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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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nicht«, erwidert er, schlüpft in einen Morgenmantel und steuert das Bad neben dem Schlafzimmer an.
    Ich atme tief ein und aus und nehme mir ganz fest vor, die Nerven zu bewahren. Als er zurückkommt und das Bad für mich freigibt, sieht er mich kaum an. Ich überlege, ob ich seine elektrische Zahnbürste benutzen darf, eine Frage, die sich eigentlich erübrigt, nachdem sein Mund so gut wie alles von mir erkundet hat. Ich mache es aber doch nicht, sondern reibe mit dem Finger etwas Zahnpasta über mein Zahnfleisch, springe unter die Dusche und ziehe die Kleider an, die klein zusammengerollt in meiner großen Handtasche liegen, weil ich von ihm nicht für anmaßend gehalten werden wollte.
    Madeline sitzt vor einer Schale Porridge und hat das geöffnete Buch an den Toastständer gelehnt.
    »Kapitel fünf«, verkündet sie wichtigtuerisch, sobald ich auftauche.
    »Wir lesen und essen aber nicht gleichzeitig«, ermahnt William sie. »Iss bitte erst deinen Porridge auf.«
    Madeline und ich tauschen einen Blick, und es fällt mir schwer, neutral zu bleiben. Williams Laune kann einem wirklich zusetzen. Am liebsten würde ich sofort abhauen, aber ich fühle mich an mein Versprechen gebunden.
    »Kaffee?«, fragt er und setzt dabei wieder sein hölzernes Lächeln auf. Ich könnte ihn dafür ohrfeigen.
    »Das wäre reizend.«
    »Bei Mummy musste ich nicht immer alles aufessen«, meutert Madeline und sticht mit dem Löffel wild in ihren Porridge, um Türme zu bauen. »Nicht, wenn ich schon satt bin.«
    Williams Gesicht spiegelt eine tiefe Müdigkeit, die er allerdings sofort unterdrückt. Und auf einmal ist mein Bedürfnis, ihm eine Ohrfeige zu geben, verschwunden.
    »Noch drei große Löffel voll, dann kannst du aufhören.«
    Ich mag mich täuschen, aber ich glaube nicht, dass es das war, was sie ihm vermitteln wollte.
    »Hat deine Mummy denn gern Porridge zum Frühstück gegessen?«, hake ich sanft nach, obwohl ich mir die Antwort eigentlich denken kann.
    »Nei-ein«, sagt Madeline und muss bei dieser Vorstellung kichern. »Mummy mag Kaffee wie du, aber nicht mit Milch, und dazu eine Scheibe Brot ohne Butter. Butter ist was für Dicke.«
    »Ich mag Butter«, erwidere ich, entsetzt über diese Botschaft, aber dann fällt mir ein, dass ich auf gar keinen Fall Sallys Diktaten widersprechen sollte. Madeline hat ohnehin so wenig, woran sie sich festhalten kann.
    William reagiert darauf mit einem trüben Lächeln und erteilt Madeline dann die Erlaubnis aufzuhören. Bevor ich endlich flüchten kann, liest sie mir vier Seiten aus Hanni und Nanni vor, was sehr lange dauert, weil sie oft Pausen einlegt, um mich in die Verwicklungen der Hintergrundgeschichte einzuweihen (»Es gibt in der ganzen Klasse kein Mädchen, das so ungezogen ist wie sie, und die Französischlehrerin lässt sie in der zweiten Klasse hundert Mal Ich werde mich benehmen schreiben.«). »Das war toll!«, werfe ich ein, als sie zwischen zwei Szenen innehält, um Luft zu holen. »Aber leider muss ich jetzt zur Arbeit gehen.«
    »Ich verstehe«, sagt sie auf die für sie typische ernste Weise, und ich springe erleichtert auf und greife nach meiner Tasche. »Warum hast du denn nicht in deinem Bett in deinem Haus geschlafen, Olivia?« Ich erstarre. Meine Augen huschen zu William, aber seine Miene ist wie versteinert. Eine Sekunde lang fühle ich mich mutterseelenallein. »Nun, es war sehr spät …«
    »Warst du sehr, sehr müde?«
    »Das war sie«, antwortet William. »Und jetzt müssen wir sie zur Arbeit gehen lassen, und du musst zur Schule.«
    »Und du zur Arbeit!«, ergänzt Madeline. »Nach Deutschland.«
    »Erst am Montag.« Er wendet sich mir zu. »Entschuldige, ich hätte es erwähnen sollen. Ich bin in Frankfurt zu Meetings.«
    »Oh! Okay.«
    Warum hat er es mir nicht gesagt? Nicht dass er es müsste, aber es wäre ja wohl nicht zu viel verlangt gewesen, mir das kurz mitzuteilen.
    »Das bedeutet, dass ich dich sehr wahrscheinlich erst übernächste Woche wiedersehen werde. Bei der Taufe.«
    »Und dann gehen wir zu meiner Oma und meinem Opa und nicht zu meiner Großmama und meinem Großpapa, und ich werde getauft werden, und du wirst meine Patin.«
    »Das werde ich«, sage ich, und die Worte bleiben mir im Hals stecken. Ich wage es, mich über sie zu beugen und ihr einen Abschiedskuss zu geben, und verstecke dankbar mein Gesicht hinter dem dichten Vorhang ihres dunklen Haars.

Kapitel 20

    Heute wird nicht zu lang geschlafen. Ich habe den Wecker auf sieben Uhr

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