Septemberblut
frisches Blut klatschte auf den Boden. Ich trat zurück und musterte den Vampir wie ein exotisches Spielzeug.
Doch mein Gegner überraschte mich. Er war keinesfalls dazu bereit aufzugeben. Mit dem Mut der Verzweiflung ließ erdie Eisenstange in meine Richtung sausen und verfehlte mich nur knapp.
Ich versuchte sie ihm aus der Hand zu reißen, doch meine Rechte glitt an dem erbrochenen Blut ab.
Der nächste Hieb bohrte sich in meinen Bauch und schickte mich zu Boden. Überrascht sah ich die Welt plötzlich von unten. Für einen Moment war alles taub, meine Sicht verschwommen.
Mein Gegner hätte seine Chance nutzen sollen. Stattdessen ließ er die Metallstange fallen. Er wollte mich nicht töten, er wollte fliehen. Das war ein riesiger Fehler. Es gab für ihn keine Schonung, spürte er das denn nicht?
Er lief an mir vorbei zum Tor, aber ich war schneller.
Ich zog eine kleine Armbrust und nagelte ihm einen Pfeil in die Wade.
Der Vampir kreischte wie ein wütendes Tier, doch er rannte weiter. Blitzschnell verstärkte ich meinen Griff an der Waffe mit der Linken, dann riss mich der Ruck vorwärts. Der Vampir schlug der Länge nach hin und schrie ohrenbetäubend.
Der Pfeil war aus silberlegiertem Stahl. Scharfe Widerhaken hielten ihn im Fleisch, ein dünner, aber starker Metallfaden verband ihn mit der Armbrust.
Ich kam auf die Beine und verkeilte die Waffe in einem Haufen Eisenschrott.
Der Vampir riss an dem Faden und zerschnitt sich die Handflächen am Draht, doch seine verzweifelten Bemühungen blieben ohne Erfolg. Er war gefangen wie ein Fisch am Haken.
Der Geruch seiner Panik berauschte mich. Mein schmerzender Unterleib war längst vergessen.
Als mein Gegner merkte, dass er sich nicht losmachen konnte, sprang er auf und stürzte sich auf mich. Er kratzte undbiss. Seine dreckigen Nägel zerfetzten mir Hals und Gesicht, ehe ich Abstand gewinnen konnte.
Wieder schlug er mit gekrümmten Fingern nach meinen Augen.
Ich wich zurück, weiter und weiter in die Halle hinein, bis er mir nicht mehr folgen konnte. Der Metallfaden spannte sich und riss an dem Pfeil in seinem Bein. Er heulte wütend auf und blieb stehen.
Ich wusste, dass ich das nicht tun durfte, dass ich mit dem Verurteilten nicht spielen sollte. Doch es war niemand hier, um mich zu richten, niemand, um mich aufzuhalten.
Nach der Hölle, durch die mich Ambers Zurückweisung geschickt hatte, genoss ich es, meine Wunden zu spüren, und genoss es auch, einen anderen stellvertretend für mich leiden zu sehen. Lebendigkeit durch Schmerz, das war die magische Formel für diese Nacht.
Blut lief mir von der Stirn in die Augen und tauchte meine Welt in Purpur.
Ein letztes Mal sammelte der Todgeweihte seine Kräfte, stürzte mit einem verzweifelten Aufschrei vorwärts und wurde wieder zu Boden gerissen.
Er keuchte, rang nach Luft wie ein Ertrinkender.
Plötzlich verlor ich den Gefallen an diesem Spiel. Mit einem Schlag verrauchte die Erregung, und der Anblick des anderen war nur noch erbärmlich. Ich musste es jetzt zu Ende bringen.
Kälte breitete sich in mir aus und eine Stille, die sich meiner immer bemächtigte, wenn ich kurz davor stand zu töten.
Mühsam kam der Vampir auf die Beine. Ich trat vor, begab mich mit voller Absicht in seine Reichweite und ließ ihn kommen. Ahnungslos wie ein Stier in der Arena rannte der Junge in seinen Untergang.
Ichfing seine verzweifelten Schläge mühelos ab, dann ergriff ich seine Rechte und drehte sie ihm auf den Rücken.
Er wand sich hilflos. Seine Zähne schnappten nach meiner Schulter, bis ich mit meiner freien Hand seine Stirn umfasste und den Kopf mit roher Gewalt nach hinten bog.
Der Vampir wimmerte Unverständliches. Ich roch die Furcht in seinem Atem. Ein Geruch, der für mich stärker war als der Gestank von altem Blut.
Es war vorbei. Er wusste es, ich wusste es. Sein Herz schlug verzweifelt gegen meine Brust und ich starrte fasziniert auf den hüpfenden Puls seiner Schlagader.
»Du hättest nicht töten sollen«, flüsterte ich, die Lippen schon gegen seine Haut gepresst. Ein letzter Blick in seine hellen Augen, dann bog ich seinen Kopf weiter zurück, bis sich die Haut spannte.
Seine freie Hand trommelte gegen meinen Oberkörper.
Dann gab er seinen Kampf endgültig auf.
Ich betäubte ihn nicht. Er verdiente keine Gnade und ich wollte mir den Genuss nicht schmälern. Heute nicht. Die Welt um uns schien zu verschwimmen, und es gab nur noch mich und mein Opfer.
Als ich die Zähne in sein Fleisch
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