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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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etliche verzweifelt wirkende Frauen unauffällig hinter den Ständen ein und bemühten sich voller Scham, für ihre Familien Reste oder angegammelte Waren zu erheischen, da sie nicht imstande waren, für einwandfreies Obst und Gemüse zu zahlen. 
    „Das Elend dieser Leute will mir manchmal gar nicht mehr aus dem Kopf gehen“, erklärte Frau Klein. Wir sind ja schon so schlecht gestellt, dass wir uns wenig leisten können. Ein Anwaltshonorar hätte uns vermutlich in den Ruin getrieben. Aber diese Familien haben noch weniger - da reicht es nicht mal für das tägliche Essen, obwohl die Männer arbeiten gehen und die Frauen meistens auch was dazu verdienen. Daran sind nur diese elenden Fabriken schuld! Die einzigen, die was davon haben, sind die Fabrikanten. Für die Arbeiter ist der Lohn zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel!“ Frau Klein war sichtlich erbost.
    „Was kann man denn nur tun, um da zu helfen?“, murmelte Elli nachdenklichvor sich hin. 
    „Das ist doch ganz klar! Die Löhne müssen ‘raufgesetzt werden, aber da machen diese Ausbeuter ja nicht mehr so ein gutes Geschäft!“
    „Sie meinen, man müsste sie quasi zwingen , die Arbeitsbedingungen und Löhne zu verbessern?“ 
    „Ja, und zwar gesetzlich!“
    „Und was tun diese Familien bislang, um überhaupt über die Runden zu kommen? Mit ein paar Resten vom Markt kann doch wohl kaum eine Familie überleben.“
    „Da gibt es ja noch die Armenspeisung. Ich glaube, da gehen auch viele von denen hin. Warum interessieren Sie sich so dafür?“, wollte Frau Klein nun von Elli wissen.
    „Ich habe die Absicht, diesen Menschen irgendwie zu helfen. Ich weiß momentan aber noch nicht so genau, wie ich das anstellen könnte.“
    „Gehen Sie doch mal zum städtischen Frauenverein - die sind für die Suppenküche zuständig und können bestimmt Helfer gebrauchen. Sind Sie sicher, dass das etwas für Sie ist? Sie sind doch noch so jung und gerade frisch verheiratet.“ Frau Klein schien nicht überzeugt, dass diese Art von Beschäftigung das Richtige für eine jungvermählte Frau von Ellis Stand war. Elli hingegen war überaus angetan von dem Vorschlag:
    „Oh, doch! Vielen Dank für die wunderbare Anregung! Ich werde Kontakt zu diesem Frauenverein aufnehmen. Es ist einfach ungerecht, dass wir uns alles Mögliche leisten können und andere hungern müssen. Ich kann das nicht länger einfach so hinnehmen.“
    „Sie scheinen ähnlich großherzig wir Ihr Mann zu sein. Ich bin beeindruckt, dass es in Ihren Kreisen so etwas überhaupt gibt.“
    Für Frau Klein und ihren Sohn war die Zeit gekommen, sich zu verabschieden - sie hatten noch zu tun. Auch Benthin schien seine Unterredung mit Jakob inzwischen beendet zu haben. Sie erwarteten die Damen bereits unten in der Eingangshalle. Elli und Benthin mussten versprechen, sich schon bald auf dem Markt an ihrem Stand blicken zu lassen, dann verabschiedete man sich freundschaftlich. Elli war angetan von den Möglichkeiten, die sich ihr im Gespräch mit Frau Klein soeben eröffnet hatten. So bald hatte sie nicht damit gerechnet, eine Antwort auf ihre Frage nach einer sinnvollen Tätigkeit zu finden. Sie war Feuer und Flamme und brannte darauf, Benthin von ihren Absichten zu berichten. Da sein Sekretär Blöhm noch im Büro beschäftigt war, versuchte sie, ihren Mann an der Hand in die Bibliothek zu ziehen:
    „Ich muss Dir etwas Wichtiges sagen…“ Benthin betrachtete ihre Bemühungen amüsiert, entzog sich dann aber ihrem Griff und folgte ihr freiwillig.
    „Was gibt es denn so Dringendes?“ Er war bereits wieder voller Unruhe, da wie üblich noch jede Menge Arbeit auf ihn wartete. Elli war zu enthusiastisch, um sich von mäßigenden Worten aufhalten zu lassen.
    „Ich werde in den nächsten Tagen zum städtischen Frauenverein gehen, der sich um die Versorgung der Armen kümmert, und fragen, wie ich mich dort nützlich machen kann. Weißt Du, wo die Suppenküche zu finden ist?“
    „Du kannst Paulsen bitten, Dich hinzubringen, aber was veranlasst Dich überhaupt zu diesem Vorhaben?“ Ellis Einfall überraschte ihn. Und doch schien ihm dies keine vorübergehende Laune zu sein, sondern ein ernsthaftes Anliegen.
    „Hast Du etwas dagegen?“ Elli fragte sich, ob er nun seinen früheren Worten Taten folgen lassen würde, sie in ihren Bemühungen zu unterstützen, oder ob es lediglich Lippenbekenntnisse gewesen waren, um sie zu umwerben. Sie würde ihr Vorhaben so oder so in die Tat umsetzen, es wäre ihr nur

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