SEK – ein Insiderbericht
neben der Tür hinkniet, sich vorbeugt, den Briefkastenschlitz öffnet und – die Tatsache völlig ignorierend, dass dort gerade mehrere Schüsse genau an dieser Stelle durch die Tür abgefeuert worden sind – durch die Klappe ins Innere des Gebäudes peilt. Über Funk meldet er in aller Seelenruhe: »Ich seh den Typen, der sitzt im Wohnzimmer hinter einem umgeworfenen Sofa und hat ein Gewehr in der Hand …«
Ich rufe Willy zu: »Du Idiot, nimm deine Rübe weg, der hat gerade genau da durch die Tür geschossen!«
Willy winkt, während er weiterhin durch den Briefkastenschlitz schaut, mit der Hand kurz ab, dann zieht er aber auf einmal seinen Kopf sehr schnell zurück und springt zurück an die Hauswand neben der Tür. Unmittelbar darauf ertönt wieder dieses scheppernde Geräusch, die Zielperson im Inneren hat erneut auf den Briefkastenschlitz gefeuert, und zwar genau dahin, wo gerade noch Willys Kopf gewesen war.
Willy grinst mich in seiner unnachahmlichen Art an, deutet mit zwei Fingern auf seine Augen, um mir klarzumachen, dass er den Mann im Inneren gesehen und wohl auch erkannt hat, wie er das Gewehr in Richtung Tür angelegt hat.
Ich schüttele nur meinen Kopf über so viel Leichtsinn, aber immerhin wissen wir jetzt durch Willys Kamikaze-Aktion, wo der Täter sich aufhält und dass er mit einem Gewehr bewaffnet ist.
Jacks Stimme ertönt im Lautsprecher meines schusssicheren Titanhelms: »Hier Jack. An alle. Die VG ist ja bereits auf dem Weg, wir halten uns jetzt erst mal zurück und stellen nur sicher, dass der Typ nicht mit seinem Gewehr aus dem Haus kommt. Ich möchte nicht, dass es hier noch mehr Verletzte gibt, zumal die Situation ja so erst mal nicht weiter bedrohlich ist. Noch ein Hinweis: Die Verletzungen von Winni und Ulf sind nicht weiter tragisch, Winni ist aber jetzt aus dem Rennen und beim NAW in Behandlung. Ulf bleibt auf eigenen Wunsch erstmal in Position.«
Ich quittiere Jacks Funkdurchsage und bin froh, dass es meine Kollegen nicht schlimmer erwischt hat.
Eine ganze Weile passiert jetzt erst einmal gar nichts, während ich weiterhin die Hauseingangstür beobachte.
Nach einiger Zeit meldet sich plötzlich Franz, unser Präzisionsschütze, von der Rückseite des Gebäudes per Funk: »Hier Franz, die Terrassentür ist gerade geöffnet worden und unser Mann auf die Terrasse rausgetreten. Er trägt eine braune Jogginghose und ein dunkelblaues Hemd, was offensichtlich mal in die Reinigung muss. Eine Waffe kann ich nicht erkennen …«
Ich tausche einen Blick mit Willy aus, dessen Blick und Geste mit seinen Händen mir sagt: »Und jetzt?«
Während ich noch überlege, ertönt Franz’ Stimme wiederum im Lautsprecher meines Helms: »Der Typ hat mich gesehen und ist jetzt ein Stück in den Garten gekommen, er spricht mich gerade an …«
Ich greife zur Sprechtaste meines Funkgerätes und sage: »Jack, hier Peter. Willy und ich, wir könnten versuchen, über die angrenzenden Gärten unbemerkt dorthin zu kommen. Vielleicht können wir den Kerl ja überrumpeln, wenn er dort herumläuft.«
Jacks Antwort über Funk kommt postwendend: »Alles klar, wir übernehmen mit dem Rest die Sicherung der Vordertür, macht euch auf.«
Ich drücke zur Bestätigung zweimal die Sprechtaste, dann versuche ich eine Verbindung mit Franz zu bekommen, während Willy und ich gleichzeitig um das Haus herumlaufen und einen Weg zur Gartenseite des Anwesens suchen. Damit er in einem möglichen Gespräch mit unserem Gegenüber nicht durch meinen Funk abgelenkt wird, stelle ich meine Fragen über Funk so, dass Franz diese nur durch Betätigen der Sprechtaste beantworten kann.
»Franz, hier Peter. Willy und ich sind auf dem Weg und suchen uns einen Weg in den Garten. Ist unser Mann noch draußen?
Franz betätigt die Sprechtaste zweimal, was »ja« bedeutet.
»Kannst du ihn durch ein Gespräch eine Weile hinhalten, bis wir da sind?«
Wiederum klickt es zweimal in meinem Lautsprecher. Willy und ich schauen uns an. Jetzt muss es schnell gehen, denn allzu lange wird Franz unsere Zielperson sicher nicht davon abhalten können, wieder im Haus zu verschwinden. Auf der Rückseite des Gebäudes angekommen, stellen wir fest, dass ein Garagentrakt den Weg zum Garten des Anwesens versperrt. Ohne Worte nimmt Willy Anlauf und zieht sich mit einem Klimmzug auf das Garagendach. Ich reiche ihm von unten meine Maschinenpistole hoch und tue es ihm gleich. Prima, denke ich, jetzt weiß man auch, warum man als SEK-Beamter viel Sport
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