatte wechselnde Besitzer und war mal ein K1-Betrieb. Ein Betrieb, der das Fleisch toter Tiere zur Wiederverarbeitung aufbereitet und weiterverkauft. Der Betrieb wurde wegen Hygienemängel geschlossen und veräußert. Goeken wurde angeklagt, weil er hygienisch mangelhaftes Fleisch verarbeitet und verkauft hat. Das Fleisch kam aus Fichtenhain – aus dem Betrieb, in dem Scheelen nun arbeitet.«
»War Scheelen damals schon dort beschäftigt?« Ermter kniff nachdenklich die Augen zusammen.
»Das … weiß ich noch nicht, ich arbeite daran. Aber möglicherweise kannten sie sich.«
»Krefeld ist ein Dorf«, sagte Volker. »Hier kennt jeder jeden über fünf Ecken. Das muss nichts heißen.«
»Muss es nicht, aber es könnte eine Spur sein.«
Ermter sortierte die Gummibären. Fünf rote, drei
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