Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
erreichen. Anfangs sah es auch ganz danach aus, als würden wir es schaffen. Das Dickicht, das den Skelettfluss wie ein grüner Panzer umgab, lichtete sich alsbald, und ich konnte endlich mit Schneisenschlagen aufhören.
Wir erreichten einen Dschungel aus riesigen Bäumen, deren Kronen weit über unseren Köpfen ein undurchdringliches Dach bildeten. Nicht ein Sonnenstrahl berührte den trockenen, festen Boden. Niedere Vegetation hatte keine Möglichkeit zur Entfaltung und konnte uns somit das Vorankommen nicht erschweren. Entsprechend unfruchtbar und darüber hinaus überraschend still präsentierte sich der Forst, den Luke passend „Schweigenden Wald“ taufte. Nur hier und da erklang der traurige Ruf eines einsamen Vogels.
Wir wanderten zügig durch dieses düstere Labyrinth aus unzähligen kahlen, dicht mit Moos bewachsenen Stämmen, die sich uns breit wie Häuser entgegenstellten. So gut wie unter diesen Umständen möglich versuchten wir südöstlichen Kurs zu halten.
Stunden später wurde das Gelände hügeliger. Die Urwaldriesen nahmen ab, aufdringliches Dickicht in gleichem Maße zu. Viel zu früh kamen wir mit stark gedrosselter Geschwindigkeit nur noch erneut wild um uns schlagend vorwärts. Der Flurschaden, den wir hinterließen, würde noch wochenlang zu sehen sein. Wir wechselten einander mit Schneisenschlagen ab, doch schien die kräftezehrende Tortur kein Ende nehmen zu wollen.
Nach weiteren Stunden der Verzweiflung änderte sich das Terrain abrupt. Steil ging es plötzlich bergan, unerwartet steil. Ein Vorwärtskommen aufrechten Ganges gestaltete sich gerade noch möglich, oftmals jedoch nur unter Zuhilfenahme beider Hände. Einen Vorteil barg die Veränderung: Strauchwerk und Gestrüpp zogen sich zurück. Endlich standen wir auf der überwiegend kahlen Kuppe eines ansehnlichen Hügels, der eine herrliche Rundumsicht bot.
„Himmel, was für ein Ausblick!“ Luke sprach mir aus der Seele.
Der Blick zurück ließ sich nur schwer beschreiben. Die Kronen der Baumriesen, die der Hügel nur knapp überragte, bildeten einen schnurgeraden, überdimensionalen Teppich aus allen erdenklichen Grüntönen soweit das Auge reichte. Hier und da hingen zerbrechlich wirkende Nebelschwaden über dem Blätterdach. So etwas hatten wir drei Reisenden noch nicht gesehen, entsprechend nachhaltig ergriff uns dieser majestätische Anblick.
„Und da haben wir uns durchgekämpft?“ Krister kratzte sich nachdenklich an der Schläfe. „Kaum zu glauben.“
Den Blick nach vorne gerichtet ging es weiter durch unebenes, hügeliges Gelände. Die Vegetation passte sich den veränderten Gegebenheiten an. Gedrungenere Bäume beherrschten das Landschaftsbild. Buschwerk hielt sich in Grenzen. Wir konnten endlich anständig marschieren, auch wenn ich mich mit dem ewigen Auf und Ab wenig anfreunden wollte.
Irgendwann meinte Luke: „Findet ihr nicht auch, dass diese Hügel auf merkwürdige Weise künstlich aussehen?“
Jetzt wo er es aussprach, fiel mir ein, ähnliches auch schon beiläufig gedacht zu haben. Nur hatte ich dem keine Wichtigkeit beigemessen. In Gedanken befand ich mich schon in Hyperion, wo ich meinen Bruder aufzuspüren beabsichtigte. Eine leise Ahnung verriet mir, ihn dort nicht zu finden, ein momentaner Eindruck, der durchaus falsch sein konnte... doch ich hatte bereits sehr wohl gelernt, spontanen Eingebungen in gewissem Maße zu vertrauen.
„Sie wirken unnatürlich ebenmäßig, nicht wahr? Würde mich nicht wundern, wenn auf ihnen Schafe weideten. Der dort drüben hat auch eine viel zu flache Kuppe, um echt zu sein.“ Luke deutete auf eine mit Gräsern und niedrigem Gesträuch bewachsene Erhebung zu unserer Linken, keine zehn Meter hoch.
Wir verweilten einen Augenblick und begutachteten sie eindringlicher. Bei genauerem Hinsehen blieb keine andere Wahl, als ihren unnatürlichen Ursprung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit akzeptieren zu müssen.
„Merkwürdig“, fand nun auch Krister. „Sieht aus wie irgendwann einmal in jahrelanger Arbeit aufgeschaufelt. Aber wer um alles in der Welt sollte hier im Niemandsland Hügel bauen? Und wozu?“
„Und nicht nur einen“, gab ich zu bedenken. „So wie es aussieht, gibt es davon viele mehr.“
„Vielleicht waren es die Uhleb“, meinte Luke plötzlich und setzte damit ein Räderwerk in meinem Kopf in Bewegung. Was hatte ich nicht alles über dieses ausgestorbene Urvolk Gondwanas in den Aufzeichnungen von Radan gefunden? War es ihnen nicht
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