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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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Fluchtfahrzeug – und zwar einen Kleintransporter. Offenbar wollen sie beim Verlassen der Bank einige Geiseln mitnehmen. Die Berliner Kollegen sind relativ optimistisch, dass ein Zugriff am ehesten dann erfolgreich sein könnte, wenn die Täter gerade das Fluchtfahrzeug bestiegen haben. Sie lassen uns überdies deutlich spüren, dass sie der Auffassung sind, die Angelegenheit auch ohne unsere Mithilfe regeln zu können. Ihr Kommandoführer wird von seinen Führungskräften regelrecht unter Druck gesetzt. »Lass dir bloß nicht die Butter vom Brot nehmen«, ist dabei noch einer der harmloseren Sprüche.
    Wilhelm versucht, den Kollegen unsere Erfahrungen der letzten großen Geiselnahmen näherzubringen, vor allem im Hinblick auf die unkalkulierbaren Risiken, die mit auf der Flucht befindlichen Tätern verbunden sind. Wir sind seit der Geiselnahme von Gladbeck vor sieben Jahren in dieser Hinsicht gebrannte Kinder. Allerdings scheint dies auf die Berliner relativ wenig Eindruck zu machen. Schließlich platzt mir dann irgendwann der Kragen, und ich werfe in die Runde ein: »Ich wollte bei den Überlegungen hier nur mal kurz erwähnen, dass wir umfangreiche Tests zum Thema Handgranaten absolviert haben und was zum Beispiel passiert, wenn so ein Ding im Inneren eines Autos krepiert. Kennt ihr alle die Ergebnisse?«
    Wie bereits erwähnt, haben wir nach den Erfahrungen der Geiselnahme in H. umfangreiche Tests mit der Wirkungsweise von Handgranaten durchgeführt. Im Zuge dessen wurden Handgranaten an allen möglichen Orten kontrolliert zur Explosion gebracht, unter anderem auch in ausrangierten Fahrzeugen, die zu diesem Zweck extra auf einen Sprengplatz transportiert wurden. Natürlich ist die Wirkung einer Handgranate in einem so kleinen Raum wie der Fahrgastzelle eines Autos allein schon verheerend, allerdings besteht darüber hinaus auch noch die Gefahr, dass durch die Detonation die Benzingase im Treibstofftank des Autos explodieren und das Auto in Sekundenschnelle in Flammen steht. Dies ist mit einem unserer Übungsautos dann auch eindrucksvoll geschehen.
    Da unsere Tests noch nicht so lange abgeschlossen sind, ist es aber auch so gut wie ausgeschlossen, dass die Berliner Kollegen schon darüber Bescheid wissen können. Und da es in Berlin bis dato keine Geiselnahme gab, in denen Täter mit Handgranaten gedroht haben, ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass man sich hier mit dieser Materie explizit beschäftigt hat. Wie ich an den fragenden Gesichtern erkennen kann, ist dem auch tatsächlich nicht so.
    Folglich teile ich der Runde kurz unsere Testergebnisse und hier insbesondere die desaströsen Erkenntnisse über die Detonationen von Handgranaten im Inneren eines Autos mit, was zunächst zur Folge hat, dass der Zugriffsplan der Berliner Kollegen nicht mehr weiter verfolgt wird und darüber hinaus auch der Elan, mit dem diese das Ziel verfolgt haben, den Zugriff ohne unsere Unterstützung durchführen zu wollen, mit einem Schlag deutlich nachgelassen hat …
    In jedem Fall sind wir uns nun alle schnell einig, dass ein Zugriff im Fahrzeug unter diesen Umständen ausscheidet. Auch ein Zugriff auf dem Weg zum Fahrzeug scheidet aus. Grundsätzlich kann man sagen, dass Täter bei besonderen Situationen, in denen sie in unmittelbaren Kontakt mit der Polizei geraten können oder müssen (z.B. bei Essensübergaben, aber eben auch bei dem Besteigen eines etwaigen Fluchtwagens) extrem aufmerksam sind, was einen Zugriff durch uns sehr erschwert oder meist, wie auch in diesem Fall, sogar unmöglich macht. Ein wesentlicher Faktor bei einem von der Polizei geplanten Zugriff, zumal bei derart schwer bewaffneten Tätern, ist der der Überraschung. Hierzu ist es natürlich wichtig, dass die Polizei den Zeitpunkt für den Zugriff selbst bestimmen kann und nicht durch die Täter quasi dazu gezwungen wird. Bei einem Zugriff bei Verlassen der Bank wird der Zugriffszeitpunkt aber durch die Täter bestimmt, was ein überraschendes Handeln durch die Polizei äußerst schwierig macht. Insofern ist ein Zugriff bei Verlassen der Bank keine vernünftige Option.
    Piet erläutert der Runde den Plan eines Zugriffs im Bankgebäude, den wir uns bei unserer Begehung des Tatobjektes ausgedacht haben. Die Filiale besteht aus dem Kassenraum im Erdgeschoss und einem großen Keller mit dem Tresor und den Kundenschließfächern. Beide sind durch eine Treppe miteinander verbunden. Unser Plan ist simpel, nämlich der gleichzeitige Sturm von Erdgeschoss und

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