Sein Anteil
unterste Klingel.
Nikita öffnete die Tür.
»Hey! Wie geht’s? Toll, dass du da bist. Dein Wagen?«
Nikita schaute auf Willems gelben Mercedes, der direkt vor dem Haus stand. Willem nickte.
»Nicht schlecht.«
Er reichte Nikita die Hand und erhielt den ihm schon bekannten festen Händedruck, der fast schmerzte.
»Geh nur gleich durch! Wir hocken alle in der Küche. Pia nimmt eine Dusche. Sie kam erst heute früh vom Tanzen zurück.«
Gefolgt von Nikita, betrat Willem die Küche, die zu einem kleinen Hof hinausging. Wider Erwarten würde er mit Nikita und Pia nicht alleine sein. In der Küche standen ein kleiner Rothaariger und eine fette Blonde herum und tranken Dosenbier. Auch vom Hof hörte Willem Stimmen.
»Leute, darf ich euch meinen Freund Willem vorstellen?«
Der kleine Rothaarige reichte Willem die Hand.
»Ich bin Patrick.«
»Und ich bin Cathy«, sagte die Dicke mit breitem amerikanischem Akzent.
»Patrick und Cathy leben hier. Und die beiden dort sind unsere Freunde Nicola und Michail, die uns die Langeweile vertreiben wollen.«
Vom Hof schauten zwei unrasierte Gesichter herein. Die beiden winkten Willem mit Zigaretten in den Händen zu. Auch er hob die Hand.
»Nicola macht übrigens eine hervorragende Pizza. Also wenn du mal Appetit auf Pizza hast, musst du ihn in seinem Laden in Soho besuchen. Und Michail ist Russe wie ich. Wir arbeiten zusammen.«
Willem sah Nikita an.
»Ach, du weißt ja gar nicht. Ich habe mit Michail ein tolles Unternehmen, Klempnerarbeiten, Autoreparaturen, alles, was so anliegt. Nicht ganz offiziell, wegen der Steuern, verstehst du.«
Er kapierte. Beide arbeiteten schwarz und kassierten wahrscheinlich nebenbei Sozialhilfe.
»Wenn du also mal einen Handwerker brauchst, gib uns Bescheid. Wir machen alles.«
Nicola und Michail unterhielten sich draußen weiter, ohne sich um Willem oder die anderen zu kümmern. Die dicke Amerikanerin grinste ihn an, während der kleine Rothaarige ihn aus seinen glasigen Augen genau beobachtete.
»Willst du auch ein Bier?«, fragte Nikita und drückte Willem, ohne seine Antwort abzuwarten, eine Dose in die Hand. »Ich weiß, es sieht hier wie im Saustall aus. Aber wir hatten hier gestern eine kleine Party. Wir haben jeden Tag eine Party, nicht wahr Cathy?«
Die Dicke quiekte vor Lachen. Willem schaute sich um. Die Küche sah tatsächlich wie ein Saustall aus. Überall standen Dosen und Flaschen herum, schmutzige Gläser und Geschirr mit Essensresten.
»Bist du hungrig? Es dauert nicht lange. Das Essen ist so gut wie fertig. Wir brauchen es nur aufzuwärmen.«
Nikita beugte sich über einen riesigen schwarzen Topf, der auf dem schmuddeligen Herd stand. Willem hoffte, Pia würde bald erscheinen.
»Ach, Patrick, Willem ist Journalist. Er schreibt über Politik und so«, bemühte sich Nikita freundlich, ein Gespräch zwischen beiden in Gang zu bringen. »Patrick hat auch was mit Politik zu tun.«
»So? Was machst du?«, fragte Willem, um nicht unhöflich zu erscheinen.
»Ich arbeite für eine Politik-Agentur. Wir wollen den Engländern klar machen, wie es wirklich in Irland aussieht. In den englischen Zeitungen steht ja nur Müll über Irland. Schreibst du auch über den Friedensprozess? Bist du mal drüben gewesen, in Belfast oder Derry?«
Willem ahnte, worauf Patrick hinaus wollte. Aber eine politische Debatte war das letzte, wonach ihm der Sinn stand, vor allem nicht über Irland. Er war dort gewesen und hatte die brutalen Gesichter der Typen gesehen, die sich gegenseitig bis aufs Blut hassten, mit Steinen bewarfen und Brandsätze in die Häuser schmissen. Für ihn waren das alles Verbrecher. Aber es interessierte ihn nicht mehr.
»Ja, ich war dort, aber mehr als Tourist. Ich habe auch mehr über das Königshaus und solche Geschichten geschrieben, weniger über Politik. Inzwischen arbeite ich gar nicht mehr als Journalist. Ich bin dabei, mir etwas anderes zu suchen.«
»Schade. Ich hätte dir sonst ein paar Geschichten liefern können, wahre Geschichten«, sagte der Rothaarige mürrisch und enttäuscht, dass er in Willem keinen Abnehmer für seine Wahrheiten gefunden hatte.
»Nettes Haus habt ihr hier. Und Shepherd’s Bush ist keine schlechte Lage«, versuchte Willem das Gespräch auf etwas Unverfängliches zu lenken.
In Wahrheit mochte er Shepherd’s Bush nicht. Für ihn war es nur ein Sammelsurium abgerissener Gestalten.
Der Rothaarige starrte Willem immer noch giftig an. Dafür stieg die Dicke in die quälende
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