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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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und nahm alle Eindrücke in mich auf. Es gab ein schwer beladenes Bücherregal, Felle und Kissen in einer Ecke, aber kein Bett für Christina. Sie hatte immer oben geschlafen, bei den anderen Dienern. Diese Zeiten waren jetzt endgültig vorbei.
    Ich fühlte eine nie gekannte Liebe zu den beiden schlafenden Geschöpfen. War es das, was ein Meistervampir empfand?
    Ich kniete mich neben Brandon und ließ neugierig meine Hand über Oberkörper und Arme des Vampirs gleiten. Auch sein Fleisch war hart wie Holz und die Finger gekrümmt mitblassen Nägeln, doch ich spürte keinen Abscheu mehr. Nicht für ihn und auch nicht für Christina.
    Ich öffnete den Sarg, um auch sie zu betrachten.
    Ihr ganzer Körper war blutverkrustet, doch ihre Wunden hatten sich geschlossen. Zwischen den leicht geöffneten Lippen blitzten spitze weiße Zähne, die Abzeichen ihres neuen Ranges. Raubtier, Vampir, Bluttrinker. Ihre Haut sah weich aus und fühlte sich auch so an. Junge Vampire blieben auch im Schlaf noch eine Weile menschlich.
    Ein Hauch Magie ergriff mich.
    Brandons Seele war bereit, in den Körper zurückzukehren, und ließ den Leib in Erwartung zittern.
    Ich setzte mich im Schneidersitz neben ihn und erinnerte mich, dass auch Curtis mir oft beim Aufwachen zugesehen hatte. Jetzt verstand ich warum. Es lag Magie und Schönheit in der Verwandlung. Meine Hand strich über Brandons hohe, glatte Stirn.
    Kalte Energie prickelte elektrisierend durch meine Fingerspitzen.
    Brandon schlug die Augen auf und war im ersten Moment überrascht, mich zu sehen. Er stöhnte und bleckte die Zähne. Der Schmerz des ersten Herzschlages quälte ihn. Ich nahm seine Hand in meine und rieb seine steifen Finger, bis sie warm und geschmeidig wurden. Brandons Blick zuckte zum Sarg.
    »Ja, sie ist noch da«, flüsterte ich, »und es geht ihr gut.«
    Der Indianer schloss die Augen, lächelte und drückte dankbar meine Hand.
    Wenig später saßen wir gemeinsam neben dem Sarg und warteten auf Christinas Erwachen. Brandon hatte geduscht. Er trug eine schwarze Wildlederhose. Aus seinem feuchten Haar tropfte Wasser und rann über seinen nackten Oberkörper.
    Ichnähte Brandons Streifschuss am Arm. Ich war nie gut darin gewesen, doch er ertrug meine ungeschickten Stiche mit stoischer Ruhe.
    »Ich habe gar keinen Hunger«, sagte er auf einmal erstaunt.
    »Das macht das Vampirblut«, antwortete ich. »Vielleicht musst du auch morgen noch nicht jagen.«
    Brandon rieb sich nachdenklich über den flachen, muskulösen Bauch.
    Ich war froh, dass er die kriecherische Demut abgelegt hatte.
    »Was wird jetzt mit uns geschehen?«, fragte er unsicher und sah mich aus seinen Kohleaugen an.
    »Ich will eigentlich zurück auf den Hollywood Forever, aber ich fürchte, mein Mausoleum ist zu klein für uns drei, und viel größere gibt es dort nicht. Ich werde wohl ein Haus kaufen müssen, aber ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Zuerst muss ich Amber finden.«
    »Wir helfen dir«, sagte er entschlossen.
    Ich verband seinen Arm. »Ihr werdet nichts dergleichen tun.«
    »Aber Julius, du kannst …«
    »Müssen wir das ausdiskutieren?«, fuhr ich ihn an, schärfer als beabsichtigt.
    Brandon senkte den Blick und gehorchte. Es gab keinen Widerspruch mehr. Daran musste ich mich erst noch gewöhnen.
    »Wenn mir etwas zustößt, sucht ihr euch einen neuen Clan, Brandon. Oder bitte Curtis darum, euch wieder aufzunehmen, wenn dir das lieb ist. Mein Rat wäre, nach San Francisco zu gehen. Die Meisterin Ester ist eine gute Herrin. Sie wäre meine Wahl, sollte Curtis etwas zustoßen.«
    »Ester«, wiederholte Brandon leise.
    Beinahe hätten wir Christinas Erwachen verpasst. Als der Funke in ihr aufglomm, stand ich auf und trat zurück.
    Dieser Moment gehörte ihr und Brandon, und sie sollten ihnfür sich alleine haben. Brandon beugte sich über seine Geliebte. Ich ging ans andere Ende des Zimmers, wandte ihnen den Rücken zu und ließ meinen Blick über die Bücher in dem Regal gleiten. Ich entdeckte Berichte über Ausgrabungen alter Indianersiedlungen, Reader von der Universität, wenige Romane.
    Christinas Aufschrei lenkte mich ab, sie rang verzweifelt nach Luft, während ihr Herz die ersten schmerzhaften Schläge tat.
    »Es ist gleich vorbei, es ist gleich vorbei«, wiederholte Brandon.
    Ich hörte die Kissen rascheln und drehte mich um. Christina hatte sich aufgesetzt und starrte mit großen Augen in die Welt. Als Erstes hob sie ihre Linke und betastete ihre spitzen Eckzähne.

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