Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)
entfernt, wo ich dann tatsächlich sein werde.«
»Ich fürchte, ich komme da nicht mehr mit.«
»Ich erklär’s Ihnen später. Sie sind sicher, dass Sie die Geräte besorgen können?«
»Ziemlich sicher. Es wird vielleicht ein paar Anrufe erfordern. Vielleicht müssen sie von LA hergeschafft werden. Wohnen Sie hier im Hotel?«
»Im selben wie letztes Mal, dem Radisson.«
»Ich wohne im Marriott«, teilte ihm Dulwater mit. Reeves Gesicht war eine undurchdringliche Maske. »Es liegt zentraler. Wenn’s Ihnen recht ist, stellen wir die Geräte in meinem Zimmer auf.«
»Schön«, sagte Reeve trocken.
Endlich trank Dulwater einen Schluck von seinem Bier. Er tat so, als würde er ihn auskosten, während er sich eine andere Frage zurechtlegte. »Was genau wollen Sie eigentlich auf Video aufnehmen?«
»Eine Beichte«, sagte Reeve. »Einen Mann, der sich eine Last von der Seele redet.«
»Film um elf«, sagte Dulwater mit einem Lächeln.
19
Reeve hielt ein paar Querstraßen von seinem eigentlichen Ziel entfernt.
Am Bordstein parkte ein Lieferwagen eines Pizzaservices, ein dreirädriges Kistchen, das so aussah, als hätte es einen Elektromotor. Im Vorbeifahren hatte er niemanden darin sitzen sehen, und er sah auch jetzt niemanden. Er wartete noch ein paar Minuten – vielleicht hatte der Pizzajunge Probleme mit dem Wechselgeld. Aber er wusste, dass es gar keinen Pizzajungen gab. Zum Lieferwagen gehörte vielmehr ein getarnter Bulle, der eigentlich den Bungalow beobachten sollte, aber zu einem anderen Einsatz abberufen worden war, ein paar Kilometer weiter. Der Elektromotor hätte das nicht geschafft, also waren seine Kollegen gekommen und hatten ihn eingesammelt.
Reeve warf einen Blick auf die Uhr. Es war Viertel vor zwölf. Er hatte nicht viel Zeit. Nachdem er schon den Lieferwagen bemerkt hatte, hatte er es sich gespart, die Videokamera mitzunehmen. Sie lag noch immer im abgeschlossenen Kofferraum des Dart. Er ging bis zum Ende der Straße, dann auf der anderen Seite wieder zurück. Es war niemand unterwegs, keine Nachbarschaftspatrouille, zivile Anti-Crime-Truppe oder sonst was. Reeve blieb einen Augenblick lang neben dem Lieferwagen stehen. Er war mit einem Funkgerät mit abnehmbarem Mikrofon ausgerüstet. Jetzt begriff er, warum sie einen Pizzaservice als Tarnung gewählt hatten: In einem solchen Lieferwagen fiel ein Funkgerät nicht weiter auf. Es konnte dem Fahrer schlicht dazu dienen, mit seiner Zentrale in Verbindung zu bleiben.
Und genau dazu diente es auch.
Im Bungalow brannte gedämpftes Licht. Vielleicht eine Leselampe. Die Vorhänge waren zugezogen, das Licht drang lediglich an den Rändern nach draußen. Reeve öffnete das Lattentor und hörte Glöckchen bimmeln, die an der Innenseite an einer Schnur hingen. Er ging zur Haustür und klingelte. Er hoffte, dass jemand da war. Jetzt, wo der Journalist tot war, hatte man dem Wissenschaftler bestimmt erlaubt, wieder nach Haus zurückzukehren. Er hörte eine Kette klirren. Eine Sicherheitskette. Die Tür ging einen Spaltbreit auf, und Reeve ging einen Schritt zurück, um mit umso größerer Wucht dagegen zu treten. Zwei Tritte von der Art, und die Tür flog auf.
Er hatte den alten Mann überrumpeln, erschrecken, schocken wollen. Er hatte Erfolg auf der ganzen Linie.
»Dr. Killin?«, sagte er zu der Gestalt, die im kurzen Flur auf dem Boden kauerte und sich dabei ein Buch über den Kopf hielt. Dem Titel nach zu urteilen irgendwas über Molekularbiologie.
Der alte Mann sah mit Cocker-Spaniel-Augen zu Reeve auf und blinzelte. Reeve schlug ihn gerade fest genug, um ihn schlafen zu schicken.
Er ließ den Körper liegen, wo er war, und ging wieder nach draußen. Es war noch immer niemand unterwegs. Die einzelnen Grundstücke waren durch hohe Hecken voneinander abgegrenzt. Zwar konnte ihn vom Haus gegenüber aus jemand gesehen haben, aber dort brannte kein Licht, und außerdem verstellte der Lieferwagen den Blick auf Dr. Killins Eingang. Anstatt das Tor noch einmal zu öffnen, sprang Reeve einfach darüber und joggte dann zu seinem Auto. Er fuhr damit zu Dr. Killins Haus zurück und parkte hinter dem Pizzawagen. Der alte Mann wog nicht viel, und es war kein Problem, ihn raus zum Auto zu tragen. Reeve legte ihn auf der Rückbank ab, ging dann zum Haus zurück, schaltete die Lampe neben Killins Sessel aus und zog die Haustür zu. Im Schatten der kleinen Veranda fiel der gesplitterte Rahmen kaum auf. Vom Bürgersteig aus war er überhaupt nicht zu
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