Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
ich, obwohl es mir schwerfällt, ihn aufzuhalten. »Und wenn du mir den Schritt nach oben nur angeboten hast, damit ich mich flachlege, kannst du das auch sein lassen.«
Abgelenkt von Lippen und Bartstoppeln, die sich von meinem Hals nach unten arbeiten, lässt mein Widerstand hilflos nach. Wenn ich jetzt nicht auf den Aus-Knopf drücke, wird das schlimm enden. Ich nehme alles, was ich an moralischer Tugend aufbieten kann, zusammen und ducke mich unter seiner Umarmung weg.
»Du lieber Himmel!«, sagt er. »Ich habe verstanden, okay?«
»Wirklich?«
»Ja«, sagt er knurrig und sieht mich zerzaust an. (Und sexy. Sagte ich sexy?) »Natürlich habe ich dich nicht befördert, um dich zu vögeln. Das ist eine Küche, kein Bordell. Ich würde für einen Fick niemals meinen Ruf riskieren. Ich habe dich befördert, weil du keine kotzende Bürde bist. Die Tatsache, dass ich dich vögeln möchte, hat damit nichts zu tun.«
»Nun, das geht auch nicht. Ich könnte dann nicht mehr für dich arbeiten, und ich möchte unbedingt für dich arbeiten.«
»Und ich möchte dich unbedingt vögeln, aber … na gut.« Er lässt die Schultern hängen, beginnt in einer Schublade zu kramen und zieht eine Schachtel Zigaretten heraus. Er steckt sich eine an. »Dann muss ich eben so tun, als würden wir flach daliegen. Möchtest du eine?«
Langsam zieht sich das Adrenalin zurück, und in die Lücke schleicht sich die Demütigung. Wie hatte ich zulassen können, dass er mich küsst? Ich bin alt und hässlich genug, um genau zu wissen, wie schmierig so ein König der Küche ausnahmslos ist, und doch habe ich zugelassen, dass seine Hände wie hungrige Präriehunde über mich wanderten. Dies muss der Grund sein, warum seine Ehe kaputtging – ein vagabundierendes Auge und eine Frau in unmittelbarer Nähe sind das Rezept für eine Katastrophe. Lautet die nackte Wahrheit also doch, dass alle Männer fremdgehen würden, wenn sie wüssten, dass sie nicht erwischt werden?
»Ich sollte lieber gehen«, sage ich steif.
Er zieht genüsslich an seinem Glimmstängel und grinst mich an. »Nun lauf schon«, sagt er. »Träum schön von Schellfisch. Morgen wirst du die Welt mit anderen Augen sehen.«
»Gute Nacht«, sage ich formell und streiche meine Kleidung glatt, streiche seine Berührung von mir ab. Ich komme mir jetzt richtig albern vor. Meiner Information nach ist seine Ehe noch nicht mal geschieden, gut möglich, dass Lydia sich im Moment nur ziert, um ihn wieder auf Kurs zu bringen. Und ich habe keine Lust, in diesem ehelichen Ping-Pong-Spiel der Ball zu sein.
»Komm um neun. Gib mir Zeit, die gute Nachricht zu verkünden«, sagt Oscar und lehnt sich rauchend in seinen Ledersessel zurück. Die wenigen Schritte, die uns trennen, scheinen sich unendlich auszudehnen. Ich müsste etwas wirklich Nuttiges tun, mich vielleicht im Stil eines Bunnys auf sein Knie setzen, um ihn aus seiner Boss-Welt zurückzuholen. Aber ich werde es nicht tun, obwohl der geheimnisvolle Schalter, der in mir vergraben liegt, wieder voll aufgedreht ist. Und so frustrierend es auch ist, ich habe keine Wahl, ich kann nur vorbeilaufen.
Kapitel 6
Ich öffne die Eingangstür, und die Klänge von Diamonds Are Forever dröhnen mir in voller Lautstärke entgegen. Milly schmettert mit, aber sie liegt derart neben dem Ton, dass sie auch ein ganz anderes Lied singen könnte. Ein Paar rote Wildledersandaletten liegen bäuchlings im Flur, und in der Luft hängt der durchdringende Geruch von angebranntem Toast.
»Milly?«, sage ich und stecke meinen Kopf durch die Wohnzimmertür. Sie kommt auf der Stelle angelaufen und wirft sich mir an den Hals.
»Gott sei Dank bist du jetzt zu Hause. Was meinst du, kann man vom Küssen Chlamydien kriegen?«
»Meines Wissens nicht.«
»Das ist gut«, sagt sie und trinkt mit einem merkwürdigen Gurgellaut aus ihrem randvollen Weinglas. »Möchtest du auch welchen?«
»Ach, warum nicht?«, sage ich und schenke faul was davon in eine Teetasse, weil ich zu neugierig bin, um kostbare Zeit in der Küche zu vergeuden. »Was ist passiert?«
»Ich bin einfach nur ein Idiot«, sagt sie aus ganzem Herzen.
»Du bist kein Idiot. War heute die fünfte Verabredung, der Tag aller Tage?«
»Ja, aber … ich bin kein pawlowscher Hund, weißt du. Obwohl es ihm sicherlich gefiele, wenn ich das wäre. Es gibt keinen vernünftigen Grund, es zu tun, bloß weil man sich zum fünften Mal trifft.«
»Dann erzähl Tante Amber alles«, sage ich und schenke ihr Glas voll.
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