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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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sich wieder zum Fernseher und lächelte dann. »Entschuldigen Sie meinen Ausbruch.«
    »Sie halten anscheinend nicht viel von Ihren Lesern.«
    »Im Gegenteil. Von meinen Lesern habe ich eine extrem hohe Meinung. Meine Leser sind kritisch und gut informiert.« Sie stellte den Ton etwas lauter und vertiefte sich in die Nachrichten. Reeve legte die Blätter, die er noch immer in der Hand hielt, auf den Tisch. Unter dem Sofa schaute eine Zeitung hervor. Er zog sie heraus. Es war die Zeitung, für die Fliss arbeitete.
    »Ist er nicht zum Anbeißen?«, murmelte sie, aber es war offenbar eine rhetorische Frage. Sie redete mit sich selbst über den Nachrichtensprecher.
    Reeve ging in die Küche und setzte neues Wasser auf. Er hätte eigentlich Joan noch einmal anrufen sollen, ihr sagen, wie die Sache stand, aber das Telefon war im Wohnzimmer. Er setzte sich an den Küchentisch und breitete die Zeitung aus, die er mitgenommen hatte. Er suchte jede einzelne Seite nach dem Namen Fliss Hornby ab. Nicht zu finden. Er nahm sich die Zeitung noch einmal von vorn vor. Diesmal fand er ihn.
    Er goss zwei Becher koffeinfreien Instantkaffee auf und ging damit ins Wohnzimmer zurück. Fliss hatte die Beine hochgezogen und die Arme darum geschlungen. Sie saß ein ganz kleines bisschen nach vorn gebeugt, wie ein Fan, der sich nichts entgehen lassen will, obwohl nichts zwischen ihr und ihrem Idol stand. Reeve stellte sich dazwischen und reichte ihr einen Becher.
    »Sie schreiben für den Modeteil«, sagte er.
    »Ist doch trotzdem Journalismus, oder?« Dieses Gespräch hatte sie offensichtlich schon ein paarmal geführt.
    »Ich dachte, Sie wären …«
    »Was?« Sie starrte ihn böse an. »Eine richtige Journalistin? Eine Enthüllungs journalistin?«
    »Nein, ich dachte nur … Vergessen Sie’s.«
    Er setzte sich und wusste, dass sie wütend auf ihn war. Äußerst taktvoll, Gordon, dachte er. In Menschenführung eine glatte Sechs. Hatte er ihr für all das gedankt, was sie heute für ihn getan hatte? Sie hatte ihm die halbe Arbeit abgenommen, hatte ihm vieles erklärt – Abkürzungen und Journalistenjargon in den Dateien etwa. Ohne sie hätte er vielleicht den ganzen Tag gesucht und überhaupt nichts gefunden – und stattdessen hatte er jetzt etwas in der Hand. Er hatte die »Genesis«, wie Jim das genannt hatte. Die Genese der Story, die Vorgeschichte, die ihn nach San Diego und bis in den Tod geführt hatte. Es war immerhin ein Anfang. Morgen würde es vielleicht richtig losgehen.
    Er wandte kein Auge von Fliss. Wenn sie das Gesicht in seine Richtung gedreht hätte, hätte er sie mit einem wortlosen Lächeln um Entschuldigung bitten können. Aber sie saß mit verkrampftem Nacken da und starrte, ohne zu blinzeln, auf den Bildschirm. Reeve schien eine Begabung dafür zu haben, sich bei Frauen unbeliebt zu machen. Siehe etwa Joan. Mittlerweile verging kaum ein Tag, an dem sie sich nicht wegen irgendetwas stritten; nicht in Allans Anwesenheit – sie waren fest entschlossen, den Schein zu wahren -, aber wann immer Allan gerade nicht da war. Dann war die Luft so geladen, dass sie förmlich knisterte.
    Nachdem sie sich die Spätnachrichten in völligem Schweigen angesehen hatten, verschwand Fliss mit einem knappen »gute Nacht«, kam aber dann noch einmal mit einer Steppdecke und einem Kissen zurück.
    »Es tut mir leid«, sagte Reeve. »Ich hatte mit der Bemerkung überhaupt nichts gemeint. Es ist nur, dass Sie nichts gesagt und sich den ganzen Tag wie Roland der rasende Reporter geriert haben, die einzige Enthüllungskanone der Zeitung.«
    Sie lächelte. »Roland der rasende Reporter?«
    Er zuckte die Achseln und lächelte ebenfalls.
    »Ich verzeihe Ihnen«, sagte sie. »Der Erste, der morgen auf den Beinen ist, holt Brot und Milch, abgemacht?«
    »Abgemacht, Fliss.«
    »Dann gute Nacht.« Sie stand in der Tür und machte keine Anstalten zu gehen. Reeve hatte seinen blauen Baumwollpullover ausgezogen und stand jetzt in einem langärmeligen weißen T-Shirt da. Sie musterte einen Moment lang seinen Körper, lächelte dann und produzierte ein Geräusch, das ein Mittelding zwischen einem Seufzer und einem Summen war, wandte sich schließlich ab und ging.
    Er hatte Mühe einzuschlafen. Er war zu müde; oder besser gesagt, er war erschöpft, aber nicht müde. Sein Gehirn verweigerte den Dienst – wie er feststellte, als er versuchte, Jims Notizen weiterzulesen -, aber Ruhe geben wollte es auch nicht. Bilder schossen ihm durch den Kopf, prallten

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