Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Natürlich ist mir bewusst, dass ich nicht sofort die Chefin rauskehren kann, doch in einer idealen Welt würde ich Tomasz wieder einstellen und sämtliche Hilfsköche auf andere Plätze verteilen, damit sie auch neue Fähigkeiten entdecken können. Ich hatte immer schon eine genaue Vorstellung davon, wie das von mir geführte Restaurant aussähe. Dom würde den Gastbereich managen und ich die Küche mit einem Team lächelnder, fröhlicher Köche, denen die anstrengenden Stunden nichts ausmachten, die nötig sind, um das erfolgreichste Restaurant im ganzen Universum zu führen, denn wir wären wie eine große glückliche Familie. Wie die Partridges oder sogar die Trapps. Oscar reißt mich aus meiner Tagträumerei, indem er mich von der Schwingtür her anbrüllt.
»Guten Morgen, Fischmädchen. Die Schufterei beginnt hier draußen.«
Ich tripple ihm hinterher und nehme dankbar den tödlich starken Espresso an, den Johnny für uns zubereitet hat. Oscar steuert einen Tisch im vorderen Bereich des Restaurants an, ohne sich auch nur einmal umzudrehen, weil er sich offenbar ganz sicher ist, mich im Schlepptau zu haben. Ich ziehe einen Stuhl heraus und zwinge mich, ihn anzusehen, aber er tritt mir gegenüber nicht weniger grob auf als vor zwölf Stunden. Ich krame nach einem Stift und fühle mich so klein, wie es nur geht.
»Was kann ich für Sie tun?«, frage ich und blicke mit glühenden Wangen auf. Oscar geht überhaupt nicht darauf ein, dass ich mich in eine völlig inkompetente Tomate verwandelt habe.
»Sie können sich ums Mittagessen kümmern, das können Sie tun. Richard Douglas kommt.«
Ich nicke weise, muss aber dann doch nachhaken: »Wer, wer ist das?«
»Er ist mein Hauptgeldgeber und mein bester Kumpel. Außerdem ist er Tallulahs Pate, also wird auch sie da sein. Ich möchte ihm wenigstens beim Hauptgang Gesellschaft leisten, also werden Sie, wie ich fürchte, alle Hände voll zu tun haben.«
Toll, also bin ich im Grunde genommen für den gesamten Mittagsbetrieb verantwortlich und muss mich außerdem mit den kulinarischen Launen eines verdrießlichen Teenagers herumschlagen, der sehr wahrscheinlich auf Hungerdiät ist, und einem Mann, der, wenn es ihm passt, jeden Tag diesem ganzen Unternehmen das Wasser abgraben kann.
»Kein Problem, ich liebe Herausforderungen!«, erwidere ich, ganz verwegene Pfadfinderin. Er schlendert zur Kaffeemaschine und erlaubt mir kurz, ihn zu betrachten. Warum finde ich ihn so sexy? Ich finde doch sonst nie jemanden sexy, und schon gar keine Männer mit derart eingefleischter Arroganz, basierend auf dem Wissen, dass sie gut aussehen. Da die Schleusentore nun mal geöffnet sind, bringt selbst der Anblick seines sich entfernenden Rückens mein Innerstes dazu, Tango zu tanzen. Was für ein Glück, dass er gleich wieder auf seine kühle Gleichgültigkeit umgeschaltet hat, ohne sich dazu meine Erlaubnis einzuholen.
»Ich möchte für Richard auf den Putz hauen«, sagt Oscar, als er wieder seinen Stuhl einnimmt. »Ihm ein bisschen was Blutiges bieten.«
»Was haben Sie dabei im Sinn?«
»Den Fisch vergessen wir heute mal. Kommen Sie und begrüßen Sie meine kleinen Freunde.«
Er kehrt in die Küche zurück und lässt mir dabei die Schwingtür ins Gesicht sausen. An seinem Platz liegt eine Kiste mit einem Tuch darüber. Er schlägt es zurück.
»Tata!«, sagt er und verfolgt meine Reaktion auf die zwölf Schweinsköpfe, die wie kleine hilflose Waisen mit hochgereckten Schnauzen eng beieinanderliegen. Er nimmt einen davon aus der Kiste, wobei das Gehirn heraus und an seinem Arm entlangrutscht. Maya beobachtet mich von der anderen Seite des Raums, wohl in der Hoffnung, meinen Zusammenbruch mitzuerleben. Keine Chance.
»Hübsch. Was machen wir mit ihnen?« Ich schwöre, dass meine Stimme um eine Oktave tiefer geworden ist. Ich bin ein Mannweib, Baby.
»Wir werden alles davon verwenden. Den ganzen Schweinskopf für die Tapferen, Ohren und Bäckchen für die Liebhaber von Innereien. Das haben Sie bisher noch nicht gemacht, oder?«
Lügen bringt nichts. Ich schüttele den Kopf.
»Dann möchte ich, dass Sie Porky mal ganz intim kennenlernen.« Er grinst dabei, und ich muss ebenfalls lächeln. Ist das etwa der erste bekannte Flirt, der von Innereien ausgelöst wird? Er zieht aus den Gerätschaften seines Arbeitsplatzes eine Rasierklinge hervor. »Wir werden sie rasieren.«
Und das machen wir dann. Wir halten ihre fettigen rosa Gesichter und rasieren ihren Borstenflaum. So
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