Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Freunde, die ich im Laufe der Jahre gewonnen habe.«
»Ja, die sind mir aufgefallen, als wir hereinkamen. Mit den Geschenkanhängern und so. Ich habe meine noch nicht besorgt.«
»Brauchen Sie viele?«
»Eigentlich nicht.«
»Sie haben keine Familie, oder? Das sieht man Ihnen an.«
Costello lächelte. »Damit mögen Sie nicht ganz falsch liegen.«
Miss Cotter stützte sich am Türpfosten ab, während Costello ihr die Tür aufhielt, und sie gingen zurück ins Wohnzimmer. »Ich habe Freunde in der WRVS, die ihre Enkel kaum ein einziges Mal in der Woche sehen, und ich, ich habe den kleinen Sonnenschein Troy, der alle zwei Minuten rein- und wieder rausrennt. Da kann ich mich durchaus glücklich schätzen.« Sie blickte von Costello zu Anderson, und Tränen stiegen ihr in die Augen. »Könnten Sie ihn nicht bis zum Weihnachtsfest finden? Ich vermisse ihn so schrecklich.«
10
Der Geruch des Hausflurs hatte sich in Andersons Nase eingenistet. Er stand auf, öffnete das Fenster, um ein bisschen frische Luft zu schnappen, und starrte DC Vik Mulholland an, dessen Lunchsalat penetrant nach Parmesan und Basilikum roch. Zusammen mit dem Rasierwasser fiel die Mischung vermutlich unter das Giftgasverbot. Vik löste sich langsam vom Fenster, bemerkte gar nicht, dass er beobachtet wurde, und setzte sich an seinen Schreibtisch, um verspätet Mittag zu essen, und zwar mit einer Papierserviette im Kragen seines Hemdes. Anderson schaute zu, wie DS Kate Lewis sich auf dem Stuhl Mulholland gegenüber niederließ und den Stuhl so herumzog, dass sie im rechten Winkel zu ihm saß. Sie lächelte und pikte mit einer Plastikgabel in Mulhollands Salat, stibitzte eine getrocknete Tomate hier und ein Stück Thunfisch da, schob sich die Beute zwischen die vollen roten Lippen und kaute genüsslich. Sie hatte die Beine übereinandergeschlagen, was Anderson und Littlewood Gelegenheit gab, die langen, gebräunten Schenkel zu bewundern. Vornübergebeugt flüsterte sie Vik etwas ins Ohr.
Costello versuchte, das geistlose Gespräch zwischen den beiden auszublenden, und konzentrierte sich auf ihre Besprechungsnotizen bezüglich Alison McEwen. Das würde keine leichte Befragung werden. Troy McEwens Mutter war eine Alkoholikerin und litt unter emotionalen Störungen, und dazu mochte man sie nicht gerade als intelligent bezeichnen. Also mussten sie ihre Fragen vorsichtig formulieren. Costello versuchte, eine Liste aufzustellen, doch Mulholland und Lewis fielen ihr auf die Nerven. Bisher hatte sie mit anhören dürfen, was der Freund, Stuart, Kate zu Weihnachten kaufte, was Vik für seine wunderschöne Frances kaufen wollte und dass Vik seine neue Flamme für Weihnachten zum Essen eingeladen hatte, Frances allerdings überhaupt nicht Weihnachten feierte. Vik machte sich Sorgen, »Fran« nehme die Sache vielleicht nicht ernst. Gut für Fran, dachte Costello. Dann sprach Mulholland noch leiser, und Costello merkte, wie sie die Ohren spitzte. Frances hatte angerufen und Mulholland gesagt, er habe seine Handschuhe in ihrer Wohnung liegen lassen. Vik hatte geantwortet, er würde vorbeikommen und sie abholen. Sie jedoch hatte abgelehnt.
»Aha, sie spielt also die Unnahbare. Frauen tun das, um Männer auf Trab zu halten. Wie ist sie denn im Bett?«, fragte Kate und lächelte herausfordernd wie eine Frau, die schon alles wusste.
Costello lauschte dem Flüstern und verschwörerischen Kichern, dann hörte sie ihren eigenen Vornamen, auf den ein unterdrücktes Lachen von Lewis folgte, das abrupt nach einem Blick endete.
Sie beugte sich zu Anderson vor. »Wenn sie es wagt, mich beim Vornamen zu nennen, wird sie beim Aufwachen nicht mehr wissen, ob es Neumond oder Neujahr ist. Blöde Kuh«, zischte sie.
»Glauben Sie, dass ein Mann, der Ihren Namen kennt, damit Macht über Sie besitzt?«, nuschelte Anderson mit Reißzwecken zwischen den Zähnen, weil er gerade das Informationsblatt an der Wand festmachte.
»Ich glaube, falls diese Frau mich mit dem Vornamen anspricht, wird sie der Unfallstation einen Besuch abstatten. Sehen Sie sich die beiden nur an.« Sie deutete mit dem Kopf hinüber zu Mulholland, der immer noch in die Unterhaltung mit Lewis vertieft war. »Wenn Vik Liebesprobleme hat, bin ich die Erste, die in Jubel ausbricht. Aber nicht hier und nicht jetzt. Warum können die nicht einfach ihre Arbeit machen?«
»Sie sind wie Kinder«, sagte Anderson und pinnte neue Anweisungen an die Wand. Leise fügte er hinzu: »Bin ich eigentlich der Einzige,
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