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Sepia

Sepia

Titel: Sepia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Schuetz
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und schließlich Urenkel gehören nach Hause, und wo soll das Zuhause denn anders sein als in Dresden.
    Dietrich legt seinen linken Arm um Elis Schulter. So sind die Regeln. Es ist Sport. Geschicklichkeit, Ausdauer und Kraft, vor allem Kraft.
    Lass das, sagt Eli.
    Dietrich erkennt das widerspenstige Theater als besondere Chance. So sind sie, die Frauen. Sie wollen erobert werden. Er legt etwas Kraft nach. Das wäre doch gelacht. Seine Augen glänzen. Anton beobachtet die beiden mit gesenktem Blick. Er wüsste es wahrscheinlich nicht viel besser. Aber gemütlich ist die ganze Straßenbahnfahrt nicht. Auch nicht der Spazierweg zum Grünen Gitter und zur Großen Fontäne. Immer will Dietrich gewinnen.
    Bis Anton sich ärgert. Über Dietrich, auch über Eli, weilsie sich nicht unterhaken lassen, weil sie nicht umarmt und umhalst werden will. Weil Dietrich sich plötzlich sonst was einbildet, so hautnahe an seiner Enkelin. Es ist schade um das schöne Sanssouci. Besser wäre es, wenn er sich jetzt allein mit Eli und in Ruhe den Park und die Baukunst ansehen könnte. Großvater und Enkelin. Eli kennt sich aus. Den Weg zum Chinesischen Teehaus. Oder sind es nicht vielmehr japanische Figuren. Eli weiß, was hinter den Schalbrettern in den Winterverschlägen steckt. Kostbare Marmorskulpturen. Die Musen, außerdem Venus und Jupiter. Schade, Anton hätte seiner Enkelin wie früher in Dresden Kaffee und Kuchen spendiert, nun besteht Dietrich darauf. Einkehren. Kaffeetrinken. Dietrich will zahlen. Er nimmt das Portemonnaie aus der Handgelenktasche. Wir hatten alle zusammen drei Tassen, zwei Kirschstreusel, einmal Marmor und, sagt er zu der weißbeschürzten Frau Kellnerin, die den Kassierblock bereithält, bringen Sie uns auf meine Rechnung noch drei Goldbrand.
    Dietrichs Augen glänzen, als wäre er schon jetzt ein bisschen besäuselt. Rote Ohren.
    Die Zentralheizung zischt, so heiß ist es hier. Ringsherum alles niedrig, antik und mit Blümchen, also Biedermeier. Streifenvorhänge. In der Nische ein Strauß Chrysanthemen. Sehen aus wie echt, sind sie aber nicht, wetten? Als das Tablett mit den drei gutgefüllten Schwenkern serviert wird, erhebt sich Straßenbahnfahrer Dietrich Dubbert aus Dresden, er nimmt stramm sein Glas.
    Verlobung im Drachenhaus, und: Gibt’s jetzt ein Küsschen?
    Du hast wohl einen Knall. Eli ist von ihrem niedrigen Biedermeiersesselchen aufgesprungen.
    Anton tupft schuldbewusst Kuchenkrümel vom Tischtuch oder Tabak.
    Wir sind hier nicht alleine, mahnt er. Und: Ich dachte bloß, und: Siehst du nicht, dass er sich Mühe gibt, dann an Dietrichgerichtet: Nichts überstürzen. Immer sachte mit dem jungen Pferd. Kommt Zeit, kommt Rat.
    Am nächsten Morgen fährt Dietrich nach Rostock. Dort, bei einem Onkel, will er seinen Schmerz verwinden oder dem Leben wieder eine Richtung geben oder sonst einen draufmachen.
    Anton bleibt noch eine zweite Nacht im Hotel am Bahnhof. Die weite Reise soll sich lohnen, grade weil bis jetzt nicht alles geklappt hat. Die Wanderschuhe hat er sowieso im Rucksack. Er zeigt inzwischen Verständnis für Eli. Ihren jugendlichen Eigensinn gestern und ihre momentanen Pflichten. Als Studentin muss sie immerzu woanders anwesend sein. Im Seminar und in der Vorlesung. Szenenstudium steht auf dem Plan. Die Leihfrist von einem Bibliotheksbuch ist bereits überschritten. Eli muss das Buch abgeben. Das sieht Anton alles ein. Er hatte gestern Abend einen Zwanziger auf Elis Tisch oben ins Zimmer gelegt, wo sie schläft, in dem geräumigen Gebäude mit den Plakaten, die überall ohne Rahmen an den Wänden klatschen, sogar im Klo. Und er hatte gleich auch Auf Wiedersehen gesagt. Nichts für ungut. Zwei Finger am Schild der Thälmann-Mütze. Dann bis Weihnachten. Eli hatte ziemlich beleidigt sehr leise gesagt: Kann sein. Mal sehn.
     
    Eli trägt an der erkämpften Freiheit. Ein grauer Tag. Der arme Dietrich. Abgewiesen, verstoßen. Ein fleißiger Mensch, ein pünktlicher, heiratsreifer Straßenbahnfahrer. Das liegt Eli auf der Seele, Antons Vorstellungen, Dietrichs Antrag. Sie hat ihn nicht gewollt. Weil sie solche Friedensaussichten nicht schätzt. Weil sie ihn nicht leiden und auch nicht riechen kann. Das ist wahr. Aber hätte sie es nicht schöner sagen können? Freundlich. Auf gute Art. Dass ich in deiner Nähe friere. Dietrich, du lässt mich eiskalt. Deine Hände. Zu groß, zu schützend, zu tüchtig. Deine Augen, zu genau, zu gutgläubig, fromm, trägevielleicht. Viel zu treu. Und hat gewiss

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