Seifenblasen kuesst man nicht
Solange es nur weit genug von uns entfernt ist.«
»Was?« Coralie traute ihren Ohren nicht.
»Du hast verstanden. Asta ist ein Freak. Und ihre bucklige Verwandtschaft auch. Ich weià nicht, wie lange du vorhast, dich bei uns herumzutreiben. Aber lass die Finger von David. Verstanden?«
Die Lady wollte Krieg. Den konnte sie haben. Coralie war todmüde. David hatte ihr die gröÃten Kontra-Komplimente gemacht, die es gab. Und sie hatte nicht die geringste Lust, sich mit den eingebildeten oder tatsächlichen Problemen dieser Leute auseinanderzusetzen, die die Welt um vier Uhr morgens nur kannten, wenn sie aus ihren Clubs kamen. Aber es war an der Zeit, Jasmin deutlich zu sagen, was sie von ihr hielt.
»Ich suche mir meine Leute und Chancen selbst aus.«
»Oh ja. Gerne. Aber nicht bei uns.«
Jasmin wollte sich an ihr vorbeidrängen, aber jetzt war Coralie an der Reihe. »Zumindest muss ich meine Chancen nicht von anderen klauen. Und die Typen erst recht nicht.«
Jasmin blieb stehen. »Wie meinst du das?«
»Ganz abgesehen davon, dass du mir David um den Bauch binden könntest â woher hast du meine Choreografie?«
»Deine ⦠was?«
»Du weiÃt genau, was ich meine. Meine Schritte. Meine Moves. Mein Lied. Ich hab dich gesehen bei der Party. Und du warst gar nicht schlecht. Aber du weiÃt auch, warum. Weil du sie mir gestohlen hast.«
Jasmin wurde blass. »Das ist nicht wahr. Du lügst.«
»Dann frag mal Xavier, deinen Trainer. Der müsste doch eigentlich die Handschrift von Wanda erkennen. Sie hat wochenlang mit mir geübt, wir haben die ganze Choreografie gemeinsam entwickelt. Und dann kommst du und glaubst, du sparst dir die Mühe und stiehlst sie mir einfach?«
»Ach, so ist das.« Die Art, wie Jasmin nun die Haare zurückwarf, hatte nichts mehr mit Shampoo-Werbung zu tun, sondern mit Angriff. »Sei vorsichtig mit dem, was du sagst. So was ist schnell rum in der Branche.«
»Meine Rede.«
»Was ich sagen will, Kleines: Wag es ja nicht zu erzählen, meine Bewerbung hätte irgendwas mit dir zu tun. Das hat sie nämlich nicht. Du träumst. Und jetzt muss ich zu David. Er sucht mich schon.«
Tatsächlich. David sah zum Eingang und winkte Jasmin zu. Coralie machte mit einer übertrieben liebenswürdigen Geste Platz. »Bitte sehr. Du hast übrigens überall Popcorn im Haar.«
Jasmin griff sich erschrocken in den Schopf und suchte den ganzen Weg über nach Krümeln. Coralie, immer noch wütend, verlieà den Raum. Was für ein Wahnsinn! Was für durchgeknallte Leute. Sie glaubten, die ganze Welt würde sich nur um sie drehen und sie könnten sich einfach nehmen, was ihnen gefiel. Coralie brauchte den ganzen Weg zum Kinosaal, um sich wieder zu beruhigen. Und sich verwundert zu fragen, was sie mehr ärgerte: Jasmins frecher Diebstahl oder die unfassbare Annahme, da wäre irgendein völlig unwahrscheinliches Interesse an David gewesen.
15.
»Was?« Laura, den Mund voller Popcorn, verschluckte sich beinahe. Sie hustete und röchelte ein wenig herum, aber bei ihr wusste man nie so genau, ob das jetzt lebensgefährlich war oder nur gut gespielt. »Du warst in einem Raum mit Casper Kendall?«
»Ja«, raunzte Coralie sie an. »Und siehe, ich leuchte nicht im Dunkeln.«
Das Licht war schon fast aus. Zwei zu spät gekommene Gäste drängten sich durch ihre Reihe. Coralie bückte sich und brachte die beiden Colaflaschen in Sicherheit, bis die beiden vorüber waren. Sie hatte sie in letzter Sekunde ergattert, bevor der Verkaufstresen dichtmachte, und auch noch eine halbe Packung Popcorn dazu.
»Und du â du hast nicht nach dem Autogramm gefragt?«
»Nein. Tut mir leid. Die hatten Wichtigeres zu besprechen.«
Laura sank mit einem abgrundtiefen Seufzer in die Polster. »Wichtigeres als die Frage, ob ich mich heute Nacht noch vor die StraÃenbahn werfen soll?«
»Vor den Bus«, korrigierte Coralie und griff in die Popcorntüte. »StraÃenbahnen fahren hier keine.«
Der letzte Gong dröhnte, das Licht ging ganz aus. Der Vorhang wurde zur Seite gezogen und die transsibirische Eisenbahn raste auf einen Tunnel zu. In letzter Sekunde sprang ein Mann ab, unter seinem Arm eine Kiste. Er landete unsanft auf eine Böschung und überschlug sich mehrmals. Die Kiste zerbrach und glitzernde Diamanten rieselten in den Staub.
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