Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
autoritären Ton bei Prinz Charles als Oberstallmeister anheuern. Für Nettigkeiten ist keine Zeit, und ich versuche ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen.
»Johnny, es tut mir wahnsinnig leid, dass ich mich gestern Abend so danebenbenommen habe.« Und das ist nur die eine Hälfte der Wahrheit. »Es gibt wirklich keine Entschuldigung dafür, dass ich den Betrieb derart desavouiert habe, aber …« Hier komme ich ins Stocken, weil mich die Erinnerung an Dom und Rachels Dinner à deux wie eine Ohrfeige trifft. Plötzlich bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich mein Vergehen mit der nötigen Offenheit erklären kann, doch ich habe keine andere Wahl. Johnny schweigt wie ein Grab und wartet darauf, dass ich mir meins schaufele.
»Es war mein Exmann. Das war der Grund für unsere Trennung, diese … Frau.« Normalerweise wäre dies die richtige Stelle, um ein Schimpfwort einzufügen, aber mein Kampfgeist hat mich für heute verlassen. »Er schwor mir, es sei vorbei, und deshalb bin ich völlig durchgedreht, als ich sie an seinem Geburtstag zusammen sah. Sie wissen sicher, wie sich das anfühlt, wenn aus Liebe Hass wird, oder?« Ich sehe ihn flehentlich an, und sein Gesichtsausdruck wird weicher.
»Es war Leos erster Tag in diesem Job. Er war in keiner Weise dafür qualifiziert, mit einer solchen Situation umzugehen.« Er hält inne, und seine Wut scheint zu verrauchen. »Gott sei Dank war Lydia nicht da.«
»Sie haben es ihr also nicht erzählt?«
»Ich bin doch keine Petze.«
»Ich bin Ihnen so dankbar. Ich möchte diesen Job wirklich nicht verlieren. Jedenfalls nicht jetzt.«
Er lächelt. »Es hört sich wirklich grauenvoll an, das muss ich zugeben. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie geschieden sind.«
»Das hängt man ja auch nicht an die große Glocke«, sage ich ruhig.
»Wissen Sie, was ich finde?«
»Was finden Sie?«
»Was ich Ihnen schon gesagt habe. Dass Sie die beste Butter sind, die es gibt. Die Butter der Könige, geschieden oder nicht.« Und dabei geht ein Lächeln wie ein Sonnenstrahl, der auf Wasser trifft, über sein Gesicht, und ich frage mich, wie viel er tatsächlich für mich empfindet. Da er mich kaum kennt, kann es sich nur um eine illusionäre Fantasie handeln, aber ich habe das Gefühl, dass es mehr ist als Schwärmerei.
Eigentlich sollte ich mich vor allem heute über eine ruhige Schicht freuen, doch die Tatsache, dass es weniger hektisch zugeht, macht mich nicht froh. Es gibt einige verspätete Absagen, und ein paar Reservierungen kommen einfach nicht, was bestimmt auf Tristrams versteckte Kritik, mit der er uns eins übergezogen hat, zurückzuführen ist.
Oscar wütet in der Küche wie ein Bär mit Kopfschmerzen und brüllt seine Befehle. Nichts kann man ihm recht machen, es gibt keine Musik, kein Gelächter, nur eingeschüchterte Köche, die sich beschäftigter geben, als sie es sind. Ich bleibe länger, als eine normale Schicht dies erfordert, weil ich in meinem Elend auf eine Beruhigung hoffe. Dann muss ich aber doch gehen. Oscar wuselt mit verbissener Miene an seiner Station herum. Er hebt seinen Blick, die Augen so schwarz und kalt wie die Mitternacht in Sibirien.
»Äh, Oscar, ich muss gleich gehen. Es ist der Geburtstag meines Bruders und …«
»Ich weiß.«
Ich sehe mich um und frage mich, ob jemand mitgehört hat. Könnte man aus der Tatsache, dass ich sage, wohin ich gehe, Schlüsse ziehen?
»Tut mir leid«, sage ich, obwohl ich mich eigentlich nicht dafür entschuldigen sollte, mal eine armselige Schicht freizunehmen. »Ich habe ihn einfach schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, und …«
»Und er wird heute vierunddreißig. Ja, ich weiß.«
Wenn er so drauf ist, ist er unglaublich brutal, und ich komme einfach nicht an ihn ran. Wieder spüre ich den vertrauten sengenden Schmerz der Demütigung. Doch ich kann nur mir selbst die Schuld geben – die Regeln haben sich geändert, und ich werde sie ertragen müssen.
»Kann ich noch etwas für Sie tun, bevor ich gehe?« Brennende Röte überzieht mein Gesicht. »Speisekarten? Zufrieden mit den Spezialitäten für heute Abend?«
Er sieht mich versteinert an, aber dann fängt er an zu grinsen. Wer kann es ihm verübeln, angesichts meiner roten Birne und des Geschirrtuchs, das ich wie eine Gebetskette in meinen Händen drehe.
»Okay, Fischmädchen, lassen Sie uns über Spezialitäten sprechen. Kommen Sie bitte mit in mein Büro.«
Sobald wir durch die Tür treten, ist es, als würden wir durch einen Spiegel ein
Weitere Kostenlose Bücher