Seit jenem Tag
doch nur mit ihr reden könnte – über den Chip, über das, was Madeline sagte, über die aufgehäuften Kleider –, doch sie ist so sehr in Sallys Bann, dass sie vermutlich Verrat wittern würde.
»Das ist eine schöne Idee.«
Natürlich möchte er, dass ich Jules mitbringe, sie ist die perfekte Alibifreundin. Aber es versetzt mir einen Stich, was jeder Logik entbehrt, denn natürlich durften wir uns so bald noch nicht zusammen sehen lassen. Ich kann mir gut vorstellen, wie das von außen betrachtet aussehen würde – schließlich sieht es die meiste Zeit auch von innen betrachtet so aus. Ich sollte mich auf den Weg zur U-Bahn machen und etwas Distanz wahren, wenigstens für die nächsten paar Wochen.
»Ich würde dich ja gern noch zu mir einladen«, sagt er und beugt sich für einen Kuss über mich, »aber ich muss morgen schon in aller Herrgottsfrühe in Westminster sein.«
»Natürlich«, antworte ich und versuche mich davon zu überzeugen, dass dies meinen Wünschen entgegenkommt.
»Ich wollte dir noch sagen, dass Madeline dieses Wochenende bei ihren Cousins verbringt. Was hältst du also davon, für eine Nacht wegzufahren?«
»Wirklich?« Meine dummen Gefühle zerstreuen all meine Zweifel.
»Ich habe es genossen … ich fand es schön, dass wir uns, als wir in Dorset waren, ein wenig besser kennenlernen konnten. Ich werde meine Assistentin fragen, ob sie mir was empfehlen kann.«
Ich auch. So erfreulich eine richtige Verabredung auch ist, kann ich doch nicht umhin, die Zeiten zu vermissen, in denen es noch in der Schwebe lag, ob aus uns beiden mehr werden könnte.
»Großartig!«, sage ich, ohne mir meine Freude allzu sehr anmerken zu lassen.
Als er mich daraufhin küsst, lasse ich mich einfach fallen und genieße es. Vielleicht muss ich einfach mehr Vertrauen haben.
Am Mittwochmorgen sitze ich gerade über einer SMS , um mich bei ihm für das Abendessen zu bedanken, doch dann fallen mir seine Meetings ein, und ich warte bis zur Mittagszeit. Es ist zwar armselig, aber ich möchte, dass er sie zu einem Zeitpunkt bekommt, der ihm auch erlaubt zu antworten, trotz all meiner unnützen Strategien erhalte ich allerdings erst um zehn Uhr abends eine Antwort. Es war mir eine Freude, William, steht da, ohne Kuss. Er setzt nie Küsse in seine Nachrichten, aber wenigstens schreibt er nicht mehr Alles Gute. Ich starre darauf und versuche nicht enttäuscht zu sein. Es wäre dumm von mir, mehr von ihm zu erwarten als das, was er geben kann, sehr dumm sogar. Außerdem kann ich mich auf das gemeinsame Wochenende mit ihm freuen, eine Aussicht, die trotz allem meine Schmetterlinge im Bauch tanzen lässt.
In der Mittagspause am Donnerstag überlege ich, ob ich ihn nicht anrufen und fragen soll, wie der Plan aussieht, damit ich weiß, ob ich am nächsten Tag mit meiner Reisetasche in den Verlag kommen soll. Doch etwas hält mich davon ab. Stattdessen ziehe ich los und kaufe mir Reisekosmetika, die ich mir eigentlich gar nicht leisten kann, und schleiche dann durch die Wäscheabteilung von Selfridges und halte mir winzige seidige Dessous an den Körper. Ich komme damit auch fast bis zur Umkleide, doch dann wird mir übel: Mir kommt die Erinnerung an den Geburtstagsbody in die Quere – und zwar in dem Moment, als ich in Erwägung ziehe, mich aufzuhübschen, um Sallys Ehemann zu verführen. »Tut mir leid«, murmele ich wieder einmal und hänge BH und Höschen auf die nächste Stange, als könnte ich mir daran die Finger verbrennen. Ich wette darauf, dass es unglaublich war, wenn sie sich herabließ, mit ihm zu schlafen: Ich weiß, wie sie ist, wie sie war, sie hat sicherlich eine Hollywood Wives -reife Performance hingelegt, um sicherzustellen, dass er sich nach ihr verzehrte, bis sie das nächste Mal geneigt war, ihn mit ihrer sexuellen Großzügigkeit zu beschenken. Das dürfte auch der Grund für seine eigene Geschicklichkeit sein, sicher hat sie ihm alles beigebracht, was er weiß. Ich bahne mir meinen Weg zur Rolltreppe, weil ich plötzlich nur noch raus will aus dieser Enge und der stickigen Luft.
Am Freitagmorgen bin ich schon richtig verzweifelt und verspannt. »Eine Nacht« – was für eine grausame Unterscheidung, hätte er »übers Wochenende« gesagt, hätte ich ihn bitten können, unser Verhältnis näher zu bestimmen, ohne wie eine Idiotin dazustehen. Ich will ihn nicht belästigen, weil ich Angst habe, er könnte vor einer Beziehung die Flucht ergreifen, der er sich nur mit halbgeschlossenen Augen
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