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Sein Bruder Kain

Sein Bruder Kain

Titel: Sein Bruder Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Polizeibeamte aufhalten zu können! Durch den hinteren Teil des' Hauses gab es kein Entrinnen - von dort aus fiel das Ufer steil zum Fluß hin ab.
    Monk war nur fünfzehn Meter hinter ihm.
    Da plötzlich änderte Caleb erneut die Richtung und beschleunigte das Tempo; diesmal rannte er direkt auf den Fluß zu. Er würde sich also doch umbringen. Er rannte noch schneller und setzte von der Uferböschung aus zu einem gewaltigen Sprung an. Erst da wurde Monk klar, was er wirklich vorhatte. Die Reihe der Lastkähne war nur knapp fünf Meter vom Ufer entfernt. Er landete ein wenig unbeholfen auf allen vieren auf den Stoffballen und wäre beinahe zur anderen Seite hin wieder über Bord gegangen, aber er hatte es geschafft, und der Kahn trug ihn bereits über das Wasser davon.
    Mit mehr Wut als Vernunft trat Monk ein paar Schritte zurück, um Anlauf nehmen zu können, und wagte dann ebenfalls einen tollkühnen Sprung.
    Mit einem Aufprall, der ihm fast die Sinne raubte, landete er auf dem dritten Kahn. Er bekam kaum noch Luft, und es dauerte einige Sekunden, bevor er auch nur daran denken konnte aufzustehen. Als er es schließlich schaffte, waren seine Hände aufgeschürft, und es fiel ihm schwer, seine Lungen zu dehnen und die feuchte Luft einzuatmen. Er konnte die undeutliche Gestalt des Kahnführers sehen, aber den Sergeant, der rufend und gestikulierend am Ufer stand, nahm er kaum wahr. Er fluchte, und sein Gesicht war vor Zorn verzerrt. Er versuchte jedenfalls nicht zu verstehen, was der andere sagte. Er hatte nur einen einzigen Gedanken - an Caleb heranzukommen.
    Er straffte sich und ging nach vorn, wobei er mit den Armen ruderte, um auf dem nassen Segeltuch nicht den Halt zu verlieren.
    Die Kähne fuhren dicht hintereinander, aber zwischen dem Bug des einen und dem Heck des anderen Kahns lagen immer noch mehrere Meter dunklen, schmutzigen Flußwassers. Wenn er fiel, würde er zwischen die beiden Boote geraten und dort sein sicheres Ende finden.
    Caleb befand sich auf dem ersten Kahn und hatte sich jetzt Monk zugewendet, wobei er spöttisch auf und ab hüpfte. Er legte die Hände um den Mund, damit Monk ihn besser verstehen konnte.
    »Na komm doch!« brüllte er. »Komm und hol mich! Kommen Sie schon, Herr Polizist! Ich habe Angus getötet, oder? Ich habe ihn zerstört! Er ist für immer von uns gegangen! Fertig! Keine eleganten Kleider mehr, keine tugendhafte Frau am Kamin mehr! Kein Gottesdienst am Sonntag und kein ›Ja, Sir‹, ›Nein, Sir‹, ›Bin ich nicht ein guter Junge, Sir‹.« Er verschränkte die Arme über der Brust und riß sie dann plötzlich weit auseinander.
    »Tot!« rief er. »Ausgelöscht für alle Zeit! Sie werden ihn niemals finden. Niemand wird ihn finden, nie! Nie!«
    Monk ging auf ihn zu, stolperte über die Leinwandhaufen, geriet ins Taumeln und gewann das Gleichgewicht zurück, bevor er zu einem gewagten Sprung über das dunkle Wasser auf den vor ihm schwimmenden Kahn ansetzte, wo er auf allen vieren landete und sich Hände und Knie erneut aufschürfte. Er raffte sich wieder auf, ohne an den Schmerz oder die Gefahr zu denken.
    Der Kahnführer brüllte ihm irgend etwas zu, aber er schenkte ihm keine Beachtung.
    Sie hatten den Eingang von Blackwall zum Südhafen passiert, vor ihnen lag der Cubitt-Town-Pier, dann machte der Fluß eine Biegung um die Isle of Dogs. Er konnte die Lichter von Greenwich auf der anderen Seite nicht mehr sehen. Der Nebel und die Dunkelheit wurden dichter. Die Sümpfe am linken Ufer bildeten eine undeutliche Silhouette. Es waren auch andere Boote auf dem Fluß, aber er sah sie nur aus den Augenwinkeln.
    Er sprang gerade rechtzeitig auf den ersten Kahn, um noch sehen zu können, wie Caleb anscheinend das Gleichgewicht verlor, auf seinen Knien landete und dann auf der anderen Seite verschwand. Kurz darauf hörte Monk sein Lachen, das vom Wasser kam, und gerade als er selbst am Rand des Kahns angelangt war, stieß ein Ruderboot ab, in dem ein Mann an den Rudern saß und ein anderer sich scheinbar in Todesangst in den Bug kauerte.
    Monk stieß einen wilden Fluch aus. Dann fuhr er zu dem Kahnführer herum, obwohl er wußte, daß es sinnlos war. Der Mann hatte nicht die geringste Chance, den Kurs zu ändern. Die schwerbeladenen Kähne waren aneinandergebunden und fuhren mit der Flut stromaufwärts.
    »Monk!«
    Woher kam die Stimme?
    »Monk! Springen Sie, Mann!«
    Dann sah er das zweite Ruderboot mit dem Sergeant und einem anderen Constable darin. Ohne auch nur eine Sekunde

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