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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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die jeden Sonntag ohne ihren Mann zur Messe geht.
    »Ein Mann wie Jesus hätte aber niemals meine Tochter geschwängert!«
    Ich merke, wie wir einander umkreisen und uns immer tiefer in den lange überfälligen Mutter-Tochter-Konflikt hineinsteigern. »Was ist denn so falsch an einem Zimmermann?«, zische ich. »Ich habe einen Rechtsanwalt geheiratet, und du hast ihn als Potz bezeichnet. Jetzt schlafe ich mit einem Metzger, und für dich ist er ein Prinz. Was sollte diese Tochter tun? Einen Präsidenten anschleppen, der weiß, wie man einen Braten zerlegt?«
    »Sie war noch ein Kind! Sie wollte ihn heiraten! «, brüllt Helen, die aufgesprungen ist und wild gestikuliert, als wolle sie jemandem eine Verletzung zufügen. »Sechzehnjährige, die in der National Honor Society sind, heiraten doch keinen Zimmermann und kriegen Kinder!«
    »Ma!«, rufe ich und springe selbst auf. »Vielleicht hat sie ihn ja geliebt! Vielleicht wollte sie ihn ja heiraten!«
    Diesmal reißt Helen die Hand weit zurück, bevor sie mir eine runterhaut. »Ich wollte nicht, dass mein Baby diesen Johnny Bellusa heiratet!«, schreit sie, und Tränen strömen über ihre Wangen. »Reicht dir das? Ja?«
    Ich spüre den Schmerz von dem Schlag kaum.
    Johnny Bellusa.
    Das also ist der Name meines Vaters. Das also ist mein Leben: Von einer Stracuzza bin ich nun plötzlich zu einer Bellusa geworden.
    Ich spüre, wie Helen die Arme um mich schlingt, während ich neben dem Esstisch stehe und eine Teetasse mit Goldrand anstarre, eine weiße Papierserviette, einen Löffel. Plötzlich zucken meine Schultern.
    »Sie hat das Kind im Little Flower Home für unverheiratete Mütter bekommen«, fährt sie fort, streichelt mir über den Rücken, und ihre Tränen benetzen meinen Nacken. »Eine Steißgeburt. Beinahe wäre sie dran gestorben.«
    »Verkehrt herum durch den Kanal«, schluchze ich.
    »Sie wollte nicht, dass wir es zur Adoption freigeben. Sie hat es nach Hause gebracht, dann ist sie verschwunden.«
    Ich schmiege mich an ihre schmalen Knochen. Plötzlich wünsche ich mir, dass meine Großmutter mich mit meinem richtigen Namen anspricht. Ich will für sie Roseanna Plow sein, nicht dieses es, das von Alexa Pulkowski zurückgelassen wurde. Ich kann ein lautes Schluchzen nicht unterdrücken, und Helen Pulkowski, die einzige Mutter, die ich je hatte, streicht mir sanft über den Rücken, wie man es bei einem Säugling macht. Natürlich nur, wenn man das Kind nicht für immer weggibt.
    Dann hören wir einen Schlüssel im Schloss, und Ham kommt herein. »Ich habe meinen Geldbeutel vergessen«, sagt er zu uns, und ich weiß, dass ich mir bis ans Ende meines Lebens nicht sicher sein werde, ob er das nur vortäuscht oder nicht. Er kommt zu dem Häufchen Unglück, das Helen und ich bilden, löst mich sanft aus ihren Armen und zieht mich in seine.
    »Hallo, Rosie«, flüstert er in mein Haar.
    Ich hänge an ihm wie an einem Rettungsboot.

17
Wofür hat man Freunde?
    »Rosie? Wird auch Zeit, dass du drangehst. Ich habe mir schon überlegt, ob du dir vielleicht beim Duschen die Hüfte gebrochen hast und nun im Seifenschaum daliegst.«
    Ich werfe einen Blick auf die Uhr und versuche, mich zu erinnern, welcher Tag heute ist. Warum weckt Marcie mich am Wochenende morgens? Na gut, mittags. Missmutig setze ich mich auf. Die Sonne, die durch die Schlitze meiner Jalousie strömt, blendet mich. »Was ist denn, Marcie?«
    »Komm mir nicht so. Du kannst dir doch denken, dass ich mit deiner Mutter gesprochen habe. Du hast zum Kotzen ausgesehen, als du gestern das Büro verlassen hast. Tatsache ist, dass du auch schon zum Kotzen aussahst, als du kamst . Deine Schuhe haben nicht zu deiner Handtasche gepasst! Ich hatte Angst, dass du nach Hause gehst und den Kopf in den Ofen steckst. Ich hätte dich auch noch gestern Abend angerufen, aber Seanie hat mich zu unserem Jubiläum ausgeführt.«
    »Was für ein Jubiläum?«
    »Es ist genau sechs Monate her, dass wir es zum ersten Mal gemacht haben.«
    »Du veräppelst mich, oder?«
    »Nein. Manche Leute feiern den Tag, an dem sie sich kennengelernt haben. Wir feiern den Tag, an dem wir das erste Mal miteinander geschlafen haben. Das ist schließlich viel romantischer. Aber darum geht es jetzt nicht. Sondern darum, dass du in letzter Zeit aussiehst wie eine Psychopathin, und wir hatten noch keine Gelegenheit, miteinander zu reden.«
    Ich klettere aus dem Bett und schlinge den Bademantel um mich, den Telefonhörer noch immer am Ohr. Ich bin

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