Seit jenem Tag
frustrierend es auch ist, bin ich doch zu jenen winzigen Website-Fotos zurückgekehrt und versuche Männer zu finden, die es wert sind, den »Favorit«-Status zu bekommen. Und Amy hat Pete den Piloten entdeckt, einen gut aussehenden Vierzigjährigen, mit dem ich in den letzten paar Tagen E-Mails ausgetauscht habe.
»Sieh ihn dir an!«, sagt sie und nimmt das Foto genauer unter die Lupe. Er trägt seine Uniform, was wohl doch ein wenig übertrieben ist, aber er sieht so gut darin aus, dass man ihm das schwer zum Vorwurf machen kann. »Er ist scharf, keine Frage.«
»Er hat mir um die Mittagszeit gemailt, nachdem ich überprüft hatte, dass sein Profil keinen Anlass zur Besorgnis gibt, aber du weißt ja, niemand ist perfekt. Er hat ein paar Kinder, doch die sind schon Teenager und machen vermutlich ihr eigenes Ding.«
»Der ist es definitiv wert, sich mit ihm zu verabreden«, meint Amy. »Außerdem haben sie in dem Alter alle Kinder, und wenn sie keine haben, sind sie wahrscheinlich irgendwie gestört.«
Ich muss an William denken, an seine bleiche, angespannte Miene, als er wieder mit neuen schlechten Nachrichten zurechtkommen musste. Ich bin froh, dass ich ihm morgen helfen kann, bei alldem, was er derzeit durchzumachen hat.
»Hat Evan denn Kinder?«
»Nein, aber wir sind auch schon zusammen, seit …« Sie lässt den Satz unbeendet, weil sie nicht herablassend wirken möchte. »Pete hört sich gut an, du solltest es versuchen.«
»Danke.«
Am Ende bleibe ich dann bis nach zehn Uhr und kritzele die Ideen auf, die mir durch den Kopf schießen, aber nicht wirklich Bestand haben, und verteile Couscouskrümel von meinem Take-away über meinen zugemüllten Schreibtisch. Ich rufe James ein paar Mal an, doch er geht nicht dran. Bei meiner Rückkehr ist das Haus dunkel und still, und ich schleife meinen Computer auf den Küchentisch und schenke mir ein Glas Wein ein, bevor ich mich ein letztes Mal einlogge. Eine neue Nachricht von Pete! Großartig!, hat er geschrieben. Wenn Du wirklich keine Bedenken hast, lass uns ohne langes Federlesen was planen. Süß, dieses »ohne langes Federlesen«, wie reizend und altmodisch. Er hat mir seine Telefonnummer mitgeteilt, die ich gerade in mein Handy zu übertragen versuche, als hinter mir ein durchdringender Schrei ertönt. Ich wirbele herum und sehe eine dünne Blondine mit nichts weiter als einem von James’ Arbeitshemden bekleidet im Türrahmen stehen. James kommt mit einem Handtuch um seine Hüften aus seinem Zimmer geschossen.
»O Mann, tut mir leid«, sagt er, »ich hätte es dir sagen sollen …«
»Das wäre nett gewesen …«, beginne ich.
»Das ist Livvy, meine Mitbewohnerin.«
Erleichterung überflutet das Gesicht von Bohnenstange bei der Nachricht, dass ich nicht seine rachsüchtige Ehefrau bin, die mit einem Brotmesser auf der Lauer liegt und eine Google-Recherche über Schuldunfähigkeit dank zeitweiliger Unzurechnungsfähigkeit in petto hat.
»Wie dumm von mir«, sagt sie kokett, »ich bin einfach erschrocken.«
Wenn du dir vielleicht erst Gedanken machen – ich weiß nicht, vielleicht mehr als zwei Stunden mit einer Frau verbringen würdest, ehe du sie in deinen Bau zerrst –, dann gäbe es auch keine bösen Überraschungen, sage ich mir und versuche das mit meinen zu schmalen Schlitzen verengten Augen zu vermitteln. James bemerkt es gar nicht.
»Das ist Matilda«, sagt er und linst neugierig auf meinen Bildschirm. Ich versuche den Laptop zuzuschlagen, aber seine Hand schnellt nach vorn und klappt ihn wieder auf.
»Pete der Pilot«, sagt er und überfliegt die Seite rasch.
»James!«, rufe ich mit einem Blick auf Bohnenstange. Sie tut mir fast leid, wie sie da von einem Fuß auf den anderen tritt und vergebens versucht, das Hemd auf eine züchtige Länge zu bringen.
»Ach komm, Livvy, selbst wenn er gut mit seinem Steuerknüppel umgehen kann, das lohnt sich nicht. Du kämst nicht damit klar.«
»Weißt du was, die meisten Leute in unserem Alter haben Kinder. Das ist ganz normal.« Meine Blicke schweifen zu Bohnenstange, deren perfekter 20plus-Bauch aussieht, als hätte er noch nicht mal ein Croissant beherbergt, geschweige denn ein Baby. Es ist so verdammt unfair, dass er bei seinen Dates die Altersskala in beiden Richtungen ausschöpfen kann. Plötzlich bin ich richtig wütend. »Ich habe dich nicht nach deiner Meinung gefragt. Geh mit Martha …« James blickt sich zeitgleich mit mir um, was meinen Argwohn schürt, dass auch er es nicht
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