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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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Hände voll zu tun. Elli wollte ihn nicht von der Arbeit abhalten und gab ihm nur kurz die Hand zur Begrüßung.
    Gerlach war heute nicht anwesend - er kam etwa einmal in der Woche zu Beratungsgesprächen in Benthins Haus. Sie sahen sich ohnehin fast täglich zum Mittagessen im Klub. Durch die Einladung zur Hochzeit hatte Elli bereits die Gelegenheit gehabt, den Vertrauten ihres Mannes kennenzulernen. Da Benthin recht häufig zu Vorträgen, Kongressen und anderen beruflichen Terminen erwartet wurde, leistete er sich einen privaten Kutscher, der ihm tagsüber vor seinem Haus zur Verfügung stand und nachts und an Wochenenden auf Absprache kam, um ihn zum gewünschten Ziel zu bringen. Da Benthin seiner Frau den Wunsch, den Park zu sehen, nicht gleich am ersten Tag abschlagen wollte, stellte er ihr seinen Kutscher bei dieser Gelegenheit gleich vor. Wie alle, war auch er von der jungen Frau angetan und begegnete seinem Dienstherren und dessen Gemahlin mit besonderem Eifer:
    „Wo soll es denn hin-ge-hen, die gnä-di-gen Herrschaft‘n?“, gab er sich Mühe, Elli ein wenig zu beeindrucken, indem er seine, für ihn typische Mundart mehr oder weniger erfolgreich unterdrückte. Übertrieben emsig reichte er ihr die Hand, um ihr in die zweisitzige Kutsche  zu helfen. Es war ihm angesichts des erstaunlich warmen Herbsttages angemessen erschienen, das Verdeck zur Hälfte zu öffnen, so dass Elli und Benthin frische Luft bekamen, aber vor der Sonne geschützt waren.
    „Nun veranstalten Sie mal nicht so ein bühnenreifes Theaterstück, Paulsen, wir wollen nur zum Stadtpark. Sie brauchen nicht so geschwollen daher zu reden - und gnädig ist höchstens der da oben“, kommentierte Benthin schmunzelnd mit einer gen Himmel deutenden Geste. Auch wenn er keinen besonders engen Kontakt zum Personal pflegte, war sein Kutscher eine besondere Vertrauensperson für ihn, kannte dieser doch zwangsläufig alle Gewohnheiten seines Arbeitgebers, insbesondere die, die eine besondere Diskretion erforderten. Benthin schätzte Paulsen. Er wusste dass er sich hundertprozentig auf ihn verlassen konnte.
    „Da hätten‘se aber auch fast zu Fuß hinjehn könn‘…“, erwiderte dieser nun wieder in seiner gewohnt direkten, etwas schnodderigen Art.
    „Sie müssen es ja wissen, wo Sie schließlich kaum einen Schritt zu Fuß gehen!“, konterte Benthin nun schneidig, ganz zu Ellis Vergnügen.
    „Also, wie reden‘se denn in der Jejenwart einer Dame? Wissen‘se eijentlich, auf wen‘se sich da einjelassen ham?“, wandte sich Paulsen zwinkernd Elli zu.
    „Sie werden es mir sicherlich gleich sagen…“ Auch wenn sich Benthin seiner Diskretion sicher war, wurde ihm nun doch etwas mulmig bei Paulsens Bemerkung. Er unterbrach den Schlagabtausch:
    „Gucken Sie mal lieber nach vorne und achten freundlicherweise auf die Straße, anstatt meiner Frau Flausen in den Kopf zu setzen.“ Elli war beeindruckt von der Leichtigkeit, mit der ihm die Worte meine Frau über die Lippen kamen, war es ihr doch bislang noch schwer gefallen, ihn wahrhaftig als ihren Ehemann zu sehen. Immerhin war sie jetzt in deutlich heiterer Stimmung als noch am Morgen, der ähnlich unerfreulich begonnen hatte, wie der Abend ihrer Hochzeit beendet worden war. 
    Paulsen setzte das frisch getraute Ehepaar am Parkeingang ab und fuhr auf Wunsch beider sofort wieder zurück zum Haus, da sie den Rückweg lieber zu Fuß bestreiten wollten. In dieser Umgebung fühlte sich Elli schon viel besser als in dem düster anmutenden, kühlen Haus. Der Stadtpark war imposant. Sie waren umgeben von herrlich angelegten, herbstlichen Blumenbeeten und ehrwürdigen alten Bäumen mit buntem Laub. Es gab zahlreiche Sitzgelegenheiten und Wiesen, die in Sommermonaten zum Picknicken oder Ballspielen einladen mochten. Man konnte über mehrere Brücken einen langgestreckten See überqueren, der sich wie ein breiter Fluss durch den Park schlängelte. Das Wasser plätscherte friedlich vor sich hin und bot Enten und Schwänen ein Paradies.
    „Leider kann man hier nicht Boot fahren, aber ansonsten ist es ein ganz passabler Ort für Spaziergänger“, bemerkte Benthin nüchtern.
    „Es ist wirklich ein wunderschöner Park - wir sollten so oft wie möglich hierher kommen, wenn das Wetter es zulässt.“ Ellis Begeisterung erhielt sogleich einen Dämpfer:
    „Ich werde Dich nicht allzu oft begleiten können. Meine Arbeit nimmt mich ziemlich in Anspruch und wird voraussichtlich in den kommenden Monaten noch mehr von

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