Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
Vom Netzwerk:
Probleme in den Griff zu bekommen, als Problem Nummer zwei plötzlich durch die Hintertür wieder hereinkam. Und schuld daran war einzig und allein Hannes’ Mutter.
    Als ich aus Paris zurückkam und noch kurz in der Redaktion vorbeischaute, tauchte Hannes plötzlich an meinem Schreibtisch auf, druckste eine Weile herum und fragte dann, ob ich heute Abend noch einen Termin hätte.
    »Ja«, stöhnte ich geschafft. »Einen ziemlich wichtigen sogar. In meinem Bett, mit einem guten Buch und einer Flasche französischem Rotwein, die ich mir als Belohnung mitgebracht habe.«
    »Gut.« Erleichtert fasste er mich am Arm und drängte mich in Richtung Ausgang. »Dann können wir ja gleich los.«
    Ich schaute ihn irritiert an. Bisher hatte unsere neue Regelung doch hervorragend geklappt. »Vielleicht sollte ich noch hinzufügen, dass ich vorhabe, diesen Termin alleine wahrzunehmen.«
    »Nicht zu Ihnen, zu mir«, erklärte er, als würde das die Sache besser machen. Aber dann sah Hannes mich für einen Chef überraschend hilflos an. »Ich habe ein Problem. Meine Mutter kommt morgen zu Besuch.«
    Ich musterte ihn ungläubig. »Und Sie müssen ihr eine Verlobte präsentieren?«
    Hannes lachte kurz auf. »Nein, eine ordentliche Wohnung würde schon reichen.«
    »Wie bitte?« Wollte er mich jetzt auch noch als Putzfrau einsetzen? »Also, das ist jawohl jetzt echt …«
    »Bitte. Schau es dir erst mal an«, unterbrach Hannes mich flehend, und zehn Minuten später wusste ich, warum es so dringend war.
    »Wusstest du, dass die Möbel noch gar keine Möbel sind, wenn sie von deinem Lieblingsmöbelhaus geliefert werden? Zweiundsechzig Kartons. Ich habe genau zweiundsechzig Kartons gezählt. Und da sind meine eigenen noch gar nicht eingerechnet.«
    Er hatte sich nur notdürftig einen Weg durch die Kartons zur Küche und zur Treppe nach oben gebahnt, aber ansonsten war der Eingangsbereich zu seinem Loft komplett zugebaut.
    »Ich war nicht da, als die Lieferung kam, sonst hätte ich denen mal die Meinung gegeigt. Aber jetzt sind die Möbel hier und eigentlich ist es nur noch schlimmer als vorher.«
    Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Manchmal wirkte er doch wie ein Fachidiot, ein abgedrehter Schreiberling, der keine Ahnung von der wirklichen Welt jenseits der Sportplätze hatte.
    »Und wie lange stehen die jetzt schon hier?«
    »Ich weiß nicht, zwei, drei Wochen vielleicht? Aber jetzt kommt meine Mutter und …« Er sah mich verzweifelt an, und ich schüttelte grinsend den Kopf. Wieso wurden wir alle eigentlich wieder zu kleinen Kindern, wenn unsere Eltern plötzlich vor der Tür standen? Reichte es nicht, dass man ihnen einen ordentlichen Job, ein fünfstelliges Monatsgehalt und die Aussicht auf den Posten als Chefredakteur präsentieren konnte? Musste es auch noch eine ordentliche Wohnung sein?
    »Diese verdammten Bauanleitungen hat irgendein Schwachkopf geschrieben, oder besser, gezeichnet, er denkt nämlich, er käme ohne jegliche Erklärungen in Form von Wörtern aus, aber das stimmt nicht. Bitte, Karina, du kennst dich doch bestimmt damit aus.«
    Es war köstlich. Ich hätte mir noch stundenlang sein Fluchen, Flehen und Bitten anhören können, schließlich sah man seinen Chef nicht alle Tage am anderen Ende der Hierarchie, aber ich fragte mich wirklich, was genau er von mir erwartete.
    »Also, verstehe ich das jetzt richtig: Du willst Regale zusammenbauen und bittest die einzige Frau in deiner Redaktion um Hilfe?«
    »Na ja, mit deinen Kollegen bin ich …«
    »… nicht im Bett gewesen, schon klar.«
    »… nicht so gut befreundet, wollte ich eigentlich sagen, aber so kann man es auch ausdrücken. Und außerdem bist du doch die Fachfrau.«
    »Im Einkaufen, ja. Aber doch nicht im Aufbauen.«
    »Aber irgendwie musst du doch deine Möbel auch zusammengebaut haben.«
    »Na ja, dafür war dann eigentlich immer irgendwie ein Mann im Haus.«
    Schon hatte Hannes wieder die Oberhand gewonnen und nutzte den Geschlechterkampf geschickt für sich aus.
    »Und ich dachte, du gehörst zu den Frauen, die alles selbst in die Hand nehmen.«
    Ich sah erst ihn an, dann die Kartonberge und wusste, dass ich die Verabredung mit meinem Bett auf später verschieben musste. Viel, viel später.
    Wir brauchten schon eine geschlagene Stunde, um die unterschiedlichen Schrauben und sonstigen Kleinteile den jeweiligen Abbildungen in der Bauanleitung zuzuordnen. Bis wir die Kopfteile von den Fußteilen unterscheiden konnten, war eine weitere halbe Stunde

Weitere Kostenlose Bücher