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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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und machen Sie Ihr Fischding. Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können.«
    Wahre Worte. Das Personal im Gastraum macht es uns nicht leichter, indem es noch einer ganzen Armee von Laufkunden Plätze zuweist, und wir arbeiten bis zur Grenze der Belastbarkeit. Das Schreien und Fluchen in dieser Küche hätte eine Sträflingskolonne beschämt. Als der Schneesturm der Bestellzettel sich zur Lawine auswächst, höre ich von Mike ein leises Stöhnen. Er steht neben mir und ist röter und verschwitzter, als das die rauchende Pfanne vor ihm rechtfertigt.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, erkundige ich mich zögernd.
    »Natürlich«, blafft er. »Machen Sie einfach weiter.«
    »Gut«, erwidere ich und werfe die nächste Seebrasse in die Pfanne und erhitze etwas Sauce.
    Doch es geht ihm gar nicht gut. Das Rumpeln und Stöhnen seines Magens höre ich sogar trotz des Lärms in der Küche. Jedes Mal, wenn ich ihn ansehe, ist er eine Schattierung grüner im Gesicht, aber er sieht sich nicht um, sondern konzentriert sich ganz auf seinen Aufgabenbereich. Oscar taucht neben mir auf und späht in die Pfanne.
    »Tempo, Fischmädchen. Es gibt Münder zu füttern.«
    Ich drehe sanft den Fisch um, um mich zu vergewissern, dass er gleichmäßig gebräunt ist, und hebe ihn dann aus der Pfanne. Mit einem stillen Stoßgebet versichere ich mich, dass ich ihn nicht fallen lasse, und bin mir seiner Nähe nur allzu bewusst. Als ich den Fisch intakt auf dem Teller platziere, lächele ich Oscar doof an. Natürlich aus Erleichterung, aber sie ist noch mit was anderem gemischt. Ich liebe die Nähe, die Energie, die er ausstrahlt, während er mir beim Kochen zusieht.
    »Na endlich!«, sagt er. »Eine Runde Applaus.«
    Kein Kompliment, das versichere ich Ihnen, doch die Bemerkung kommt so wenig giftig daher, dass ich mich noch immer auf der Seite der Guten fühlen kann. Mit einem kleinen inneren Rempler zwinge ich mich zur Konzentration. Oscars Aufmerksamkeit ist jetzt auf Mike gerichtet, der autistisch die Forelle anstarrt und mit einer Hand Halt am Herd sucht, während eine Schweißperle sich entlang seiner Knollennase ihren Weg bahnt.
    »Na los doch!«, schreit Oscar. »Die Beilagen liegen schon auf dem Teller. Was ist Ihr Problem?«
    »Ich bin …«
    »Sie sind was, Mann? Das ist hier kein Altersheim. Das muss raus!«
    Mike dreht sich um, um zu antworten, bewegt dabei aber seinen Kopf offenbar mehr, als er verkraftet. Ein Schwall von Erbrochenem schießt aus seinem Mund und landet auf Oscars weißen Kochklamotten und seinen Schuhen. Dieser springt zur Seite und übergießt Mike mit einem Schwall von Schimpfwörtern. Den hält nichts mehr. Unter übermäßigen Entschuldigungen rennt er auf direktem Weg auf die Personaltoilette.
    »Du lieber Himmel!«, brüllt Oscar. »Amber, bis auf Weiteres haben Sie die Verantwortung für diesen Platz hier. Maya, kommen Sie hierher!«
    »Wahnsinnig hektisch« beschreibt den Horror der folgenden beiden Stunden nur ungenügend. Noch nie in meinem Leben habe ich mich beim Kochen so ins Zeug gelegt. Fisch um Fisch landet in meiner Pfanne, während ich verzweifelt versuche, Schnelligkeit und Präzision in Einklang zu bringen. Ich schreie die Hilfsköche an wie ein altgedienter Küchentyrann, verlange von ihnen, dass sie die Teller schneller beibringen und sie dann nach vorne tragen. Als Johnny nach hinten kommt, um ein fehlgeleitetes Lachsfilet zu verfolgen, mache ich ihn zur Schnecke, weil ich zu aufgewühlt und gestresst bin, um mich daran zu erinnern, dass ich eigentlich ein netter Mensch bin. Vielleicht war Mike ja auch mal Cliff Richard, ehe der Stress ihn in Alice Cooper verwandelt hat. Eigentlich glaubt man schon nicht mehr daran, dass das Abendgeschäft jemals endet, aber gegen zehn Uhr flaut es ab (schließlich haben wir Montag). Nach und nach beruhigt sich alles, und ich bekomme Gelegenheit, mich bei Tomasz dafür zu entschuldigen, dass ich ihm zuvor so viel Kummer bereitet habe.
    »Kein Problem, Chef«, meint er achselzuckend.
    »Ich weiß, es war nicht anders zu erwarten, aber es ist Ihre letzte Schicht, und Sie haben unter Mike so viel durchgemacht …«
    Da breitet sich ein unfreiwilliges Lächeln auf seinem Gesicht aus und verrät nur allzu deutlich, was gerade passiert ist.
    »Erzählen Sie mir bloß nicht, Tomasz, Sie haben …«
    »Es ist doch eine Schande, Fisch zu vergeuden, nur weil er, wie sagen Sie, am Umkippen ist.«
    »Ich fass es nicht, dass Sie das getan haben!« Ich bin wirklich

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