Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
qualifizieren?
Wir kehren zurück ins Haus zum Gesang des Großen Greg, der gerade die Bohemian Rhapsodie verhackstückt und die Arme dabei wild wie einen Pumpenschwengel bewegt und seinen Schweiß wie eine Sprinkleranlage im Raum verteilt. Ganz Großstadtschickeria und ich mittendrin, wie es aussehen musste.
»Was trinken Sie?«, erkundigt sich Ralph. Ungeachtet der Tatsache, dass er Oscar zu sich ins Haus eingeladen hat, gibt er sich in etwa so freundlich wie ein Deutscher Schäferhund. Eigentlich hätte ich erwartet, dass Beth sich dieser Situation annimmt, die Wogen glättet und dafür sorgt, die Nase vorn zu haben, aber aus irgendeinem Grund hält sie sich zurück.
Oscars Augen wandern über die Weinflaschen auf dem Tisch und finden sie eindeutig mangelhaft. »Ein Wodka Tonic wäre gut«, sagt er, noch immer leicht amüsiert.
Wie kann er nur so cool bleiben? Vielleicht ist es ja das absolute Gegenteil dessen, was ich anfangs vermutet habe. Vielleicht bin ich in seinem Mammutbettpfosten nur eine ganz kleine Kerbe und dies ist nichts weiter als eine lustige kleine Charakterskizze, die er seinen Pokerfreunden erzählen kann, wenn sie beim Bier ihre Häuser verspielen. Meine Güte, ich bin wirklich völlig aus der Übung. Die gute Milly kommt trotz all der schlimmen Warnungen, die sie mir früher mit auf den Weg gegeben hat, wie das blühende Leben herbeigeeilt, sobald Ralph weg ist, um Oscars Drink zu holen.
»Ich bin Milly, Ambers Mitbewohnerin. Sie müssen Oscar sein.« Sie schafft es, ein wenig Unsicherheit in ihre Worte zu legen – eine brillante Tarnung für das Fotodossier im Stil von Inspector Clouseau, das sie mir vor meinem Vorstellungsgespräch vorgelegt hat.
»Schön, Sie kennenzulernen«, sagt Oscar und strahlt dabei Wärme und Ritterlichkeit aus. Er ist ein völlig anderer Mensch fern seiner Rolle als Küchenbarbie. Wenn ich an die knappe Befragung denke, der er mich unterzogen hat, an die krummen Wendungen des Gesprächs … er macht Milly ein Kompliment für ihr Kleid, erkundigt sich, wo ihre Wohnung liegt.
»Ihr Restaurant gefällt mir«, sagt sie. »Und das meine ich wirklich, das ist nicht nur so dahingesagt.«
»Danke«, sagt er freudestrahlend. »Das ist sehr schmeichelhaft.«
»Es muss ein Vermögen gekostet haben, es so herzurichten.«
»Sagen Sie nichts, wenn es nicht klappt, bin ich im Arsch. Ich habe mein Leben und die Zukunft meiner Familie dafür aufs Spiel gesetzt.«
Meine Familie? Darunter versteht er doch wohl Tallulah, oder? Unvermittelt steht Laura neben mir und erlaubt mir, mich auszuklinken. Was nur gut ist, denn ein grünäugiges Ungeheuer schnappt nach meinen Fersen und ködert mich, mir die Frage zu stellen, ob er Milly womöglich toller findet als mich und ob er seinen betriebsbereiten Charme wie einen Laser auf jedes hübsche Mädchen richtet, das ihm außerhalb seiner Küche begegnet.
»Ich wusste es«, murmelt Laura. »Gut gemacht, meine Freundin.«
Gegen meinen Willen bin ich ein wenig stolz. Es ist zweifellos erfreulich, einen soliden heißen Typen im Schlepptau zu haben. Er trägt eine butterfarbene Lederjacke mit offenem Reißverschluss, um das teuer aussehende graue T-Shirt und die festen Muskeln darunter zu präsentieren. Mir gefällt, wie wohl er sich in seiner Haut fühlt, diese kraftvollen Hände, die sein Glas halten. Sich von diesem Anblick zu lösen kostet Mühe.
»Sing mit mir!«, bittet mich Laura.
»Auf keinen Fall! James kann mit dir singen.«
»Er behauptet, er sei völlig unmusikalisch.« Er ist in ein Gespräch mit Beth vertieft, das ihn ernsthaft zu interessieren scheint. Worüber mögen sie sich wohl unterhalten? Vermutlich ist das nur sein Zuhörgesicht. Ich wette, er kann seine Gesichtszüge auf die gleiche Weise arrangieren, wenn er sich über die Höhepunkte der gestrigen Folge von Jersey Shore unterhält.
»Na los doch«, sagt Oscar, »mach mir die Freude.«
»Nein!«
»Wissen Sie was, ich werde mit Ihnen singen«, sagt er zu Laura und greift nach der Schachtel.
Steht es mir zu, mich über James lustig zu machen? Normalerweise bin ich, wenn ich so viel Alkohol intus habe, fast so etwas wie eine Karaoke-Diva, aber vor Oscar bin ich viel zu gehemmt, um zu zeigen, was ich draufhabe. Es reicht schon, dass er mein Hüftgold kennt, meine Rachenknoten spare ich mir für ein andermal auf.
»Du hast es nicht anders gewollt«, sagt er mit einem aufreizenden Achselzucken. »Was mögen Sie singen?«, fragt er Laura und schiebt ihr die
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