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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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Schachtel hin.
    Sie wählen Fly Me To the Moon aus, das Oscar absolut perfekt und spielerisch umsetzt. Der bisherigen Katzenmusik haben die Leute nur mit einem Ohr zugehört und sich in kleinen Gruppen unterhalten, aber dieses Duett verdient jedermanns Aufmerksamkeit. Ich sehe, dass man in meine Richtung und dann auf ihn schaut und die Art der Beziehung einzuschätzen versucht. Erkennen sie ihn? Sicher bin ich mir nicht, aber auch wenn es nicht der Fall sein sollte, werden seine Starqualitäten doch deutlich. Er interpretiert das Lied wunderschön, geht auf Laura ein, richtet einige der Zeilen allerdings an mich, sodass ich mir, als er wieder an meine Seite zurückkehrt, vorkomme wie in einer Rat-Pack-Retrofantasie.
    »Sie waren umwerfend!«, sagt Milly.
    »Ich habe vor etwa hundert Jahren mal in einer Band gesungen«, sagt Oscar leise und für seine Verhältnisse äußerst bescheiden. »Jetzt bin ich eingerostet.«
    Ralph hat ihn die ganze Zeit über von der anderen Raumseite aus beobachtet. »Gut gemacht«, lobt er noch immer wachsam. Ich lächele ihm zu, weil mich seine beschützende Art dann doch rührt.
    »Danke«, sagt Oscar ein wenig verunsichert. »Aber Sie sind das Geburtstagskind. Warum stehen Sie nicht da vorne?«
    Das braucht man Ralph nicht zweimal zu sagen, ich muss ihn mir allerdings nicht zweimal antun. Zu viert ziehen wir uns in den Garten zurück, wo Oscar Hof hält und uns mit haarsträubenden Geschichten über die wichtigen Leute ergötzt. Doch ich könnte keine davon wiedergeben. Mein Gehirn ist weich wie ein Marshmallow, und mein Körper verformt sich gerade, um sich Oscars an mich gepresstem Leib anzupassen. Als der Abend zur Neige geht und wir aufbrechen, hat Doms Text sich bereits ganz weit von meinem Bewusstsein entfernt und ist nur noch ein losgelassener Heliumballon, den der Himmel verschluckt hat.

Kapitel 9
    Dieses verschwommene, matschige Gefühl begleitet mich durch die nächsten paar Tage. Es ist wie eine tröstliche Decke, eine Augenbinde, die mich schützt vor all den Dingen, über die ich nicht nachdenken möchte. Wenn man in der Gastronomie arbeitet, kommt das schon mal vor. Bei unseren Arbeitsstunden bleibt nicht viel Zeit zum Nachdenken, aber mir ist durchaus bewusst, dass sich damit nicht alles erklären lässt. Im Moment kann ich nur im Hier und Jetzt leben, und zum ersten Mal seit Langem macht dieses Hier und Jetzt Spaß.
    Was die anderen Ereignisse betrifft, so oute ich mich gerade als Großbritanniens Schlechteste Brautjungfer (geben Sie’s zu, das ist doch eine Realityshow, die wir unbedingt noch brauchen). Ich habe halbherzig gegoogelt, welche Veranstaltungsorte dafür infrage kämen, bin jedoch noch weit davon entfernt, etwas gleichermaßen Besonderes und Bezahlbares für Marshas schmales Budget zu finden. Mag sein, dass ich auch unter anderen Umständen nicht dafür zu gebrauchen wäre, aber zugegebenermaßen schreckt mich alles, was mit Heiraten zu tun hat, erst einmal ab. Auf Doms Text habe ich noch nicht geantwortet, bringe es allerdings auch nicht über mich, ihn zu löschen. Ein paar Mal schwebte mein Finger nutzlos über der Löschtaste, doch etwas lähmt mich. Ich bin wütend auf mich selbst. Es ist so erbärmlich, dass ich mich an dieses schmelzende Nichts klammere, aber ich entdecke darin eine Spur des Doms, den ich zu kennen glaubte, und daran festzuhalten gibt mir das Gefühl, nicht verrückt zu werden.
    Unsere gemeinsam verbrachte Zeit war wie eine Perlenkette, bei der sich Moment an Moment zu einem Leben addierte, und ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, ein einzelnes Teil daraus ans Licht zu halten und zu fragen, was es über ihn aussagte. Ich hatte mich nie gefragt, ob Dom ein guter Mensch war, meiner Liebe würdig, ich liebte ihn einfach. Jetzt jedoch habe ich mich in eine aufgemotzte Historikerin verwandelt und durchkämme die Vergangenheit, um zu ergründen, ob der Mann, den ich geheiratet habe, womöglich nicht mehr war als die von mir geschaffene Fiktion. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder mit derselben naiven Unschuld lieben oder mich zumindest verlieben kann, aber das ist vielleicht auch gar nicht so schlecht. Sosehr ich mich auch für Marsha freue, so setzt mir doch der Gedanke, die Verantwortung für den Junggesellinnenabschied zu übernehmen, ziemlich zu.
    Ich schäme mich zwar, es zuzugeben, aber am Mittwochmorgen gibt es wieder einen Moment, wo ich wie gelähmt war. Oscar schleicht sich herein und überrascht mich, und ich schiebe

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