Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
Haus, währen die anderen noch immer wie angewurzelt dastanden. Als ich zur Seite blickte, meinte ich den Haarschopf des Jungen zu sehen, der uns in der Scheune belauscht hatte. Doch es war nur gut, dass er seinen Herrn bereits vorgewarnt hatte. Nun würden wir ja sehen, was dieser von dem Angebot hielt, das wir ihm zu machen hatten.
Es waren immerhin keine bewaffneten Männer, die aus dem Haus stürmten. Stattdessen kam uns eine junge Frau entgegen. Ihr rötlich blondes Haar reichte bis weit über ihre Hüfte und fiel wie ein Schleier über ihr grünes Gewand. Ich schätzte sie für nicht älter als achtzehn Sommer.
»Ich bin Giselle d’Azième«, stellte sie sich vor. »Mein Vater ist die nächsten Tage leider nicht im Haus, Ihr müsst mit mir vorliebnehmen.«
Sayds Augen weiteten sich, doch dann verschloss sich seine Miene wieder und er verbeugte sich höflich. »Wir würden uns freuen, wenn Ihr bereit wäret, uns anzuhören. Wir sind Reisende aus dem Orient, die vom Schicksal Eurer Glaubensbrüder in Carcassonne gehört haben.« Der Reihe nach stellte er uns vor und verwendete für sich den Namen, mit dem Jared ihn seinem Freund vorgestellt hatte.
»Wir würden gern mehr erfahren über Euren Glauben.« Dass ihnen Gefahr drohte, verschwieg Sayd ihr.
»Aus dem Morgenland, sagt Ihr?« Die Augen der Frau weiteten sich plötzlich. »Sagt, seid Ihr auf die Unsrigen gestoßen? Auch aus unserer Stadt sind Männer aufgebrochen, um unsere Lehre in fremde Länder zu tragen.«
»Uns sind viele Männer auf unserem Weg begegnet«, antwortete Sayd ausweichend, während er das Mädchen genau musterte.
»Ihre Namen waren Bertrand Richis und Armand de Verdaux. Sie sind mit Männern aus Montaillou losgezogen.«
Sayd blickte zu uns, doch auch wir hörten diese Namen zum ersten Mal.
»Nein, sie sind uns nicht begegnet«, antwortete er dann, woraufhin ein Schatten über das Gesicht der jungen Frau zog. War einer der Genannten ihr Geliebter? Oder ein guter Freund?
»Kommt ins Haus, hier in der Kälte redet es sich nicht gut.« Giselle wandte sich um. Unter den neugierigen Blicken der Bediensteten folgten wir ihr.
In der geräumigen Halle des Hauses loderte Feuer in einem gemauerten Kamin. Zwei große Hunde, die davor lagen, trollten sich auf eine Handbewegung von Giselle und legten sich neben die Treppe.
An einer langen Holztafel, die in der Mitte des Raumes stand, nahmen wir Platz.
»Ninette, bring unseren Gästen etwas zu trinken«, wies Giselle die Magd an, die ihr Bescheid gegeben hatte und nun neben der Tür auf ihre Anweisungen wartete. Wenig später erschien die junge Frau mit Bechern und einem Krug, dem ein süßsaurer Geruch entstieg. Reihum schenkte sie ein, nur Sayd deckte den Becher mit der Hand ab und schüttelte den Kopf.
»Aber der Wein ist gut!«, sagte Giselle erstaunt. »Ihr solltet ihn unbedingt kosten!«
»Der Islam, mein Glaube, verbietet mir, Vergorenes aus Trauben zu trinken«, entgegnete Sayd höflich. »Wasser soll für mich reichen.«
Die Magd blickte zögernd zu ihrer Herrin, die ihr zunickte. Wenig später eilte sie mit einem Wasserkrug herbei und füllte seinen Becher.
Ich hatte noch nie viel für den Met meiner Heimat übrig gehabt, und auch der Wein brannte eher an meinem Gaumen, als dass ich ihn mit Genuss hätte trinken können.
»Es ist selten, dass Menschen zu uns kommen und mit uns über Gott reden wollen«, begann Giselle, nachdem sie einen Schluck aus dem Becher getrunken hatte.
»Und es ist selten, vom Aufblühen einer neuen Religion zu hören, wo die Christen geradezu grausam gegen alle anderen Glaubensrichtungen vorgehen und danach trachten, heilige Stätten für sich zu beanspruchen.«
»Ihr spielt auf die Kreuzzüge an, nicht wahr?«, entgegnete Giselle. »Habt Ihr daran teilgenommen?«
»Wie man es nimmt«, entgegnete Sayd ausweichend. »Auf jeden Fall habe ich genug von den Kämpfen mitbekommen, um einzusehen, dass es Gottlosigkeit auf beiden Seiten gibt und dass niemand Spezielles auf die Heiligen Stätten Anspruch hat, sondern jedermann.«
»Das ist klug gesprochen.« Giselle prostete Sayd zu. »Allerdings sehen wir die Sache noch anders. Wir brauchen keine heiligen Stätten, um Gott zu finden.«
Als würde ihr ein Gedanke kommen, verstummte sie plötzlich und blickte abwesend in ihren Becher.
»Lebt Ihr hier allein mit Eurem Vater?«, erkundigte sich Jared, um das Schweigen zu vertreiben.
Giselle blickte auf. Ein Hauch Röte lag auf ihren Wangen. »Nein, meine
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