SEK – ein Insiderbericht
wurden erstaunlicherweise schnell ermittelt, denn im Gegensatz zu der sehr professionellen Planung des eigentlichen Überfalls war ihr Verhalten nach der Tat eher dilettantisch. Insgesamt geht man von elf Tatverdächtigen aus, die an der Vorbereitung und Durchführung der Aktion beteiligt waren. Nicht alle konnten allerdings ermittelt werden. Sie hatten von einer angemieteten Garage in der Matterhornstraße zunächst einen 20 Meter langen Tunnel in Richtung eines Abwasserkanals gegraben. Von dort ging es etwa 100 Meter durch diesen Kanal, dann gruben die Täter einen weiteren etwa 50 Meter langen Tunnel bis zum Keller der Commerzbank.
Auch die Höhe der Beute blieb im Unklaren, da die genauen Inhalte der aufgebrochenen Schließfächer nicht bekannt wurden. Insgesamt wurden etwa 5,3 Millionen DM aus der Beute sichergestellt. Man geht aber davon aus, dass es sich tatsächlich gut und gern um den dreifachen Betrag gehandelt haben dürfte. Die Restsumme ist immer noch verschwunden.
Die insgesamt sechs Hauptbeteiligten der Tat wurden zu Freiheitsstrafen zwischen sechs und zwölf Jahren verurteilt.
EIN BUS VOLLER GEISELN
»Mut ist, wenn man Todesangst hat, aber sich trotzdem in den Sattel schwingt.«
John Wayne
Das eingebaute Martinshorn des zivilen BMW der 5er-Baureihe wimmert unaufhörlich und nervtötend. Doch auch zusammen mit dem auf dem Dach befindlichen abnehmbaren Blaulicht macht uns dieses akustische Alarmsignal so recht den Weg nicht frei. Es ist Freitag um die Mittagszeit, der Feierabendverkehr des kommenden Wochenendes beginnt bereits, und wir sind auf dem Weg zum Schauplatz eines Geiseldramas, das sich auf dem Messegelände einer großen Stadt abspielt. Wie immer am Anfang solcher Geschehnisse wissen wir nicht allzu viel, aber das Wenige, das wir wissen, klingt überhaupt nicht gut. Offensichtlich hat ein Geiselnehmer einen auf einer Stadtrundfahrt befindlichen vollbesetzten Reisebus in seine Gewalt gebracht, den Busfahrer erschossen und den Bus auf einem Parkplatz des Messegeländes abgestellt.
Die Lage scheint also mehr als ernst zu sein, und gerade deswegen nervt uns der starke Verkehr auf der Straße noch mehr als sonst. Als wir schließlich den weiträumig abgesperrten Bereich der Messe erreichen, wo der Bus seinen vorläufigen Halt gefunden hat, bekommen wir dann doch noch weitere, nicht eben bessere Informationen. Der Täter hat, nachdem er den Bus in seine Gewalt gebracht hat, auch auf eine Streifenwagenbesatzung geschossen, die den Sachverhalt, nach Bekanntwerden bei der Polizei, zunächst überprüfen wollte. Ein Kollege wurde dabei durch die Schüsse des Täters schwer verletzt. Zum Glück konnten sich die Kollegen dem Einflussbereich des Täters entziehen und zählten daher nicht zu den Geiseln.
Alle Kollegen meiner Einheit parken ihre Einsatzfahrzeuge nach Eintreffen zunächst auf einem Parkplatz in der Nähe des Tatortes. Dort erfahren wir über Funk von der gerade erst eingerichteten Befehlsstelle des SEK, dass wir zunächst nicht im näheren Tatortbereich eingesetzt werden, sondern uns auf eine Verfolgung des Busses vorbereiten sollen, falls der sich wieder in Bewegung setzen sollte. Das wäre dann eine sogenannte mobile Geiselnahme, bei der im Bedarfsfall jederzeit SEK-Kräfte eingreifen können müssten. Jack, der wie ich als Gruppenführer mit im Einsatz ist, übernimmt die entsprechende Aufteilung unserer Kollegen, während Wilhelm, unser Chef, Piet und ich uns auf den Weg in die SEK-Befehlsstelle machen.
Wir betreten eine der großen Messehallen durch einen Seiteneingang. Da hier derzeit kein Messebetrieb ist, sind die riesigen Hallen leer, und schließlich erreichen wir, nachdem wir einen Durchgang passiert haben, die Befehlsstelle. Hier herrscht, wen wundert es, hektische Aktivität. Die ortsansässigen SEK-Kollegen, die auch erst vor kurzem hier eingetroffen sind, haben alle Hände voll zu tun, die Befehlsstelle aufzubauen und gleichzeitig die extrem hektische Anfangsphase der Lage in den Griff zu bekommen. Gerade am Anfang einer Geiselnahme prasseln unglaublich viele Informationen auf die Führungskräfte des SEK ein, denn jeder, der auch nur im Entferntesten irgendwelche Informationen zur Lage hat, will diese natürlich sofort loswerden und hält gerade seine Informationen für die wichtigsten. Die Kunst bei der Führung eines SEK-Einsatzes
Weitere Kostenlose Bücher