Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Außerirdischen.
»Gefällt er dir?«, fragt sie und zupft daran, bis er keck sitzt. »Das sind die ersten Früchte meiner Mühen.«
»Ja, er ist … er ist sehr attraktiv«, sage ich und ziehe sie aus der Kälte in die Wohnung.
»Danke. Für heute Abend wurde der Kurs übrigens abgesagt. Die reizende alte Dame, die ihn leitet, ist eine Strickgöttin, neigt aber zu Reizhusten.«
»Ach nein!«, sage ich ein wenig zu mitfühlend.
»Ich weiß, aber auf diese Weise haben wir Gelegenheit, das richtig durchzukauen.« Was für ein widerlicher Ausdruck. Sollte ich versuchen, Oscar abzusagen? Ein verlockender Gedanke, aber ich kann es nicht rechtfertigen. Es käme einer Beleidigung für den einen oder auch für beide gleich. Ich atme tief durch und schenke Weißwein ein.
»Ich habe ein paar Neuigkeiten«, verkünde ich und skizziere dann in groben Zügen, was bei mir so läuft. Mir ist klar, dass ich dabei die Farbe vernachlässige und den Spaßmoment verdränge, als säße ich im Beichtstuhl.
»O, schön für dich«, sagt Marsha und spielt mit dem Rand ihres wollenen Raumschiffs. Ich warte, dass sie noch etwas hinzufügt, aber es kommt nichts mehr.
»Was?«
»Klingt ganz danach, als stünden dir noch eine Menge Herausforderungen bevor. Die empfindliche Tochter, die Mutter, die immer noch mitmischt …«
Obwohl es genau die Überlegungen sind, die auch mir durch den Kopf gehen, kann ich nicht umhin, mich zu ärgern. Wieso kann sie sich nicht daran erfreuen, dass ich wieder im Sattel sitze?
»Die Liebe präsentiert sich nicht immer zwingend auf ganz perfekte Weise«, erwidere ich trocken.
Oscar hat vielleicht nicht die beste Erfolgsgeschichte aufzuweisen, aber er sieht wenigstens nicht aus wie ihr vierschrötiger Zukünftiger.
»Dann liebst du ihn also?«, fragt sie mit neugierigem Blick.
Ach gütiger Gott, vielleicht ja, ein bisschen wenigstens. Jedenfalls denke ich sehr oft an ihn, selbst wenn viele dieser Gedanken in die neurotische Richtung gehen. Laut zugeben kann ich es noch nicht, noch nicht einmal vor mir selbst.
»Ich weiß nicht … ich könnte ihn lieben.«
»Wie meinst du das, könntest du ihn in einer hypothetischen Zukunft lieben oder jetzt, wenn du bereit wärst, dir das einzugestehen?« Diese verflixte Marsha und ihr Vorsitz im Debattierklub der Bristol University.
»Eher beides …«, gebe ich nervös zu und bin überglücklich, als ich Milly den Flur entlangkommen höre.
»Hallo«, sagt Marsha mit erzwungener Fröhlichkeit. Milly setzt zu Wangenküssen an, aber Marsha ist mit diesen kontinentalen Kinkerlitzchen nicht vertraut und zieht sich versehentlich schon zurück, bevor der zweite Kuss landet.
»Gratuliere!«, sagt Milly, und wir sind bald darauf in ein Gespräch über Hochzeitsvorbereitungen vertieft. Marsha ist allein losgezogen und hat sich ohne jede Beratung ein Hochzeitskleid bei Cowthorpes gekauft, einem kleinen Kaufhaus in der Nähe unserer Eltern, in dem man sich sofort an das Filmset von Werden Sie schon bedient? erinnert fühlt. Eine Einkaufserfahrung, wie man sie heute nicht mehr kennt.
»Ein fantastischer Kauf«, sagt sie triumphierend. »Es war ein redliches Angebot.«
»Wie viel?«
»Neunundneunzig neunundneunzig. Und es passt perfekt. Na ja, fast perfekt. Wenn es erst mal aus der Reinigung kommt, wird es völlig in Ordnung sein.«
»Ich denke, bei dem Preis kannst du dich auch noch nach was anderem umsehen«, schlage ich vor. »Ich meine, für ein Vintageteil musst du auch nicht viel mehr ausgeben.«
»Vintage ist doch nur eine schicke Art, Secondhand zu sagen«, erwidert Marsha spitz. »Nein, es ist perfekt, ganz schlicht. Ich meine, du sahst ganz reizend aus, aber es wirkt doch wohl etwas lächerlich, wenn man sich mit über dreißig noch aufmotzt wie eine jungfräuliche Preispute.«
Bei der Erinnerung, wie ich in mein Prinzessinnenbrautkleid gestiegen bin, durchzuckt es mich leicht. Es war ein bisschen übertrieben, aber ich wollte für diesen einen Tag sämtliche Zweifel außer Kraft setzen, die Ironie verbannen und mich in der traditionellsten Version der Liebe verlieren, die ich mir vorstellen konnte.
»Lass uns über die Drinks reden«, werfe ich eilends ein. »Der Raum muss zwar erst noch hergerichtet werden, aber ich denke, er ist der perfekte Rahmen dafür.«
»Da ich jetzt weiß, womit du dich befasst hast, ergibt alles einen Sinn! Hast du den Mann der Stunde denn schon kennengelernt?«, erkundigt sie sich bei Milly.
»O, er ist göttlich! Ich bin
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