Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
hinunter.
»O nein, bleib doch!«, sage ich und meine das auch ernst. Es gefällt mir gar nicht, dass sie mit einem derart schlechten Eindruck von Oscar nach Hause geht. Sie kennt ihn nicht so wie ich und wird deshalb nicht verstehen, dass man seine Launen nicht so ernst nehmen soll. Außerdem finde ich ihre Anwesenheit recht angenehm.
»Ja, bleiben Sie«, ergänzt Oscar. »Ich brauche noch ein paar Insiderinformationen über die hier«, sagt er und zieht mich an sich heran, sodass seine Arme sich über meiner Brust verschränken. »Hat sie immer nachsitzen müssen? Sie war sicher ein ungezogenes Mädchen.«
»Eigentlich selten«, sagt Marsha, die sich weigert, den Köder aufzuschnappen. Sie zieht ihren grünen Mantel an und knöpft ihn bis zum Hals zu.
»Und Sie müssen mir alles über die Party erzählen«, ergänzt er. »Es ist unsere erste, wir wollen alles richtig machen.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen«, erwidert sie höflich, »aber ich muss nach Hause zu meinem Verlobten.« Wieder dieses strahlende Lächeln der Zufriedenheit. Keine Selbstzufriedenheit – Zufriedenheit. »Ich möchte nicht, dass er glaubt, ich sei durchgebrannt.«
»Bist du dir sicher?«, sage ich und halte ihre behandschuhte Hand fest.
»Ganz sicher«, sagt sie, und ich begleite sie den Flur entlang. »Ich werde dich morgen anrufen«, sagt sie mit einem schmalen Lächeln.
»Mach das!«, sage ich. »Tut mir leid, er ist sehr leidenschaftlich.«
»Offensichtlich.«
»Und wir müssen einen Termin für die Ortsbesichtigung ausmachen.«
»Auf jeden Fall. Gute Nacht, Amber. Köstlich wie immer.«
Ich schließe hinter ihr die Tür und frage mich, warum ich mich so elend fühle, sie in die schwarze Dunkelheit zu entlassen. Ich bleibe noch einen Moment an der Tür stehen, die Stirn gegen die Scheibe gedrückt, bis das Knallen eines Champagnerkorkens mich zurück in die Küche holt. Oscar und Milly lachen sich kaputt, und er beglückt sie mit einer Geschichte über die sechs Monate, die er in einer römischen Küche zugebracht hat.
»Ich wusste gar nicht, dass du ein Sous in Rom warst«, sage ich, während ich unsere Teller zusammenstelle.
»Doch, das habe ich dir erzählt«, sagt er.
»Nein, nein, hast du nicht. Möchtest du was davon? Tut mir leid, dass wir ohne dich gegessen haben.«
»Danke, mein Schatz, ich bin satt. Ich habe was in der Küche gegessen.« Ich suche nach einem entschuldigenden Lächeln, aber keine Spur davon. »Und der Chefkoch ist dieser Typ aus Neapel, dem die Mafia aus allen Poren tropft …«
Ich bin froh, dass ich den Tag nicht mit der Zubereitung eines Beef Wellington zugebracht habe. Und selbst beim Gedanken an den Käsekuchen, der stolz im Kühlschrank thront, wird mir leicht schwindelig.
»Er setzt mich also in diesem Loch von einer Wohnung in Trastevere ab«, fährt Oscar fort und schenkt mir Wein nach, bis das Glas fast überläuft. Er reicht es mir und versucht mich dabei an sich heranzuziehen, aber ich konzentriere mich darauf, in der Küche wenigstens einen Anschein von Ordnung herzustellen. Dies scheint mir plötzlich sehr wichtig zu sein.
Eine Stunde später gehen wir zu Bett, obwohl Oscar allem Anschein nach noch jede Menge Geschichten auf Lager gehabt hätte. Ich führe ihn in mein Schlafzimmer und bin mir dabei nur allzu bewusst, wie schutzlos es mich macht, ihn in mein privates Reich einzuladen. Alles scheint bis zur letzten Staubfluse kunstvoll arrangiert zu sein, aber ich ertappe mich doch dabei, es mit seinen Augen zu sehen. Auf dem Frisiertisch steht dieser Schnappschuss von Dad mit seiner witzigen Gabel, aufgenommen beim Grillen, ansonsten gibt es bis auf ein paar nach Boudoir aussehenden Samtkissen und einer zu stark parfümierten Duftkerze nicht viel. Ich blase sie aus, und meine Augen beginnen zu brennen, als ich das Foto ansehe. Bei der Aufnahme dürfte Dad jünger gewesen sein als Oscar, obwohl er der Inbegriff des Erwachsenseins war. Ein merkwürdiger Gedanke.
»Das bist also du?«, sagt er.
Nicht wirklich. Eigentlich fühlt es sich ein wenig steril und gemietet an, seit die zerstreut herumliegenden Wäschestücke in den Wäschekorb verbannt wurden, wo sie auch hingehören. Es ist nicht vergleichbar mit Oscars pied à terre , wo jeder Quadratzentimeter mit seinem wilden Moschusduft getränkt ist. Meine Wohnung entsprach mir, sie war eine chaotische Verschmelzung von Dom und mir, wo seine Klassiker des französischen film noir mit meinen romantischen Komödien um den Platz
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