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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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lindern, doch es war, als hätte sich die Windrichtung geändert und er bliebe für immer dort.
    »Tschüss, Livvy.«
    »Sag das nicht so!«, erwiderte ich in der Hoffnung, das Ruder wieder herumreißen zu können, wenn ich mich taub stellte.
    »Es ist nicht richtig«, sagte er schlicht.
    Ich nahm seine Hand in meine, denn darauf war ich nicht im Geringsten vorbereitet, obwohl ich es hätte sein sollen. Was anderes hatte ich nicht verdient. »Es ist nicht so, dass ich dich nicht liebe«, sagte ich.
    Wer konnte ihm verdenken, dass er sich von diesem Wortgewirr abwandte und ging?
    »Gute Nacht, Geburtstagskind«, sagte er und suchte rasch das Weite, zu freundlich, um mir mitten auf meiner eigenen Party eine Zusammenfassung meiner zahlreichen Sünden zu geben. Wenn ich jenen Teil der Livvy wiederfinden könnte, würde ein Teil von mir sie bedrängen, ihm hinterherzulaufen und ein paar sicher behütete Jahre zu gewinnen und auf diese Weise dem Trauma aus dem Weg zu gehen, das auf sie zugerast kam, aber vielleicht hatten weder er noch ich etwas so Durchschnittliches verdient. So jedoch stand ich da und starrte ihm hinterher, unfähig zu ergründen, ob der Schmerz in meiner Brust verletzter Stolz war oder der Verlust, der mich in meinen Grundfesten erschütterte.
    Sally fand mich so und drückte mich fest, nachdem ich ihr erzählt hatte, was passiert war, und hüllte mich ein in ihren vertrauen Duft aus Marlboro Lights und Chanel N° 19 – jahrelang würde mein Kopf sich in der U-Bahn umdrehen, wenn dieser Geruchscocktail einem Körper in meiner Nähe entströmte. »Dieser Trottel«, wiederholte sie mehrmals, »wie konnte er dir das an deinem Geburtstag antun?« Anfangs trat ich noch für die Wahrheit ein und protestierte, dass es viel komplizierter war als das, aber nach und nach fing ich mich wieder, wischte meine Augen trocken und kehrte tapfer als die verletzte Heldin, zu der sie mich gemacht hatte, in das Getümmel auf der Tanzfläche zurück. Sally vergeudete keine Zeit und erzählte James, was passiert war, und auch er zeigte sich entrüstet.
    Sally begann mit einem Typen von der Technischen Universität zu flirten, Shaun, der sich aus der Hauptbar ins Nebenzimmer geschlichen hatte, und James und ich fanden immer öfter tanzend zusammen. Zwar keinen Stehblues – das lässt sich zu Come On Eileen kaum bewerkstelligen –, aber es war auch mehr als getrenntes Tanzen dicht nebeneinander. Mich machte es high, und der Schock, von Matt verlassen worden zu sein, schürte die Intensität des Augenblicks – seine Finger streiften mich öfter als nötig, sein Lächeln kam einer trägen, lässigen Einladung gleich, und bald schon sehnte ich mich danach, von ihm geküsst zu werden. Wenn ich jetzt daran denke, schaudert mich: Ich kann nur hoffen, dass es an meiner Unreife lag, die mich von einem anderen Jungen träumen ließ, kaum dass mein Freund unsere Beziehung mehr oder weniger beendet hatte.
    Schließlich gingen die Lichter an, und wir mussten uns erst wieder zurechtfinden. »Sally meinte, ich könnte bei euch im Haus pennen«, sagte James und bohrte seinen Blick in mich, und schon kehrten meine alten Ängste wieder zurück und erinnerten mich schmerzhaft daran, dass hinter ihnen mehr steckte als nur ein Mantel, den ich nach Belieben abstreifen konnte. Ich versuchte sie zu ignorieren, versuchte mein Inneres in Einklang mit meinem glänzenden Äußeren zu bringen und griff impulsiv nach James’ Hand. Er drückte sie, schlang lässig einen Arm um meine Schulter, und wir zogen los, um Sally zu suchen. Ich war bemüht, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mein Körper bebte. Sie stand mit Shaun auf dem Hinterhof und teilte sich eine Zigarette mit ihm, und bald darauf saßen wir zu viert zusammengepresst im Taxi und winkten Lola fröhlich zu, die mit Justin auf dem Gehweg zurückblieb, während wir zu unserem Studentenheim aufbrachen. Ich weiß noch, dass Shaun dazu verdammt worden war, vorne zu sitzen und Konversation mit dem Fahrer zu machen, während wir drei auf dem Rücksitz Platz nahmen.
    Als wir unser Ziel erreicht hatten, zeigte ich James mein winzig kleines Zimmer und ließ ihn zum Schein seinen Schlafsack ausrollen, während ich ins Badezimmer ging. Ich verriegelte die Tür und betrachtete mein Gesicht mit dem von Tränen und schweißtreibendem Tanzen verschmierten Make-up. Ich wischte es nicht ab, sondern frischte es auf; niemals hätte ich den Mut aufgebracht, James ohne dessen Schutz entgegenzutreten.

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