Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
gesucht«, erklärte Ivy. »Wir haben ihn den Nil hoch hinter dir hergeschickt. Ich dachte … Oh, ich dumme Gans, ich dachte, er hätte euch eingeholt. Oh, ich weiß gar nicht, was ich dachte.«
»Floote hat nach mir gesucht? Vermutlich wollte er mir alles erklären.«
Madame Lefoux drängte auf weitere Einzelheiten. »Was genau erklären, Alexia?«
»Oh, Sie wissen schon, die Gottesbrecher-Plage. Den Mord an Dubh. Und einiges mehr.« Alexia reichte Genevieve den kleinen Stapel Papyruszettel aus der Äthografenstation. »Biffy sagt …« Alexia brach ab und blieb stumm, während Madame Lefoux die Nachrichten überflog.
Prudence kam hereingerannt. »Mama!«
Alexia sah nicht auf, doch das kleine Mädchen ergriff ihre Hand. »Mama, böse Männer! Zurück.«
»Ach ja? Hast du dich wieder unter dem Bett versteckt?«
»Ja.«
Das Kindermädchen kam herein, Percy fest an die bebende Brust gedrückt. »Sie sind zurückgekommen, Mrs Tunstell! Sie sind zurückgekommen!«
Mit bleichem Gesicht sprang Ivy auf und fuhr sich mit beiden Händen an die Kehle. »O gütiger Himmel! Percy, geht es ihm gut?«
»Ja, Madam, ja.« Das Kindermädchen übergab den kleinen Rotschopf in Ivys innige Umarmung. Percy rülpste zufrieden und völlig unbeeindruckt.
»Schau«, sagte Prudence, die immer noch versuchte, die Aufmerksamkeit ihrer Mutter zu erringen.
»Ja, Liebes, sehr klug von dir, sich unter dem Bett zu verstecken. Braves Mädchen.«
»Mama, schau!« Prudence wedelte mit etwas vor dem Gesicht ihrer Mutter herum, die ins Leere starrte.
Sanft nahm es ihr Madame Lefoux aus den Händen. Es war eine mit einer Schnur zusammengebundene Rolle aus schwerem Papyrus. Die Erfinderin entrollte die Nachricht und las sie laut vor.
»›Lady Maccon soll kommen, um das Kind zu holen. Allein. Heute Abend nach Sonnenuntergang.‹ Und sie nennen eine Adresse«, fügte sie hinzu.
»Oh, Primrose!« Ivy brach in eine Flut von Tränen aus.
»Ich nehme an, sie haben auf meine Rückkehr gewartet«, vermutete Alexia.
»Denken Sie, dass sie es von Anfang an auf Sie abgesehen hatten?«, fragte Madame Lefoux.
Alexia blinzelte. Ihr war, als würde sich ihr Gehirn wie eine Schnecke bewegen – eine richtige Schnecke, langsam und schleimig. »Das wäre möglich, aber dann haben sie das falsche Kind entführt, oder nicht?« Alexia stand auf und begab sich mit langsamen Schritten zur Tür.
»Wohin gehen Sie?«, fragte Madame Lefoux.
»Es ist nach Sonnenuntergang«, sagte Lady Maccon, als wäre alles Weitere völlig offensichtlich.
»Aber, Alexia, seien Sie doch vernünftig! Sie können nicht einfach loslaufen und die Anweisungen dieser Gauner befolgen!«
»Warum nicht? Wenn uns das Primrose zurückbringt?«
Ivy konnte vor Zittern nicht sprechen. Ihr Blick flog zwischen Alexia und der Französin hin und her. Ihr Hut, eine champignonähnliche Turban-Imitation mit einem Fächer aus Pfauenfedern an der Hinterseite, bebte unter einem Übermaß an Gefühlsregung.
»Es könnte gefährlich sein«, mahnte Madame Lefoux.
»Es ist immer gefährlich«, entgegnete Lady Maccon trocken.
»Alexia, seien Sie kein Dummkopf! Sie können nicht sterben wollen . Sie sind nicht der Typ für Melodramatik. Conall ist fort . Sie müssen Ihren Weg ohne ihn weitergehen.«
»Ich gehe ja. Ich gehe, und zwar jetzt gleich, um die Entführer zu treffen und Primrose zurückzuholen.«
»So habe ich das nicht gemeint! Was ist mit Prudence? Sie braucht ihre Mutter.«
»Sie hat Lord Akeldama.«
»Das ist nicht ganz dasselbe.«
»Nein, es ist besser. Lord Akeldama ist Mutter und Vater zugleich, und es sieht nicht danach aus, als ob er in naher Zukunft sterben wird.«
»O gütiger Himmel, Alexia – bitte warten Sie! Wir müssen das erst besprechen und einen Plan schmieden.«
In diesem Moment kam der Hotelangestellte in den Salon. »Mr Lefoux? Hier ist ein Gentleman für Sie, ein gewisser Mr Naville. Er behauptet, er hätte Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen.«
Genevieve erhob sich und eilte an Lady Maccon vorbei. »Bitte warten Sie noch ein paar Minuten, Alexia, ja?«
Alexia sah der Französin nach, wie sie durch die Empfangshalle auf eine kleine Schar von Gentlemen zumarschierte. Einer von ihnen war noch sehr jung, ein anderer trug einen Handkoffer, in dessen Leder das Zeichen eines Oktopus geprägt war.
Sie sah, wie Madame Lefoux den Kopf auf die Seite legte, ihr kurzes Haar mit der Hand nach oben schob und ihren Kragen und die Halsbinde nach unten zog, um ihren
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