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Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie McKenzie
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fällt hin.
    Der andere Junge ist als Erster bei der Rosskastanie und stößt mit einem Freudenschrei die Faust in die Luft.
    »Ich hab dich geschlagen, Ed, du Trottel!«
    Ed.
    Ich eile zu ihm hin, als er sich vom Boden hochrappelt. Die Haut am Knie ist aufgeschürft – eine rote Stelle.
    »Alles okay mit dir?«, keuche ich.
    Ed ignoriert mich. Er hat die Lippen fest aufeinandergepresst, als versuche er, nicht zu weinen. Von seiner wilden Entschlossenheit ist nichts mehr geblieben. Einen Moment lang sehe ich in seinen Augen nur die Niederlage. Und Scham. Diesen Blick habe ich schon einmal gesehen. Ein Schauer durchfährt mich, als die Erinnerung mich überwältigt – ein Mann, der seine Handflächen gegen einen rauen Pfeiler presst. Diese Steine heilen die Kranken.
    Es sind nicht allein diese Gesichtszüge. Es ist, als sei der Geist meines Vaters gerade über das Gesicht dieses Jungen gehuscht.
    Mein Vater. Mein Sohn.
    Ich blicke über die Schulter. Lorcan spricht mit dem Mädchen, das Ed gerufen hatte. Sie scheint nicht bemerkt zu haben, dass er hingefallen ist.
    Der andere Junge läuft weg, und Ed schaut zu mir hoch.
    »Hi.« Ich hocke mich hin, um auf Augenhöhe zu sein, die Rosskastanie hinter mir. »Du bist Ed, richtig? Es ist tapfer, dass du nicht weinst, obwohl du dir wehgetan hast.«
    Der Junge sieht mich mit großen, ernsten braunen Augen an. Er schaut zu dem Mädchen hinüber, das ihn gerufen hatte. Sie deutet aus dem Schultor hinaus und erklärt Lorcan irgendetwas.
    »Ich fand, dass du gut gelaufen bist«, sage ich. »Du warst schnell.«
    »Ich bin der Schnellste in meiner Klasse.« So wie er das sagt, klingt es wie eine Tatsache, nicht wie Angeberei. Das gleiche Talent etwas darzustellen wie Art. Mein Herz schlägt schneller.
    »Alles okay mit dir?«, frage ich.
    Der Junge schiebt die Lippe vor. Offensichtlich überlegt er, ob es in Ordnung ist, mit mir zu reden. Dann sieht er sich um, betrachtet die anderen Kinder und ihre Mütter. Sein Blick bleibt einen Moment lang auf einer Lücke im Drahtzaun hängen, der den Schulhof, auf dem wir uns befinden, von dem anderen trennt. Ich halte den Atem an und hoffe, dass er seine Umgebung für sicher genug hält, um nicht um Hilfe zu schreien.
    Er scheint sie für sicher genug zu halten. »Ich hätte gewonnen, wenn ich nicht gefallen wäre«, erklärt er.
    »Das habe ich gesehen.« Ich schlucke, brauche dringend weitere Informationen. »Und dein Name ist – Ed was ?«
    Der Junge starrt mich an und ist sofort auf der Hut. »Ich darf nicht mit Fremden sprechen.«
    »Klar.« Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass das Mädchen mich bemerkt hat. Lorcan redet noch immer mit ihr, aber sie kommt auf uns zu. Ich kann sie jetzt beide hören – Lorcan spricht mit einem englischen Akzent, gibt vor, dass sein Kind gerade an dieser Schule angefangen hat.
    »Ich das deine Mama?«, frage ich. Meine Handflächen sind schweißnass.
    Ed rümpft die Nase. »Nee, das ist nur Kelly. Sie passt auf mich auf.«
    Das ist doch schon mal was. Zumindest ist Arts geheimnisvolle Frau nicht selbst noch ein Kind. Ich gehe erneut die Möglichkeiten durch. Eine davon wäre natürlich Sandrine. Und Hen, obwohl ich mir das nicht vorstellen kann. Charlotte West ist älter, als ich das von dieser Frau annehmen würde. Vielleicht ist es ja auch jemand, den Art von der Arbeit her kennt, wie Siena, seine Sekretärin, oder Camilla beim Empfang. Oder die Frau eines Kunden.
    Ed sieht zu mir hoch.
    »Wo wohnst du?«, frage ich.
    »Ein Stück von hier«, sagt er ernst.
    »Nur noch eine Sache …« Lorcans Stimme klingt jetzt sehr nah.
    Kelly ist beinahe hier. Mir bleibt nicht viel Zeit.
    Ed schaut immer noch zu mir hoch. Ich kann nicht aufhören, ihn anzustarren, dieses unschuldige kleine Gesicht und die runden dunklen Augen in mich aufzunehmen, während ich von Gefühlen überwältigt werde. Ich weiß, dass ich weggehen sollte. Dass ich seinen Namen habe und seine Schule kenne … dass ich dem Kind nur Angst machen werde, wenn ich versuche, viel mehr zu sagen … dass Lorcan sein Kindermädchen nicht mehr viel länger aufhalten kann … aber ich kann nicht aufhören, ihn anzusehen. Ich nehme mein Handy heraus, bete, dass keiner der Erwachsenen merkt, was ich tue.
    »Sag cheese!«, fordere ich ihn auf.
    Ed schaut finster drein. Schnell mache ich das Foto.
    »Danke.«
    Ed sieht mich unverwandt an. Dies ist mein Kind. Mein Baby. Es ist, als habe man in meinem Herzen einen Schalter angeknipst, und ich merke, wie

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