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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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wohin seine Komplizen wollten. Becker verstärkte den Druck seiner Hand, und Howell stöhnte, und die Tränen liefen ihm aus den Augen, aber seine Story blieb dieselbe. Er wusste nicht, wohin seine Partner unterwegs waren, er wusste nicht, wo das Geld war.
    »Irgendwas musst du mir geben«, sagte Becker zu ihm,und seine ganze Wut, die er auf diese Mistkerle hatte, die ihn gelinkt, die ihn in diese Klemme gebracht und ihn um seinen Anteil an dem anderen Geld betrogen hatten, diese ganze Wut trieb ihn dazu, den Mann erbarmungslos zu quälen, bis der schließlich völlig am Ende war und sagte: »Etwas … anderes.«
    »Was? Ein anderer Raubüberfall? Mehr Geld?«
    »Ja.«
    »Schnell.«
    »Alles … Knie. New. York. Cath…«
    »Was?«
    »Cath…man. Wollte … mich.«
    »Für einen Raubüberfall? Was für einen Überfall?«
    Howells Mund öffnete sich wieder, aber diesmal kam ein großer Sack Blut heraus und zerplatzte auf seiner Brust, dunkelrot und stinkend, und die Hitze ließ Becker zurückprallen.
    Er hatte nicht gemerkt, dass der Mann dem Tod so nahe war. Er hatte ihn nicht umbringen wollen, schon gar nicht, bevor er ihm all seine Fragen beantwortete, und deshalb hatte er sich damals unfähig und unzulänglich gefühlt, und das war auch jetzt noch so. Doch dann, als der letzte Atemzug des Mannes im Cadillac ein einziger Blutschwall war, kamen doch tatsächlich schon die Bundespolizisten daher. Sie sprangen und schlitterten in ihren dunkelblauen Vinylmänteln mit den großen gelben Lettern auf dem Rücken den Berg hinunter, hielten sich an Ästen fest, und ihre Maschinenpistolen zeigten zum Himmel.
    Becker trat von dem Cadillac zurück. Er rief zu ihnen hinauf: »Lasst euch Zeit. Die sind weg. Und der hier ist hinüber.«
    Aber Howell hatte ihm ja doch etwas gesagt, oder? Becker hatte keine andere Möglichkeit gesehen, als Howells Fingerzeigzu folgen, denn sonst hatte er nichts in der Hand, und es hatte geklappt. Hilliard Cathman. Dann der, den sie Parker nannten. Dann die übrigen. Dann das große weiße Schiff auf dem Fluss, voller Geld, und genau darauf mussten sie aus sein.
    Es würde dunkel sein, wenn sie mit dem Geld zurückkamen, also brauchte er den Pickup nicht zu verstecken. Er stellte ihn zwischen zwei der unbewohnten Häuschen ab und ging dann in das bewohnte. Diese Buden ließen sich nicht abschließen, und sie hatten es gar nicht erst versucht. Becker machte einfach die Tür auf und spazierte hinein.
    Jede Menge Zeit. Er ging durch das Haus, sah, dass sie überhaupt keine persönlichen Sachen zurückgelassen und alle Waffen mitgenommen hatten, nur ein paar Landkarten lagen noch da. Er ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Es war Bier drin, aber trinken würde er erst hinterher. Er musste heute nacht in Topform sein.
    Gatorade, eine große Flasche, hellgrün. Das war wahrscheinlich der Große. Den musste er als ersten erledigen. Das Mädchen zuletzt.
    Becker trug die Gatorade und ein Glas ins Wohnzimmer, schaltete den Fernseher ein und setzte sich hin. Als das Bild kam, schaute er es an und musste lachen. Das Scheißding war ein Schwarzweißgerät.

 
    ZWEI
     
    Susan Cahill konnte deshalb so gut mit VIPs umgehen, weil sie sich mit den Geschlechtern auskannte. Mit weiblichen VIPs war man gewissermaßen auf du und du, wenn auch diskret. Jede anerkannte und bewunderte die Attraktivität der anderen, und so wurden sie zu Vertrauten und Komplizinnen im immerwährenden Kampf der Frauen um ihren Platz in der Männerwelt, den sie mit keinen anderen Waffen als Mut und Sexappeal führten. Es funktionierte; sogar bei den verschrumpeltsten alten Schachteln funktionierte es noch.
    Und die männlichen VIPs waren noch einfacher gestrickt. Man elektrisierte sie mit etwas Sex, einem Lächeln hie und da, dem einen oder anderen Blick aus dem Augenwinkel und einem sinnlichen Recken und Strecken. Genug, um die Spannung aufrechtzuerhalten, aber nur soviel, dass niemand seine Würde aufs Spiel setzte. Das war ein hübscher Drahtseilakt, und Susan hätte ihn inzwischen auch mit verbundenen Augen gemeistert.
    Sie hatte vor zwölf Jahren als Flugbegleiterin angefangen, in einem Beruf, in dem die wichtigste Fähigkeit, die man lernen konnte, die zur unaggressiven Manipulation anderer war. Sie hatte ihren Job sehr gut gemacht, hatte in zehntausend Meter Höhe alle bei Laune gehalten und war auch sehr attraktiv, und so war sie bald auf einer der beliebtesten Routen eingesetzt worden, Chicago–Mailand. Affären hatte

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