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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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Metall gefangen und gehörten nicht dazu.
    Brandon blickte wie mit Glasaugen in die Nacht und war völlig reglos. Die Alpträume seiner Vergangenheit schienen neu erwacht zu sein und hatten ihn fest in ihren Klauen. Ihm war elend.
    Ichstarrte auf meine Knie, sah dann wieder zu ihm. Der Indianer hatte ein edles Profil, eine schön gewölbte Stirn, die Nase schmal und gerade, volle Lippen, die er jetzt bitter aufeinanderpresste.
    Ich streckte meine Hand aus und berührte Brandons Schulter.
    Er zuckte zurück. Behutsam fuhr ich mit meinen Fingern durch sein seidiges Haar und ließ ihn an dem Gefühl der Geborgenheit teilhaben, das mich plötzlich erfüllte. Ich wusste selbst nicht genau, was ich da tat, doch es schien richtig zu sein, das einzig Richtige.
    Brandons Angst schwand unter meinen Berührungen, seine Erinnerungen wurden zurückgedrängt. Bald atmete er tief und ruhig, als lerne er von Neuem zu leben. Vielleicht war der Schaden, den ich angerichtet hatte, doch nicht so groß. Ich hoffte es von Herzen und ließ mehr und mehr von meiner Energie in ihn fließen.
    Meine Finger zeichneten Brandons Wangenknochen nach. Seine Haut war weich und kalt. Diesmal drehte er den Kopf zu mir, ohne zu kämpfen.
    Er drückte meine Hand an sein Gesicht und sah mich an.
    Erst ganz leise, dann immer drängender spürte ich sein Verlangen, den Hunger. Mein Handgelenk streifte seine Lippen.
    Als wären wir Teil einer geheimen Choreographie, sprach ich die magischen Worte. Ich war mir in dem Moment nicht bewusst, was das für Konsequenzen haben würde. »Trink«, sagte ich, »trink und vergiss, was war.«
    Brandons große, schlanke Hände schlossen sich um meinen Arm. Er küsste mein Handgelenk wie eine Reliquie.
    Auch das letzte Geräusch erstarb, als sich der Indianer schließlich vorbeugte. Die Lippen zogen sich zurück und entblößten lange, scharfe Zähne.
    Ein glänzender Vorhang blauschwarzer Haare fiel nach vorn.Ich spürte, wie Brandon vorsichtig seine Zähne in mein Fleisch drückte. Es war eine flüssige, geübte Bewegung. Der Schmerz blieb aus.
    Ich streifte sein Haar zurück, um ihn beim Trinken zu beobachten. In diesem Moment glaubte ich, nie etwas Schöneres gesehen zu haben. Brandons Kehlkopf wippte auf und ab, während mein Blut durch seinen Hals summte.
    Ich legte meine Linke in seinen Nacken und fühlte die Muskeln arbeiten.
    Der Akt des Trinkens setzte eine Flut von Glücksgefühlen frei, und Brandon teilte sie mit mir.
    Mein Handgelenk wurde heiß. Ich konnte seine Fänge in meinem Fleisch spüren, sie bewegten sich mit jedem Schluck. Dann löste er sich langsam von mir. Ein Lächeln blutiger Zähne, ein verklärter Blick. Er hätte mehr haben können, viel mehr.
    Die Zunge huschte hervor und leckte das Blut von den Lippen. Der magische Moment war vorbei, ein für alle Mal vorbei. Ich presste zwei Finger auf die Wunde. Vier akkurate Einstiche, wo Brandons Zähne die Haut durchstoßen hatten. Die beiden tiefen hatten jeweils eine Ader getroffen. Perfektion kommt mit der Zeit.
    Brandon schenkte mir einen tiefen Blick. »Danke, … Meister.«
    Ich riss die Augen auf. Mit einem Schlag wurde mir klar, was ich getan hatte.
    »Fahr, fahr einfach!«, erwiderte ich, und mein Herz begann wie irr zu rasen.
    Brandon atmete tief durch, drehte den Zündschlüssel und manövrierte uns vom Parkplatz.
    Ich hatte keine Bedenken, dass wir Curtis und die anderen noch rechtzeitig einholen würden. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass seit dem Einsteigen keine zehn Minuten vergangenwaren. Minuten, in denen sich die Welt auf den Kopf gestellt hatte.
    Amber lehnte sich vor und berührte mich am Arm. »Julius, was war das gerade? Was hat das alles zu bedeuten?«
    Nach und nach wurden mir die Dimensionen dessen bewusst, was ich da angerichtet hatte. Curtis würde nicht glücklich sein. Jetzt war es an mir, Angst zu bekommen, und die hatte ich – schon jetzt. Ich schluckte.
    »Ich bin jetzt Brandons Meister«, sagte ich tonlos.
    »Das verstehe ich nicht. Ich dachte, Curtis wäre der Meister von euch beiden.«
    Ich sah kurz zu Brandon. Der Indianer presste die Lippen aufeinander und versuchte, sich auf den Verkehr zu konzentrieren.
    »Julius?« Amber ließ nicht locker, dabei hatte ich selber noch nicht ganz begriffen, was ich gerade getan hatte.
    »Jetzt nicht mehr. Curtis ist mein Meister, aber nicht mehr Brandons. Das bin jetzt ich.«
    »Aber wie geht das, ich meine … geht das überhaupt?«
    Brandon sah sich kurz nach Amber um.

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