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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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hatte sie immer wieder feststellen können, dass Menschen ganz vertraut miteinander lebten und dennoch die wirklich wichtigen Dinge nicht voneinander wussten. Na ja, eigentlich ging sie das ja auch nichts an. Ihre Aufgabe war es, die Morde an Malwine und an Günther zu klären.
    Franziska nahm die von Olga ausgedruckte Liste zur Hand und ging mit Waldmoser noch mal alle Treiber durch.
    »Dieser Mann hier«, sagte sie schließlich und wies auf einen Namen im unteren Bereich der Aufstellung, »hat offensichtlich kein Alibi für die Zeit um neunzehn Uhr. Er sagt, er weiß nicht, wo genau er war, und dass er sich grundsätzlich nicht mehr so klar an diesen Tag erinnert. Er sagt aber auch, dass er keine Uhr besitzt.«
    »Ach, du meine Güte.« Kopfschüttelnd stand Waldmoser auf und machte sich an seinem Computer zu schaffen. »Die haben dem einfach zu viel Zielwasser eingeflößt. Das ist der junge Perbinger. Schauen Sie, der war dabei, als wir die Strecke ausgelegt haben.« Er lud die Fotos seiner Jagdgesellschaft hoch. »Sehen Sie, da steht er. Vertragen halt nix mehr, die jungen Leut. Das Bild wurde übrigens genau um achtzehn Uhr fünfundfünfzig geschossen.« Er wies auf das Feld mit den Dateieigenschaften.
    Der junge Mann wirkte in der Tat so, als begreife er nichts mehr von dem, was um ihn herum geschah. Mit halb offenem Mund, krampfhaft aufgerissenen Augen und gefurchter Stirn starrte er auf die Strecke von Hasen und Rebhühnern und schien sich gleich übergeben zu müssen. Unaufgefordert klickte Markus Waldmoser das nächste Bild an. »Sehen Sie, da hat er dann speiben müssen, der Bua, also ich in dem Alter …«
    »Ja, danke.« Sie erhob sich, bevor er ihr darlegen konnte, was für ein Held er mit sechzehn Jahren gewesen war. »Nicht dass wir jetzt weiter sind, aber den Herrn Perbinger können wir ja wohl offensichtlich ausschließen.«
    »So seh ich das auch.«
    »Sind Sie sich eigentlich ganz sicher, dass Ihre Waffe von niemandem außer Ihnen selbst angefasst wurde?«, fragte Franziska betont beiläufig. Der Bürgermeister schien ernsthaft nachzudenken.
    »Kann sein«, meinte er dann, »dass meine Elise sie in den Schrank geschlossen hat – warum?«
    »An Ihrer Waffe haben wir Fingerabdrücke einer anderen Person gefunden. Die werde ich dann mal gelegentlich mit denen Ihrer Frau abgleichen.«
    »Ja, tun Sie das.« Er lachte. »Das wird die Elise freuen, wenn sie erkennungsdienstlich erfasst wird.
    Seitdem die neue Telefonanlage installiert worden war, meinte Franziska bereits am Blinken des Anrufbeantworters die Qualität der dort hinterlegten Botschaften erkennen zu können. So war es auch heute. Sie wusste schon jetzt, dass sie sich ärgern würde.
    Logisch. Und Bruno war natürlich auch nicht an seinem Platz. Sie sah auf die große weiße Wanduhr zwischen den beiden Fenstern, und ihr war klar, dass er heute nicht mehr kommen würde.
    Verstimmt hängte sie ihre Jacke in den Schrank und warf den Wasserkocher an. Erst einmal eine Tasse Tee.
    Die erste Nachricht war von ihrem Mann. Er müsse noch mal weg, und es könne sehr spät werden – sie solle besser nicht auf ihn warten.
    »Wo musst du denn hin?«, murmelte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Ich dachte, bei dir passiert alles im Kopf oder auf dem Bildschirm des Computers. Hast du nicht gesagt, du genießt es, gar nicht mehr vor die Tür zu müssen? Und jetzt diese blöde Ich-bin-dann-mal-weg-Nummer. So was sagen doch nur Ehemänner in schlechten Romanen, und dann gehen sie für immer. Scheiße!« Sie stützte beide Ellenbogen auf die Tischplatte und starrte das Telefon an.
    Sie hasste es, heimzukommen und niemanden vorzufinden. Eigenartigerweise wurde ihr erst jetzt bewusst, dass sie vermutlich deshalb einen Hausmann geheiratet hatte: Christian hieß nicht nur Hausmann, er war auch fast immer daheim, nahezu verwachsen mit seinem großen gläsernen Schreibtisch, den er jeden Tag polierte und in dessen Fläche sich der Bildschirm seines Computers spiegelte. Das alles war gut, so wie es war. Sie brauchte das. War sie zu lange allein mit dem Kater in der großen Wohnung, neigte sie dazu, sich in Krisen hineinzusteigern und sich Katastrophen vorzustellen. Wie so oft, beschloss sie auch jetzt, dieses Muster einmal zu durchbrechen und ausnahmsweise gelassen zu bleiben.
    Da war noch eine Nachricht. Sie war sich nicht sicher, ob sie die jetzt noch hören wollte, drückte dann aber doch auf den Wiedergabeknopf.
    Es war Gustav Wiener.
    Eigenartig

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