Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
geschockt, aber er zuckt nur mit den Achseln.
»Sie haben gute Arbeit gemacht.« Dabei nickt er Richtung Küche. »Das findet der Boss auch.«
Ich drehe mich um und sehe, dass Oscar mich anstarrt. Er gibt sich keine Mühe, das zu verschleiern, und lächelt mich kühl und abschätzig an. Mit einer ruckartigen Kopfbewegung zitiert er mich zu sich. Ich gehe durch die Küche, unfähig, seinem Blick standzuhalten.
»Ich muss mit Ihnen reden. Kommen Sie mit nach unten.«
Er führt mich in sein winziges Büro, in dem ich bisher noch nicht gewesen bin. Jedes Restaurant hat so eins, ein chaotisches Loch, wo Bestellungen aufgegeben werden und über Zahlen gebrütet wird. Ich bleibe unbeholfen stehen und frage mich, ob ich den Test nun bestanden habe oder gleich entlassen werde, weil ich mich zahlloser Fehler schuldig gemacht habe, die zu bemerken ich viel zu unerfahren bin.
»Ich will Ihnen was vorschlagen, Fischmädchen.«
Etwas in mir bäumt sich auf. Es mag ja sein, dass ich mich dummerweise verknallt habe, aber er hat dennoch nicht das Recht, mit mir so zu reden, als wäre ich sein Eigentum. Jemand muss ihn daran erinnern, dass er nicht Blaubart ist. »Ich heiße übrigens Amber. Sie wissen das.«
»Sie haben recht, Amber . Ich weiß, dass Sie Amber heißen.« Er hält grinsend inne. »Für Mike habe ich nie was übrig gehabt, auch nicht bevor er eine Neuinszenierung von Der Exorzist in meiner Küche aufzuführen beschloss. Was Sie betrifft, Sie sind in Ordnung.«
»Danke«, sage ich und frage mich, wohin das führen mag.
»Es könnte vielleicht sogar noch etwas mehr daraus werden, das werde ich aber erst wissen, wenn ich Sie ausprobiert habe.« Wieder eine spannungsgeladene Pause. »Und das ist der Grund, warum Sie von nun an oberster Souschef sind.«
»Das können Sie doch nicht machen«, protestiere ich. »Was ist mit Maya? Und mit Joe – er ist schon weitaus länger als ich Chef de Partie. Sie können mir doch nicht das Kommando über sie geben, die drehen durch.«
»Ich kann tun, was mir beliebt. Meine Küche, meine Regeln. Die Frage ist nur, ob Sie dem Job gewachsen sind.«
Eine Sekunde lang habe ich das Gefühl, einen Schlag in die Magengrube bekommen zu haben. Während meiner ganzen Berufslaufbahn habe ich davon geträumt, es zu schaffen, oberster Sous in einem Laden wie diesem zu werden, und jetzt, da ich es geschafft habe, ist die Person, die darauf am stolzesten wäre, nicht mehr da, um es mitzukriegen. Hätte ich es Dom erzählt, wenn es vor Sonntag passiert wäre? Etwas sagt mir, ich hätte es getan, ich hätte trotz des Hasses und der Verbitterung gewollt, dass er es erfährt. Hatten wir uns tatsächlich zum letzten Mal gesehen? Mit Sicherheit, wenn ich an meinen Abgang denke. Ich grabe meine Fingernägel in meine Handflächen und kämpfe mich heraus aus diesem Gefühlssumpf. Ich darf mir das nicht mehr zu Herzen nehmen, kann es aber genauso wenig sein lassen wie das Atmen.
»Natürlich fühle ich mich dem gewachsen! Keine Frage. Besten Dank«, ergänze ich und strecke meine Hand aus, um im dummen Versuch, meine Dankbarkeit zu unterstreichen, seinen Bizeps zu drücken. Er macht blitzschnell einen Schritt auf mich zu, zieht mich an sich und küsst mich ruppig und entschlossen. Selbst wenn ich ihn hätte stoppen wollen, bin ich mir sicher, dass es mir nicht gelungen wäre, außerdem hat die Lust ohnehin jegliche Logik über den Haufen geworfen: Ich habe meine Sporen wirklich angelegt.
Es ist, als hätte ich eine Ewigkeit nicht geküsst. Jede Faser meines Körpers kostet das Gefühl des an mich gepressten Oscars aus. Er riecht nach Küche, nach Schweiß, nach Mann, und diese Mischung ist berauschend sexy. Sein muskulöser Leib gibt mir das Gefühl, mich selbst verlieren und jegliche Verantwortung ablegen zu können. Ich lasse mich von ihm gegen den Aktenschrank drücken. Er hält mit einer Hand mein Gesicht umfasst, beginnt dann allerdings etwas zu gierig nach Interessanterem zu grapschen, das sich umfassen lässt, und da komme ich wieder zur Vernunft. Ich versuche mich zurückzuziehen, aber da kein Platz zum Manövrieren vorhanden ist, muss ich seine Brust sanft wegschieben. Das wirkt wie eine rote Fahne bei einem Bullen. Er zieht an meinen Haaren und quetscht mich nur noch fester gegen das kalte Metall des Schranks. Ich drehe mein Gesicht zur Seite.
»Hör auf, Oscar.«
Er reagiert überhaupt nicht darauf, sondern überzieht meinen Hals mit ausgedehnten Küssen.
»Ich meine das ernst«, sage
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