Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Selig sind die Dürstenden: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
Vom Netzwerk:
gewisse Ähnlichkeit mit Cato Iversen. Sein Gesicht ist etwas schmaler, aber in der letzten Zeit hat er sich reichlich seltsam benommen. Weil ich mit ihm zusammenarbeite, möchte ich lieber anonym bleiben. Wir arbeiten beide bei der Ausländerbehörde, wo er zu den normalen Zeiten (Bürozeit) erreichbar ist.«
    »Bull’s eye«, murmelte Hanne Wilhelmsen und riß den anderen Zettel, den Erik ihr hoffnungsvoll hinhielt, an sich.
    »Es bestürzt mich, zu sehen, welche Ähnlichkeit diese Zeichnung mit meinem Nachbarn Cato Iversen hat. Er wohnt in Kolsås, im Ulveveien 3, und arbeitet bei der Ausländerbehörde, soviel ich weiß. Zeitweise kommt er nur sehr selten nach Hause. Er ist Junggeselle.«
    Der Brief war unterschrieben, doch der Absender bat, seinen Namen nicht zu erwähnen.
    Dreißig Sekunden später stand Hanne Wilhelmsen in Håkon Sands Büro.
    »Ich brauche einen blauen Zettel.«
    »In welchem Zusammenhang?«
    »In unserem Fall natürlich.«
    Sie reichte ihm die beiden Tips. Aber seine Reaktion fiel ganz anders aus als erwartet. Ruhig las er beide Zettel zweimal durch, dann gab er sie ihr zurück.
    »Jetzt erkläre ich dir meine Theorie«, hob sie an, ein wenig verwirrt von der niederschmetternden Ruhe des Adjutanten. »Hast du je von Signaturverbrechen gehört?«
    Natürlich hatte er das. Er las schließlich Bücher.
    »Der Täter hinterläßt irgendein Kennzeichen, ja? Das Kennzeichen wird bekannt, durch die Zeitungen oder einfach durch das Gerede. Dann will irgendein anderer jemanden loswerden, und deshalb verkleidet er ›seinen‹ …« Sie winkte mit den Fingern. »… ›seinen‹ Mord als einen der ursprünglichen Serie.«
    »Aber das klappt doch nie«, murmelte Håkon Sand.
    »Nein, genau. In der Regel geht es in den Teich, weil die Polizei nicht alle Merkmale öffentlich gemacht hat. Aber hier, Håkon, hier stehen wir vor der umgekehrten Situation.«
    »Vor der umgekehrten Situation. Aha. Wovon denn?«
    »Von dem Mord, der, als einer aus der Serie verkleidet, dazwischengeschmuggelt wird.«
    Håkon Sand räusperte sich diskret hinter vorgehaltener Faust und hoffte, sie werde das ohne weitere Aufforderungen genauer erklären.
    »Wir haben es mit einem Signaturmörder zu tun, der einen Patzer macht! Er will ein weiteres Verbrechen in seiner Serie ausführen, aber dann geht etwas schief. Nein, ich will jetzt konkret werden.« Sie zog ihren Stuhl an seinen Schreibtisch und schnappte sich einen leeren Zettel und einen Kugelschreiber. Dann zeichnete sie rasch eine Miniaturausgabe der Zeitlinie, die sie auf der Overheadfolie im Bereitschaftsraum vorgeführt hatte.
    »Am 29.   Mai wollte er wieder eine Asylbewerberin vergewaltigen und umbringen. Und zwar diese hier.«
    Sie knallte einen Ordner auf den Tisch. Håkon faßte ihn nicht an, drehte sich aber so, daß er den Namen lesen konnte. Es ging um die Frau im Erdgeschoß. Die, die sie gestern abend nicht angetroffen hatten.
    »Schau mal«, sagte Hanne fast übereifrig und blätterte in den Papieren. »Sie ist total perfekt. Ist allein nach Norwegen gekommen. Zu ihrem Vater, dachte sie, aber der ist wenige Tage vor ihrer Ankunft gestorben. Sie hat eine Wohnung und etwas Geld geerbt und wartet nur darauf, daß die Ausländerbehörde in die Gänge kommt. Ein perfektes Opfer. Wohnt nicht einmal in einem Flüchtlingsheim.«
    »Aber warum hat er sie nicht umgebracht, wenn sie doch so perfekt ist?«
    »Das wissen wir natürlich nicht. Aber meine Hypothese ist, daß sie nicht da war. Weg, verreist, was weiß ich. Sie hat mir zwar gesagt, sie habe geschlafen und nichts gehört, aber bei der Angst, die diese Leute vor der Polizei haben, kann das sehr gut gelogen sein. Da steht er nun. Bis Kristine Håverstad auftaucht. Spitzenfrau. Anziehend. Und dann nimmt er einfach einen Tausch vor.«
    Håkon Sand mußte zugeben, daß diese Theorie etwas für sich hatte.
    »Aber warum hat er sie danach nicht umgebracht?«
    »Das ist doch klar«, sagte Hanne Wilhelmsen und stand auf. Trotz ihres Eifers wirkte sie steif vor Erschöpfung. Sie stemmte die Arme in die Hüften und ließ den Oberkörper mehrmals kreisen.
    »Wie viele Vergewaltigungsfälle stellen wir ein, Håkon?«
    Er breitete die Arme aus.
    »Keine Ahnung. Verdammt viele jedenfalls. Viel zu viele.«
    Sie setzte sich wieder und beugte sich zu ihm vor. Die Narbe über dem Auge trat jetzt deutlicher hervor, das fiel ihm auf. Ob sie abgenommen hatte?
    »Wir stellen pro Jahr über hundert Vergewaltigungsfälle ein,

Weitere Kostenlose Bücher