Septemberblut
gesenkt, und mein Körper ächzte unter dem Druck seiner Präsenz. Ich hatte gefehlt, Curtis sollte mich bestrafen. Ich wollte keinen Kampf mit ihm, ich liebte meinen Meister! Getrieben von Schuld, ergriff ich seine Hand, küsste seinen Puls und unterwarf mich seinem Urteil.
Curtis legte mir seine Linke auf die Schulter.
»Ich wollte das nicht, es ist einfach … passiert«, stotterte ich.
»Du wolltest mich wirklich nicht betrügen?«, fragte er erstaunt. »Dann bist du noch törichter, als ich bislang dachte.« Er seufzte. »Was soll nun geschehen, Julius? Du hast dir den denkbar schlechtesten Moment ausgesucht, oder vielleicht auch den besten, denn du weißt, dass ich dich jetzt, da wir mit Gordon in offenem Krieg liegen, nicht entbehren kann. Du bist mein bester Kämpfer.«
Hätte ich es geplant, wäre dies wahrlich der perfekte Zeitpunkt für eine kleine Palastrevolte gewesen.
»Hol Brandon her.«
Ichrief ihn wortlos zu mir. Hoffentlich würde Curtis seinen Zorn nicht an ihm auslassen. »Er hatte keine Wahl«, sagte ich schnell.
»Ich weiß«, antwortete er kalt. »Aber er hat es dir durch seine Provokationen leicht gemacht. Es war fast schon eine Einladung.«
Als Brandon wie ein großer Schatten hinter mich trat, glaubte ich trotz Curtis’ harter Worte Güte in den Augen des Meisters zu erkennen.
»Brandon Flying Crow, du hast vor vielen Jahren um Aufnahme in meinen Clan gebeten. Ich habe dir meinen Schutz und mein Vertrauen geschenkt. Ich habe nie etwas von dir gefordert, niemals. Du hast wie ein Schatten unter uns gelebt.«
Ich fühlte Brandons Angst wie meine eigene. Sollten Curtis und ich um ihn kämpfen, war er der Erste, der daran zerbrechen würde. Brandon konnte nicht zu Curtis zurück, nicht, ohne sich mir zu widersetzen. Er saß zwischen den Stühlen. Seine schwarzen Augen flackerten in meine Richtung.
»Ich gebe ihn dir zurück«, hörte ich mich sagen.
Ich wollte dieses ganze Theater nicht, ich brauchte keine Camarilla, wollte kein Meister sein.
Curtis’ Eisaugen trafen mich. »Großmütig von dir, Julius, aber leider zu spät.«
Brandon sank in die Knie und drückte seine Stirn gegen Curtis’ Handgelenk. Der Geruch seiner Angst hing in der Luft.
Der Meister sah mich an. Jetzt galt es, ihm zu beweisen, dass ich noch immer wusste, wo mein Platz war. Ich senkte den Kopf. Mehr Unterwerfung hatte er von mir in den letzten Jahrzehnten nicht bekommen.
Curtis hätte mir als mein Schöpfer das Herz zerquetschen können, ohne mich auch nur anzurühren, doch es geschah nichts.Seine beklemmende Präsenz verschwand aus meinem Körper, und ich atmete erleichtert auf.
Er nahm meine Rechte und legte sie auf Brandons Kopf, dann küsste er mir die Stirn. Mit der Geste legitimierte er meine Herrschaft über Brandon und überraschte damit nicht nur den Indianer, sondern auch mich.
Curtis’ Lippen zitterten. »Ich werde dich bestrafen, Julius, aber ich verzeihe dir. Du wirst das Lafayette so bald wie möglich wieder verlassen. Brandon begleitet dich, ich entbinde ihn seines Eides. Du bist jetzt sein Herr, erweise dich seiner Treue würdig. Und nun geht mir aus den Augen, beide!«
Brandon erhob sich und wartete auf mich.
Wie gerne hätte ich all das ungeschehen gemacht. Ich sah meinen Meister ein letztes Mal an, dann ging ich mit Brandon zurück zu den anderen. Christina stürzte uns entgegen und griff nach meiner Hand.
»Herrgott, bleibt bitte normal«, fauchte ich und schüttelte sie ab. Mir wurde das alles zu viel.
Erst jetzt fiel mir auf, dass Liliana uns beobachtete und es wahrscheinlich schon die ganze Zeit über getan hatte. Ihr Blick wanderte von mir zu Brandon und dann zu Curtis, der noch immer unter dem Torbogen stand. Ich wusste, dass sie es eilig hatte. Sie wollte Rache für Adrien, und das sofort.
Mit wenigen Schritten war sie bei Curtis. Sie sprachen hastig.
Ich legte Amber den Arm um die Schulter, und gemeinsam gingen wir zu Brandons Firebird, dessen mattschwarze Lackierung mit der Nacht verschmolz.
»Was hat Curtis gesagt?«, fragte sie leise.
»Er hat Brandon nachträglich freigegeben und versprochen, mir zu verzeihen.«
»Dann ist alles gut?«
»Nein«,sagte ich bitter. »Er hat auch versprochen, dass er mich für mein Vergehen richten wird, und er ist verdammt wütend. Ich fürchte mich vor dem, was kommen wird.«
Amber drückte sich an mich. »Ich bin für dich da, Julius, was immer auch geschieht.«
Wir fuhren über den Freeway.
Draußen huschten die Lichter der
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