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Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie McKenzie
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hochmütige Schwägerin aus heiterem Himmel die verborgenen, fürsorglichen Tiefen ihres Gemüts offenbart. Ich sehe auf. Morgan errötet noch einmal und wendet ihr Gesicht etwas zur Seite. Für einen Moment wirkt sie ungeheuer verletzlich.
    »Der Schmetterling ist ein Symbol für den Wandel. Ich dachte, dass könnte dir vielleicht helfen …« Sie überlegt. »Ich will dich nicht bevormunden, Geniver, aber ich weiß gut, wie es ist, wenn man festsitzt, und ich dachte, das würde dir vielleicht helfen, neu zu beginnen und Veränderungen gegenüber offen zu sein. Vielleicht könntest du sogar wieder schreiben.«
    Morgans Einblick in mein Leben ist nicht leicht zu verdauen, aber ich bin wirklich bewegt und voller Dankbarkeit für ihre Güte. Ich laufe zu ihr hin und drücke sie fest an mich.
    »Vielen, vielen Dank.« Ich habe Tränen in den Augen.
    »Gern geschehen.« Schon gewinnt ihre Stimme wieder die alte Schärfe, die Verletzlichkeit verblasst.
    Sie löst sich von mir, und ich trete zurück. Sie muss sich wieder hinter ihren Schutzschild begeben. Ich lege das Schmuckstück um mein Handgelenk und drehe es so, dass die in Brillanten eingelegten Buchstaben im Licht funkeln.
    »Das werde ich dir nie vergessen«, sage ich.
    Morgan zuckt mit den Achseln. Ihr Blick wandert über die Dips, die – größtenteils noch ungeöffnet – über die Arbeitsfläche verstreut sind. Und obwohl ich weiß, dass im Kühlschrank und in der Speisekammer eine ganze Reihe von Köstlichkeiten bereitstehen, komme ich mir unzulänglich und planlos vor – vertraute, schmerzhafte Stiche der Selbstverachtung.
    Morgan ist so präsent, jettet von einer Besprechung zur nächsten durch die ganze Welt, ohne dass bei ihr auch nur ein Härchen aus der Reihe tanzt. Und findet dabei noch Zeit für eine Aufmerksamkeit wie diese, während ich es kaum vor Mittag nach unten schaffe – mit Ei am Jackenrevers. Wenn sich Morgan dieses Haus ansieht, muss sie sich fragen, was ich so treibe den lieben langen Tag.
    Zum Teufel, ich frage mich das selbst.
    »Wenn ich hier nichts helfen kann«, meint sie, »dann gehe ich jetzt unter die Dusche.«
    Mir bleibt der Mund offen stehen. Was hat sie die letzten drei Stunden gemacht, wenn sie noch nicht einmal geduscht hat? Aber sie ist schon verschwunden. Als sie wieder nach unten kommt, das Haar kunstvoll in lange, dunkle Locken gedreht, mit einem seidenen Morgenmantel zum Schutz über der Abendgarderobe, da ist alles fertig angerichtet und wieder im Kühlschrank. Wohnzimmer und Küche sind in halbwegs präsentablem Zustand, ich schalte die Musik ein und zünde die Kerzen an, die Hen aufgestellt hat.
    Art muss jeden Moment kommen, und bis zur Ankunft der Gäste bleiben nur noch zwanzig Minuten, weshalb ich jetzt unbedingt hinauf möchte, um mich umzuziehen. Natürlich ruft genau in diesem Moment Mum aus Australien an.
    »Wie geht es dir, meine Süße?«, gurrt sie.
    »Prima, Mum, wie ist der Urlaub?«
    »Super, meine Süße … bloß dass sich Dougs Darmreizung die letzten Tage wieder wichtig gemacht hat und mein Golfspiel völlig hoffnungslos ist. Auf den letzen neun bin ich gestern völlig eingegangen …« Sie schwafelt noch ein paar Minuten weiter. Ich versuche zuzuhören, habe aber tausend andere Dinge im Kopf. Im Grunde haben wir beide praktisch nichts gemein. Bei ihr dreht sich alles um Golf und Bridge und darum, in welcher Farbe die Schabracken am besten zu ihrer neuen Sitzgruppe passen. Sie liest nicht und hält es für ungehörig, sich über etwas zu unterhalten, das auch nur entfernt mit Politik, Philosophie oder Religion zu tun hat. Sie versteht weder, warum ich Romane geschrieben, noch, warum ich damit aufgehört habe.
    Sie hat mir das zwar nie ins Gesicht gesagt, aber insgeheim denkt sie bestimmt, dass ich von Glück sagen kann, dass Art es mit mir aushält. Vielleicht wäre unsere Beziehung eine andere, wenn ich ihr Enkel geschenkt hätte, aber so wie die Dinge stehen, ist der Graben, der uns trennt, nicht zu überbrücken.
    Als Art hereinkommt, erzählt sie gerade von Ayers Rock und dem netten Paar, mit dem sie und Doug gestern zu Abend gegessen haben. Ich beobachte, wie Morgan auf Art zuschwebt. Der Morgenmantel rutscht von der Schulter und lässt einen feinen roten Träger aufblitzen. Die Art, wie sie die Arme öffnet, um sich von ihm umarmen zu lassen, hat etwas Besitzergreifendes. Nein, nicht besitzergreifend. Beherrschend. Bei Morgan ist das nicht verwunderlich – und vielleicht ist das ja zwischen

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