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Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Titel: Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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beschäftigt, Sievers Unrecht getan zu haben. Mein Unterbewusstsein behelligte mich dabei erfreulicherweise nicht mit der Erkenntnis, in die Hände eines Typen gefallen zu sein, der mich zu meinen konkreten Plänen betreffs meines Toilettengangs interviewte oder Reggae in einer erbarmungslosen Endlosschleife laufen ließ. Ich fragte mich, ob sich Buffalo Soldier für immer in mein Hirn graviert hatte wie ein Name in ein Türschild.
    Trotzdem: Sievers hatte die Wahrheit gesagt.
    Dann sagte Sievers: »Zahnpasta.«
    Â»Was Zahnpasta?«, fragte Uwe verträumt.
    Â»Zahnpastatube. Das Haschisch ist in den Zahnpastatuben. Todsicheres Versteck. Und was da alles reinpasst.«
    Ich sprang in die Fahrerkabine und packte Sievers bei der Gurgel. Uwe brüllte: »Denk an den Strand!«, und dann kamen wir auch schon in den Gegenverkehr.
    Abend auf einer spanischen Autobahn. Die Polizei hatte uns auf eine Tankstelle gezogen. Der Tacho des Wohnmobils zeigte knapp 1000 Kilometer an. Was den Kilometerstand betraf, würden wir Geld zurückbekommen. Allerdings ging ich davon aus, dass die Verleihfirma sich vielleicht die Mühe machen würde, in einer ruhigen Stunde das vollkommen zerstörte Wohnmobil gegenzurechnen.
    Sievers’ 200 Dosen Bier waren über die Fahrbahn gerollt, als die Tür aus den Angeln gerissen worden war.
    Wir sprachen nicht über unseren kleinen Unfall.
    Auch nicht, nachdem der Telefonist des ADAC »Uiuiuiui« geraunt hatte, als Uwe ihm unser kleines Problem schilderte.
    Der Abschleppwagen würde irgendwann in der Nacht ankommen. Es war nicht damit zu rechnen, dass das Wohnmobil zusätzliche Kilometer auf den Tacho bekam.
    Â»Die haben kein kaltes«, sagte Uwe und setzte sich neben mich.
    Er reichte mir ein San Miguel, das spanische Vorzeigebier, grüne Dose, Temperatur wie eben frisch aufgebrüht. »Jetzt zeig, dass du ein Mann bist.«
    Â»Kein Kühlschrank in der Tanke?«
    Â»So gesehen hatten die nicht mal Bier«, meinte Uwe und riss seine Dose auf.
    San Miguel. Vielleicht war das der Schutzheilige der Herrenschneider.
    Sievers plumpste neben uns.
    Uwe gab ihm eine Dose.
    Â»Ich heiße übrigens Horst«, sagte Sievers leise.
    Â»Dafür, dass deine Eltern dich hassen, lassen sie ganz schön was springen«, erwiderte ich. Ich trank. Es schmeckte wie nasses Weißbrot.
    Sievers erhob sich und kletterte in das Wrack. Eine Minute später kehrte er zurück.
    Â»Der Kassettenspieler ist kaputt.«
    Â»Man kann ja nicht immer Pech haben«, sagte Uwe glücklich.
    Wir stießen an, Uwe erbrach einen Toast, ich spülte meinen runter.
    Dann beobachteten wir den Sonnenuntergang.

EBAY-EULE
    B evor ich das mit der Eule erzähle, muss ich kurz erwähnen, dass es mir nicht gut geht. Ich bin 45. Krise. Krieg nix mehr hin. Aus und vorbei.
    Gemerkt? In einem Atemzug »45«, »Krieg« und »aus« untergebracht.
    Eigentlich sollte dieser Text auch einen alarmierenden Titel führen. Nach eingehenden Überlegungen blieben noch zwei Favoriten übrig.
    Die geheimen Leckmuscheln der Waffen-SS
    oder
    Der Fall John F. Kennedy – es war Selbstmord
    Ich hab den vorliegenden Text ein paar Mal gegengelesen und festgestellt: Die Titel sind nicht haltbar. Es tut mir leid.
    Ich bin mitten in der Midlife-Crisis. Du stehst eines Morgens auf und hinterfragst alles. Deine Jugend kommt dir wie gestern vor, und dein Unterbewusstes beginnt, dir Einspieler aus der Kindheit ins Gedächtnis zu liefern. Das Problem ist, dass dein Unterbewusstsein das nur tut, wenn du es gerade nicht benötigst.
    Vor kurzem: Vorstellungsgespräch.
    Â»Herr Sträter, schön Sie kennenzulernen. Bitte erzählen Sie mir etwas zu Ihrem beruflichen Werdegang – und warum Sie sich ausgerechnet für eine Stelle in unserem Unternehmen interessieren.«
    Â»Ich sach mal so: Keine Ahnung, aber die Protagonisten der Kinderserie RAPPELKISTE hießen RATZ und RÜBE.«
    Personalchef kuckt skeptisch, also füge ich hinzu:
    Â»Im Ernst. RATZ und RÜBE. Da lege ich meine Hand für ins Feuer.«
    Â»Herr Sträter, lassen Sie uns bitte wie normale Menschen …«
    An diesem Punkt springe ich auf und rufe: »LOLEK und BOLEK! Die beiden Zeichentrick-Polen! Ewig nicht dran gedacht. Der eine fett und dumm wie Kies, der andere dünn und genauso neben der Spur. Junge Junge, waren das Spacken. Kennense noch? Hand aufs

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