Seine einzige Versuchung
unnötig beunruhigen. Selbst wenn die Mutter ihre Nerven oft überstrapaziert hatte, hätte sie ihr diesen Kummer gerne erspart.
„Ich vermute, sie nehmen das Schlimmste an - so abwegig ist das ja auch nicht, wenn man bedenkt, wie es noch vor wenigen Stunden um uns stand…“ Er zögerte, ihr die Frage, die ihn am meisten umtrieb, zu stellen. Beinahe schüchtern wollte er wissen: „Elli, steht es jetzt besser um uns? Oder bilde ich mir das nur ein?“ Wieder streichelte sie sein Gesicht und nahm seine Hand:
„Falls das hier kein Traum ist, bildest Du es Dir nicht ein. Falls es doch ein Traum ist, erleben wir ihn gerade gemeinsam - und das wäre auch sehr schön, solange wir nicht aufwachen.“ Ihre Worte berührten seine Seele zutiefst. Noch nie hatte er die Verbundenheit zu ihr so intensiv gefühlt wie in diesem Augenblick. Und hier ging es nicht um körperliches Verlangen, sondern eine bedeutungsvolle und tiefe Zuneigung, die zwischen ihnen bestand. Er wollte sie einfach nur in seinen Armen halten und ganz nah bei ihr sein:
„Darf ich mich zu Dir legen?“
„Ja, natürlich.“ Sie rückte ein wenig zur Seite, um ihm Platz neben sich zu machen. Er war überwältigt von der Selbstverständlichkeit ihrer Geste.
„Ich bringe Dir auch freiwillig alle Kleidungsstücke, die Du haben willst, falls Du Dich nur mit Deinem Hemdchen zu wenig damenhaft bekleidet fühlst“, ergänzte er mit einem Anflug seines unwiderstehlichen Humors.
„Nein, das Hemd reicht mir schon. Ich habe ja Dich zum Wärmen“, entgegnete sie und schmiegte sich an ihn.
„Wenn Du mir vertraust, dass ich die Situation nicht schon wieder ausnutze…“
„Du gibst es also zu, die Situation schon einmal ausgenutzt zu haben?“
„Aber ja - im Moment würde ich alles zugeben.“ Er zog sie dicht an sich und gab einen tiefen Seufzer von sich. „Lass‘ uns einfach nur so daliegen und nicht reden.“ Sie kuschelte sich noch enger an ihn und flüsterte:
„Gut.“
In der einsetzenden Dämmerung sangen die Vögel ihr lautes Abschiedslied vom Tag. Sie mussten beide eingeschlummert sein.
„Elli, ich muss jetzt gehen - es wird schon dunkel.“
„Hörst Du die Vögel? In der Stadt kann man sie nie so laut hören wie hier draußen.“
„Ich weiß nicht, ob dies der richtige Moment ist, es Dir zu sagen, aber ich wünschte, wir würden wieder zusammenleben… Versteh‘ mich bitte nicht falsch - ich will Dich nicht unter Druck setzen. Lass‘ Dir Zeit mit Deiner Entscheidung.“
„Ich brauche keine Bedenkzeit. Ich will auch…“ Er legte seinen Zeigefinger auf ihre Lippen:
„Schlaf‘ noch eine Nacht darüber, um zu wissen, ob Du es wirklich willst.
„Aber…“
„Psst...“ Er erstickte ihre Worte mit innigen Küssen. Plötzlich murmelte sie etwas in seine Lippen:
„Warte… Du schuldest mir noch eine Antwort.“
„Müsst Ihr Frauen denn immer so viel plappern? Und immer in den unpassendsten Augenblicken!“
„Bist Du nun mein Lehrer oder nicht?“
„Na schön - auf welche Frage soll ich bitteschön antworten?“
„Was Du vorhin mit mir getan hast, als Du… als ich…“ Er lachte leise auf:
„Du meinst, als Du gekommen bist?“
„Nennt man das so?“
„So oder anders, ganz wie Du willst.“
„Wolltest Du nicht dafür Sorge tragen, meinen Erfahrungsschatz zu erweitern?“
„Du willst doch nicht andeuten, dass Du heute noch eine Lektion lernen willst?“
„Nein, ich würde nur gerne das entsprechende Vokabular für die heutige Lektion kennenlernen…“
„Du bist sehr empfänglich für Worte, richtig?“ Er konnte sich nicht verkneifen, sie darauf hinzuweisen, wie sehr er ihre Vorlieben bereits durchschaut hatte.
„Sagst Du es mir nun oder nicht?“, drängelte Elli.
„Ich sage Dir alles, was Du wissen willst, meine übereifrige Schülerin. Und in der nächsten Unterrichtsstunde frage ich Dich ab! Also, lass‘ mich nachdenken, was habe ich da vorhin mit Dir getan? Vielleicht so: Ich habe Dich befriedigt… Dich zum Höhepunkt der Lust gebracht… Dir zu höchstem Sinnesrausch verholfen… Dir den ersten Orgasmus Deines Lebens verschafft… Dir die Sterne vom Himmel geholt… reicht das fürs erste?“
„Du bist anscheinend ganz schön von Deinen Fähigkeiten überzeugt. Selbstzweifel kennst Du wohl nicht, wie?“
„In dem Punkt kaum…“ Da es inzwischen noch dunkler geworden war, konnte sie sein siegesbewusstes Lächeln nur erahnen. „Elli, ich muss jetzt wirklich gehen, Paulsen wird schon
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